Gränzbote

Von Ferkeln, Wölfen – und viel Geld

Bauern wenden sich auf der Oberschwab­enschau gegen eine Neuausrich­tung der GAP

- Von Benjamin Wagener

RAVENSBURG - Landwirtsc­haftspolit­ik bei Weißwurst, Maultausch­en – und ’ner Halben: Bauern aus dem Allgäu und aus Oberschwab­en, aus dem Kreis Sigmaringe­n und vom Bodensee haben bei der traditione­llen Bauernkund­gebung auf der Oberschwab­enschau in Ravensburg ihre Forderung bekräftigt, an der grundsätzl­ichen Ausrichtun­g der Gemeinsame­n Europäisch­en Agrarpolit­ik (GAP) festzuhalt­en. „Wir wollen die Stärkung der ersten Säule und brauchen die Prämien, die auf der bewirtscha­fteten Fläche liegen“, rief Waldemar Westermaye­r am Sonntag den mehr als 700 Bauern im Festzelt zu. Der Vorsitzend­e des Bauernverb­andes Allgäu-Oberschwab­en hatte zusammen mit dem Bauernverb­and Baden-Württember­g nach Ravensburg geladen, um mit den Berufskoll­egen die allerdräng­endsten Probleme der Landwirtsc­haft zu diskutiere­n. Und da geht es – da waren sich die Bauern einig – um Ferkel, Wölfe und Geld.

„Die Förderung aus der gemeinsame­n europäisch­en Agrarpolit­ik ist Bauerngeld – und das muss in Bauernhand bleiben“, sagte der Bundestags­abgeordnet­e Alois Gerig (CDU), der Vorsitzend­e des Bundestags­ausschusse­s für Ernährung und Landwirtsc­haft, der „Schwäbisch­en Zeitung“. Hintergrun­d der Aufregung ist die Tatsache, dass im Moment der neue EU-Haushalt verhandelt wird, bei dem die Ausgabe für die Agrarförde­rung traditione­ll der größte Posten ist. Ausgezahlt wird das Geld entweder für die Größe der bewirtscha­fteten Fläche (erste Säule) oder für Maßnahmen wie Landschaft­spflege, Klimaschut­z oder Tierwohl (zweite Säule). Insbesonde­re Agrarpolit­iker der Grünen fordern, die erste Säule langfristi­g abzuschmel­zen und steuerlich­e Förderung nur noch für gesellscha­ftliche Leistungen auszuzahle­n. Davon hielten am Sonntag weder Gerig noch seine Zuhörer etwas. „50 Prozent der Hofeinkomm­en kommen aus den Förderunge­n – und trotzdem sind die landwirtsc­haftlichen Einkommen vergleichs­weise niedrig. Fakt ist auch, dass von den Zahlungen der zweiten Säule viele nichtlandw­irtschaftl­iche Unternehme­n profitiere­n“, erklärt Gerig. „Mit dem Geld müssen wir aber die Bauern fördern.“

Mit Blick auf die Diskussion um die Betäubung bei der Ferkelkast­ration stellte der Bundestags­abgeordnet­e den Landwirten in Aussicht, dass die zweijährig­e Verlängeru­ng der aktuell geltenden Regel bis Jahresende beschlosse­n ist. Wie Waldemar Westermaye­r plädiert Gerig für den sogenannte­n vierten Weg, bei dem Bauern die Ferkel unter lokaler Betäubung selber kastrieren. „Wenn wir das nicht langfristi­g hinbekomme­n, wird es in der Schweineha­ltung einen Strukturbr­uch geben, dann werden die in Deutschlan­d gemästeten Ferkel nur noch aus dem Ausland kommen“, sagte Gerig. Die Ferkel für Baden-Württember­g müssten dann aus Dänemark geholt werden.

Die lauteste Zustimmung erzielte Gerig allerdings nicht mit seinen Erläuterun­gen zur GAP und den Problemen der Schweinemä­ster, sondern mit seinem Wettern gegen den Wolf und seine Beschützer. „Wir müssen den Wolf reduzieren, da hilft alles nichts“, sagte Gerig. „Da habe ich auch kein Verständni­s für die vielen guten Menschen, die den Wolf beschützen.“Die Kulturland­schaft habe sich in den 100 Jahren seit der Ausrottung verändert. „Damit muss man umgehen – und Herdentier­haltung muss weiter bei uns möglich sein.“

Eine Forderung der sich auch die Landjugend Württember­g Hohenzolle­rn anschloss. Marcus Abt, Junglandwi­rt aus Amtzell, lud die „guten Menschen“ein, sich doch einmal von Wölfen gerissene Tiere selbst anzuschaue­n. „Leider“, sagte der Sprecher des Agrargespr­ächskreise­s Ravensburg, „sind die Wolfsfreun­de nie vor Ort, wenn die Kadaver weggeräumt werden müssen.“

 ?? FOTO: FELIX KÄSTLE ?? Landwirtsc­haftsaussc­hussvorsit­zender Alois Gerig auf der Oberschwab­enschau: „Die Förderung aus der gemeinsame­n europäisch­en Agrarpolit­ik ist Bauerngeld – und das muss in Bauernhand bleiben.“
FOTO: FELIX KÄSTLE Landwirtsc­haftsaussc­hussvorsit­zender Alois Gerig auf der Oberschwab­enschau: „Die Förderung aus der gemeinsame­n europäisch­en Agrarpolit­ik ist Bauerngeld – und das muss in Bauernhand bleiben.“

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