Papst würdigt Kämpfer für die Armen
Franziskus spricht unter anderem seinen Vorgänger Papst Paul VI. und den ermordeten Erzbischof Romero heilig
ROM (dpa/KNA/AFP) - Papst Franziskus hat einen seiner Vorgänger, den „Pillen-Papst“Paul VI., sowie die deutsche Ordensschwester Katharina Kasper heiliggesprochen. Zudem erhob Franziskus den ermordeten salvadorianischen Bischof Óscar Romero am Sonntag auf dem Petersplatz in Rom in den Stand der Heiligen, der als Verfechter für die Belange der Armen gilt. Die Zeremonie nutzte der argentinische Pontifex, um Geldgier und Machtstreben anzuprangern.
„Wo das Geld im Mittelpunkt steht, gibt es keinen Platz für Gott und auch keinen Platz für den Menschen“, sagte Franziskus bei der Messe vor rund 70 000 Gläubigen. Reichtum sei „gefährlich“. „Das Problem liegt auf unserer Seite: Unser Zuviel-Haben, unser Zuviel-Wollen erstickt unsere Herzen und macht uns unfähig zu lieben.“
Alle der insgesamt sieben Heiliggesprochenen stünden für den Einsatz der Kirche für die Armen, wie er auch Franziskus am Herzen liegt. Als Reliquien wurden Knochenteile von Romero und Kasper sowie ein blutbeflecktes Hemd von Paul VI. an den Altar gebracht.
Gründerin von Ordensgemeinschaft
Katharina Kasper (1820 bis 1898) stammt aus einer Bauernfamilie aus dem Westerwald und ist Gründerin der Ordensgemeinschaft Dernbacher Schwestern, die sich um Alte und Kranke kümmert. Der Limburger Bischof Georg Bätzing bezeichnete die Heiligsprechung als „ein großartiges Geschenk“. Damit würdige die Kirche das „Lebens- und Glaubenszeugnis“der Ordensschwester und schenke ihr weltweit Beachtung. Aus Deutschland waren rund 1500 Pilger angereist. „Das Ereignis muss jetzt erst mal sacken. Ich bin gespannt, welche Wege die neue Heilige uns dann zeigen wird“, sagte der Bischof.
1870 erkannte der Vatikan Kaspers Vereinigung als Gemeinschaft der „Armen Dienstmägde Jesu Christi“an. Die Kongregation wurde ihrer Gründerin unterstellt. Kasper wurde bereits 1978 selig gesprochen – von Papst Paul VI., der nun am selben Tag wie die deutsche Nonne in den Heiligenstand erhoben wurde. Paul VI. ist der Bekannteste unter den neuen Heiligen. Er war von 1963 bis zu seinem Tod 1978 Pontifex und wurde als „Konzils-Papst“bekannt. Er beendete erfolgreich das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), das als wegweisend für die Erneuerung der Kirche gilt. Allerdings hatte er auch viele Kritiker, weil er am strikten Verbot der Verwendung künstlicher Verhütungsmittel wie der Pille festhielt. In die Geschichte ging er daher auch als „Pillen-Paul“oder „Pillen-Papst“ein. Er sei ein „Prophet einer hinausgehenden Kirche, die Weitblick hat und sich um die Armen kümmert“, so Franziskus.
Paul VI. war zudem das erste katholische Kirchenoberhaupt, das – ähnlich wie Franziskus heute – den Prunk des Papsttums ablehnte. So legte er die Tiara, die traditionelle Papstkrone, kurz nach seiner Wahl ab und spendete deren Gegenwert für die Armen. Als erster Papst hielt er zudem wöchentliche Generalaudienzen auf dem Petersplatz ab und bereiste alle Kontinente, um mit den Gläubigen in Kontakt zu kommen.
Der ehemalige Erzbischof des mittelamerikanischen Staats El Salvador, Óscar Romero (1917-1980), war vatikanintern lange heftig umstritten. Konservativen Kreisen stieß übel auf, dass er sich für besitzlose Bauern einsetzte und gegen soziale Ungerechtigkeit kämpfte. Damit brachte Romero auch die reichen Eliten und das Militär in El Salvador gegen sich auf. Er wurde am 24. März 1980 von einem rechtsgerichteten Killerkommando am Altar erschossen. Seine Ermordung gilt als Auslöser eines brutalen Bürgerkriegs in dem lateinamerikanischen Land.
Romero habe „auf weltliche Absicherungen, ja auf seine eigene Sicherheit verzichtet“, um den Armen nahe zu sein, so der Argentinier Franziskus. Dabei trug er einen Gürtel, den Romero bei seiner Ermordung anhatte. Konservative Gruppen im Vatikan hatten sich lange gegen die Erhebung des ermordeten Erzbischofs in den Heiligenstand gewehrt. Doch 2015 machte Franziskus den Weg zur Seligsprechung frei.
Papst wünscht sich Wagemut
Den Wagemut der neuen Heiligen wünschte Franziskus auch der Kirche von heute: Sie müsse bremsenden Ballast, Reichtum, „Sehnsucht nach Status und Macht“loslassen, sich von Strukturen verabschieden, die der Verkündigung des Evangeliums „nicht mehr angemessen“seien.
Eine Kirche im Aufbruch, mutig, reformbereit: Da war es wieder, das Grundmotiv von Franziskus, inmitten der Krisen, die den Vatikan derzeit beuteln.