Kamera findet vom Nordkap nach VS
Vater und Sohn verlieren GoPro auf ihrer Reise – und erhalten sie wieder
● VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - Diese Geschichte werden Vater und Sohn sicherlich noch bis an das Lebensende erzählen. Denn: Wie eine auf dem Weg zum Nordkap für immer verloren geglaubte Kamera den Weg zu den beiden zurück nach Villingen gefunden hat, ist nahezu unglaublich.
Es sollte ein erlebnisreicher Trip werden, den Andreas Renz und sein zwölfjähriger Sohn Alexander im August diesen Jahres planten – zu zweit, ohne Mutter Anette und Schwester Anna, die sich dafür nicht begeistern ließen. Denn die beiden wollten völlig autark ausgestattet, mit 20 Kilogramm Gepäck, Zelt und Proviant, in elf Tagen 165 Kilometer durch menschenverlassenes Gebiet auf dem Europäischen Fernwanderweg E1 bis zum Nordkap wandern. „Alexander hatte sich Wildnis pur gewünscht“, erinnert sich Vater Andreas noch daran, als die beiden sich ein Ziel ausgesucht hatten.
Im August schließlich ging die große Vater-Sohn-Reise nach Norwegen los, die von vielen Höhen und Tiefen und einigen Torturen geprägt war. Es galt an die 25 Flüsse und Bäche zu überqueren, teilweise auf völlig ungesicherten Weg am Rande des Abgrunds. „Die Strapazen waren wirklich extrem – es gab Situationen, bei denen hätten wir in Deutschland abgebrochen“, berichtet der Steuerberater von den Erfahrungen auf dem Weg abseits der Zivilisation.
Doch nicht nur das: Bereits nach vier Tagen hatte Sohn Alexander die Actionkamera GoPro verloren, die die wunderbaren Eindrücke in Norwegen hätte aufnehmen sollen. Obwohl man einen beschwerlichen Weg nochmals zurück ging, um nach ihr zu suchen, war die Kamera weg. „Ich hab mich darüber aufgeregt, Alexander war sehr traurig.“Keine guten Voraussetzungen also für einen einmaligen Trip.
Angesichts der zahlreichen Ereignisse auf dem Weg dorthin, die dann immerhin mit der Handykamera teilweise festgehalten wurden, war der Verlust dann aber irgendwann fast vergessen. „Um ihn zu trösten, habe ich ihm außerdem gesagt, dass er eine neue bekommt.“
Schulamt ruft an
Deshalb war die Kamera vier Wochen nach dem ereignisreichen Trip eigentlich auch gar kein Thema mehr, als bei Andreas Renz aus heiterem Himmel das Schulamt anrief. „Die haben mir gesagt, dass unsere Kamera aufgetaucht sei – ich hab erst gar nicht realisiert, um was es geht“, erzählt der 51-Jährige. Gefunden wurde sie von zwei Deutschen – Kai Wegmann und Christian Lehmann – die ebenfalls auf dem Weg zum Nordkap waren und etwa zwei Tage hinter Vater Andreas und Sohn Alexander liefen. Nach dem Auffinden nahm die unglaubliche Geschichte ihren Lauf: Wegmann und Lehmann fragten zunächst entgegenkommende Wanderer, ob sie wissen, wem die Kamera gehöre – diese verneinten, gaben jedoch den Hinweis auf Vater und Sohn, die sie getroffen hatten.
Zusammen mit einem Eintrag aus einem Gästebuch einer Hütte, in dem Vater und Sohn einen Gruß aus Villingen hinterlassen hatten und der von den jungen Wanderern gelesen wurde, machten sich die beiden Freunde auf die Suche nach den Besitzern: Der Vater Andreas, der gemeinsam mit seinem etwa elf- bis dreizehn-jährigen Sohn unterwegs war. Ein Aufruf auf der FacebookSeite von GoPro brachte keinen Erfolg, weswegen die Weltenbummler sich mit den Informationen an das Schulamt in Donaueschingen wandten. Dort landete der Hilferuf bei Verwaltungsleiter Dieter Parsiegla. „Eine Mitarbeiterin von uns hatte dann die Idee, den Suchruf in das Stadtgeflüster VS bei Facebook zu stellen“, berichtet Parsiegla. Das gehöre eigentlich nicht zu den klassischen Schulamtstätigkeiten, erzählt er augenzwinkernd, doch gelohnt hatte es sich alle mal: Innerhalb von gerade mal vier Stunden führt die Spur zu Andreas und Alexander Renz, die jetzt erleichtert von der unglaublichen Geschichte erzählen.
Vor wenigen Tagen stand in Esslingen, der Wohnort von Finder Kai Wegmann, schließlich die freudige Übergabe an, bei der man sich auch über die spektakuläre Reise austauschen konnte. Den Finderlohn von 100 Euro haben Kai Wegmann und Christian Lehmann übrigens als ein Teil einer größeren Spende an eine soziale Einrichtung gegeben. Sie soll Kindern zu Gute kommen, die nicht spontan die Welt erkunden können.
Doch bei allem Glück hat die ganze Sache auch eine unglückliche Facette. „Eine neue Kamera bekommt Alexander jetzt nicht mehr, die hätte sonst sicher unter dem Weihnachtsbaum gelegen“, sagt Renz lachend.