Gränzbote

Zwei Fäuste für die Ewigkeit

Vor 50 Jahren protestier­ten Tommie Smith und John Carlos bei Olympia gegen Diskrimini­erung von Schwarzen

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BERLIN (SID/dpa) - Vor 50 Jahren sorgten Tommie Smith und John Carlos für eines der ikonischst­en und symbolträc­htigsten Fotos der Geschichte der Olympische­n Spiele. Den beiden US-Amerikaner­n brachte ihre Aktion damals vor allem Ärger und sogar Morddrohun­gen ein. Mittlerwei­le gelten die beiden als Vorkämpfer gegen die Diskrimier­ung von Schwarzen in den USA.

Smith hatte nach seinem Sieg über die 200 Meter im Finale der Olympische­n Spiele von Mexiko City 1968 bei der Siegerehru­ng seine in einem schwarzen Handschuh steckende rechte Faust – dem Symbol der BlackPower-Bewegung – in den Himmel gehoben. Bronzemeda­illengewin­ner Carlos hatte Smith den zweiten Lederhands­chuh gegeben. Als Symbol der Armut hatten beide Läufer zudem ihre Schuhe ausgezogen und neben sich auf das Podest gestellt.

Nun hat Smith seine Faust-Geste als ein Opfer bezeichnet. „Das war es, und es wurde im Nachhinein noch größer. Man verbannte mich, schloss mich aus. Ja, im Nachhinein war es ein Opfer. Wobei ich es damals gar nicht so gesehen habe“, sagte der heute 74Jährige der „Bild am Sonntag“. Das Opfer sei nötig gewesen. „Wir mussten etwas tun, um vorwärts zu kommen“, sagte er, „wir mussten die Sache selbst in die Hand nehmen. Hoffen, dass uns die Leute folgen, einen Denkprozes­s anstoßen. Für mich war es eine Notwendigk­eit gegen Rassismus, gegen Erniedrigu­ng von Menschen“, meint Smith.

Der Athlet hatte die Protestakt­ion gegen Rassismus nach seinem Weltrekord über 200 Meter in 19,83 Sekunden bitter bezahlen müssen. Das IOC hatte damals Druck gemacht, weil Smith sich nicht politisch neutral verhalten hatte. Der US-Verband schloss ihn aus, er musste das Olympische Dorf verlassen, wurde angefeinde­t und verlor später seinen Job. Zudem wurde er gesperrt und lief nie wieder ein internatio­nales Rennen. Die Goldmedail­le durfte er aber behalten. Später spielte er drei Jahre in der NFL Football bei den Cincinnati Bengals, bis zu seiner Pensionier­ung 2005 lehrte der Soziologe am Santa Monica College.

Die Aktion habe sein Leben verändert. „Es haben sich Dinge zum Positiven geändert, weil die jungen Leute heute Dinge mehr hinterfrag­en, statt eine vorgegeben­e Meinung einfach zu schlucken. Aber auch heute noch gibt es Menschen, die diese Veränderun­gen für falsch halten. Darum ist der Prozess noch lange nicht abgeschlos­sen“, sagte Smith, der sich über USPräsiden­t Donald Trump nur ausweichen­d äußerte. „Ich bitte um Verständni­s: Es gibt so viele Gräben. Ich möchte die nicht vertiefen.“

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FOTO: DPA Die Blicke nach unten, die Fäuste in den Himmel: Tommie Smith (Mitte) und John Carlos protestier­en bei der Siegerehru­ng der Olympische­n Spiele 1968. Australien­s Silberspri­nter Peter Norman steht links.

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