Cannabis bleibt die Jugenddroge Nr. 1
Neue Designerdrogen im Präsidiumsbereich präsent, aber nicht auffällig - Teil 2
● SPAICHINGEN - In den lustigen, bunten Tütchen mit den vermeintlich harmlosen Pülverchen zum Rauchen, Schnupfen oder Schlucken kann der Tod stecken. Im Landkreis Tuttlingen nehmen diese als „Legal Highs“bekannten Drogen noch keine große Rolle ein. Dies vielleicht, weil sich inzwischen bei den Konsumenten herumgesprochen hat, dass sie unberechenbar und damit potenziell tödlich sind, so die Polizei. So wie in der Folge solcher Substanzen im März dieses Jahres ein 19-jähriger Spaichinger ums Leben kam.
Er war bewusstlos geworden, hatte sich erbrochen und war erstickt. Im zweiten Teil dieses Berichts geht es um die Polizeiarbeit in diesem Feld und um die Erfahrungen mit diesen so genannten „Legalen Höhenflügen“, die aber alles andere als legal sind.
Und das liegt nicht nur daran, dass der Gesetzgeber im November 2016 eine Gesetzeslücke schloss mit dem „Neue psychoaktive Stoffe Gesetz“, sondern, weil in vielen Fällen die Tütchen mit kreativen Namen wie „Spice“(Gewürz), „Monkees“(Affen), „Yucatan Fire“(Yukatanisches Feuer) oder „Space Dust“(Weltallstaub) nicht nur die Labordrogen, sondern auch andere verbotene Betäubungsmittel enthalten.
Die Drogen sind daher in doppeltem Sinne unberechenbar in ihrer Wirkung: Zum einen, weil sie immer wieder in unterschiedlicher Zusammensetzung aus den chinesischen oder illegalen europäischen Labors kommen. In einer Art Katz-undMaus-Spiel, sind sie dann so lange öffentlich auf dem Markt, bis sie wieder verboten sind. Zum anderen aber auch, weil eben oft auch andere Substanzen beigemischt sind. 620 neue psychoaktive Substanzen überwacht die Polizei derzeit.
Trotzdem verzeichne man einen Rückgang dieser Stoffe auf dem Markt, so die Polizei. Die Gründe könnten Kontrollmaßnahmen in China gegen Labors sein, die zunehmend dichtere Gesetzgebung in Europa und ein steigendes Bewusstsein vor allem bei den jungen Konsumenten, dass die Designerdrogen eben keine legale, relativ sichere Alternative zu illegalen Drogen sind. Allerdings scheinen Drogensüchtige und Menschen am Rand der Gesellschaft verstärkt zu diesen synthetischen Drogen zu greifen, so die Polizei.
Auch in manchen europäischen Haftanstalten sei dies ein großes Problem.
An den Päckchen selbst ist weder die Dosierung noch die genaue Zusammensetzung abzulesen.
Bei Jugendlichen hingegen bleibe die am häufigsten probierte Droge Cannabis.
In Baden-Württemberg sind bisher 14 Todesfälle auf den Konsum von Designerdrogen zurückzuführen. Im Kreis Tuttlingen war der im März gestorbene 19-jährige Spaichinger der erste. Besonders ein 2016 erstmals aufgetauchtes synthetisches Opioid namens „U 47700“ist gefährlich, da es viel mehr abhängig macht als Heroin und deutlich betäubender wirkt als Morphin.
Hochwirksame Stoffe gefährden auch Postmitarbeiter
Derzeit beobachte man auch das verstärkte Auftauchen von Fentanyl auf dem Markt, das das Atmen unterdrücken und schwerste bis tödliche Vergiftungen zur Folge haben kann. Und auf ein Weiteres weist die Polizei des Präsidiumsbereichs hin: Diese neuen, hoch potenten synthetischen Opioide sind aber so giftig beziehungsweise wirksam, dass sie nicht nur die an der Herstellung beteiligten Personen, sondern auch Mitarbeiter der Post und Polizeibeamte bei Kontrollen gefährden.
Das ist übrigens auch der Weg, wie im Kreis Tuttlingen solche „Legal Highs“festgestellt werden: Bei Durchsuchungen im Zuge von Ermittlungen zum Betäubungsmittelgesetz oder bei Verkehrskontrollen. Im Präsidiumsbereich wurden 2017 sieben, 2018 bis jetzt vier Fälle erfasst. Weil diese Drogen aber in immer neuen Zusammensetzungen, aber auch teils derselben Verpackung meist übers Internet (Darknet) vertrieben werden, können sie nur über Untersuchungen des Landeskriminalamts festgestellt werden.
Insgesamt ist der Nachweis schwieriger als etwa bei Alkohol. A propos Alkohol: Wie alle anderen Substanzen, die die Fahrtüchtigkeit beeinflussen – Arzneimittel, Alkohol – wird auch das Fahren unter Einfluss von Legal Highs empfindlich geahndet, weil man damit andere Menschen gefährdet.