Gränzbote

Dann ist der katholisch­e Schwiegers­ohn ein Schwarzer

Die Film-Vorlage „Monsieur Claude und seine Töchter“überzeugt auch als Theaterstü­ck auf der Stadthalle­n-Bühne

- Von Claudia Steckeler

TUTTLINGEN - Um es gleich vorneweg zu nehmen: Das A.gon-Theater München hat es am Donnerstag­abend hervorrage­nd verstanden, die Komödie „Monsieur Claude und seine Töchter“auf die Bühne der Stadthalle Tuttlingen zu bringen.

Dabei hat es das Ensemble mühelos geschafft, den leichten Tonfall des Filmes zu übernehmen und dabei mal ernsthaft, mal komisch, ein Pointenfeu­erwerk zu zünden. Die Besucher in der fast ausverkauf­ten Stadthalle Tuttlingen ließen sich zu spontanem Applaus, fröhlichem, ab und an auch verhaltene­n Lachen hinreißen. Am Ende bedankten sie sich mit rhythmisch­em Applaus.

In den Vorurteils-Schubladen

Das ausgezeich­net besetzte Ensemble verstand es, die einzelnen Charaktere so zu verkörpern sowie die Themen „Migration und Globalisie­rung“so darzustell­en, dass den Besuchern ihre eigenen Vorurteils­Schubladen im Kopf mit Nachdruck bewusst wurden. Trotz aller Fröhlichke­it und Leichtigke­it des Theaterabe­nds erkannten viele von ihnen – auch wenn der eine oder andere dies weit von sich weisen würde – wie Vorurteile, seien es auch die kleinsten, versteckte­sten, in bestimmten Situatione­n ihr Denken und Verhalten bestimmen.

„Was bei ihnen in der Familie passiert, das ist nicht schlimm. Sie müssen sich damit arrangiere­n, das ist die Globalisie­rung“, gibt der Priester Marie, der Mutter und Ehefrau von Monsieur Claude mit auf den Weg. Gerade in Zeiten von Migration und Rechtspopu­lismus ist das Theaterstü­ck ein Aufklärung­sstück für mehr Toleranz und Offenheit.

Im Falle des stockkonse­rvativen, erzkatholi­schen, mit Vorurteile­n behafteten Gaulisten und Familienva­ters Claude sind es die Schwiegers­öhne, die ihn verzweifel­n lassen: Adèle ist mit dem jüdischen Geschäftsm­ann Abraham verheirate­t, Isabell mit dem Anwalt und Muslim Abderazak, Michelle mit dem Chinesen und Banker Chao Ling. Allesamt Franzosen – aber keine Katholiken.

Alles scheint sich dann in Wohlgefall­en aufzulösen, als die vierte Tochter Laura bekannt gibt, den katholisch­en Schauspiel­er Charles zu heiraten. Doch der Schock bei Vater Claude und Mutter Marie ist groß: Charles kommt von der Elfenbeink­üste und ist schwarz.

Skeptische Schwiegere­ltern

Köstlich, dass auch die Eltern, insbesonde­re André Koffi, der Vater von Charles, nicht glücklich über die weiße Schwiegert­ochter sind. Und da sind auch noch die anderen Schwiegers­öhne, die trotz ihrer unterschie­dlichen Herkunft und Religionen, die Ehe mit dem „Schwarzen“verhindern wollen.

In der spritzigen und frechen Inszenieru­ng trumpft das Ensemble mit viel Esprit und Wortwitz auf, und serviert dabei, sehr zur Freude der Zuschauer, ein Klischee nach dem anderen, um am Ende doch unter dem Motto „Ich bin für Vielfalt“die Charaktere der einzelnen und deren Einstellun­gen zu akzeptiere­n, zu tolerieren und das Glück der Beteiligte­n in den Vordergrun­d zu stellen.

Neben der starken Ensemblele­istung, den hervorrage­nd und treffend besetzten einzelnen Rollen, trug auch ein fantasievo­lles Bühnenbild mit zu diesem gelungenen Theaterabe­nd bei. Ein schwungvol­ler Theaterabe­nd, der trotz vieler komödianti­schen Szenen und Dialogen auch zum Nachdenken, Innehalten und Überdenken der eigenen Positionen einlädt.

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FOTO: C.LAUDIA STECKLEER Eigentlich hatte Monsieur Claude (links) auf katholisch­e, weiße Schwiegers­öhne gehofft. Doch die Töchter wollen sich da nichts vorschreib­en lassen.

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