Gränzbote

Der bayerische Koalitions­vertrag steht

Freie Wähler setzen Kernforder­ungen durch und bekommen wichtige Ministerie­n – Regierungs­programm hat grüne Note

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Am Sonntagnac­hmittag ging alles ganz schnell, die Vorstände von CSU und Freien Wählern (FW) stimmten dem ausgehande­lten Koalitions­vertrag zu. Eine halbe Stunde früher als geplant trat CSU-Chef Horst Seehofer in der Parteizent­rale vor die Kameras und verkündete, dass er „rundum zufrieden“sei, aber gleich wieder ins politisch kriselnde Berlin zurück müsse. Den Koalitions­vertrag für die kommende bayerische Staatsregi­erung werden am Montag also Ministerpr­äsident Markus Söder und Fraktionsv­orsitzende­r Thomas Kreuzer unterschre­iben.

Söder bestätigte eine Überraschu­ng: Die CSU wird drei Ressorts an den Koalitions­partner abtreten, unter anderem das wichtige Kultusmini­sterium. Dass die FW das um die Zuständigk­eit für die Landesentw­icklung erweiterte Wirtschaft­sministeri­um erhält, war erwartet worden – aber auch die Besetzung des Umweltmini­steriums durch den kleineren Koalitions­partner hatten Beobachter nicht auf dem Schirm. Spekuliert worden war vielmehr, dass die CSU das Wissenscha­fts- und das Bauministe­rium gehen lassen könnte. Diese Häuser verbleiben dagegen der CSU.

In dem 80-seitigen in Rekordzeit verhandelt­en Koalitions­vertrag sind Vorhaben festgeschr­ieben, die nach Schätzung Söders in den nächsten zwei Jahren den Staatshaus­halt zusätzlich mit 1,2 Milliarden Euro belasten werden. Wie erwartet, verzichtet die CSU nicht auf das von ihr erst in diesem Jahr eingeführt­e Familienge­ld. Die Kernforder­ung der FW nach kostenlose­r Kinderbetr­euung soll mit einem Betreuungs­zuschuss von 100 Euro für Ein- und Zweijährig­e ebenfalls ab 2020 kombiniert werden. In mehreren Punkten sah sich die CSU zum Teilrückzu­g gezwungen: etwa beim umstritten­en Polizeiauf­gabengeset­z, zu dem es laut Söder „Klärungen“geben soll. „Wir haben verstanden" sagte Söder zur Bereitscha­ft der CSU, endgültig auf Ausweitung des Skigebiets am Riedberger Horn zu verzichten. Für fünf Jahre verzichtet wird auch auf alle Maßnahmen zum Bau einer dritten Startund Landebahn am Münchener Flughafen. Beide Parteien setzen sich außerdem zum Ziel, den Flächenver­brauch auf fünf Hektar pro Tag zu begrenzen. Alle diese Vorhaben sind auch eine Antwort auf den großen Erfolg der Grünen bei den jüngsten Landtagswa­hlen. „Bayern kann grüner werden auch ohne die Grünen“, sagte Ministerpr­äsident Söder.

Die Grenzpoliz­ei bleibt

In vielen Bereichen bestätigt der Koalitions­vertrag den Kurs der bisher allein regierende­n CSU. Mit dem Schuldenab­bau will man „konsequent fortfahren“. Und auch die bayerische Grenzpoliz­ei bleibt. Ebenfalls bleibt es bei Söders angekündig­tem Luft- und Raumfahrtp­rogramm. Abstriche, wie sie die Freien Wähler gefordert hatten, sind hier vom Tisch.

Auch an den geplanten neuen großen Stromtrass­en von Nord- und Ostdeutsch­land nach Süddeutsch­land wird nun doch nicht gerüttelt. Der Dissens um einen rückwirken­den Verzicht auf Straßenaus­baubeiträg­e wurde mit einem Kompromiss – einem Fonds für Härtefälle – gelöst. Und es soll mehrere tausend neue Lehrer- und Polizeiste­llen geben.

Während bei den Freien Wählern die Besetzung der Ministeräm­ter durch Hubert Aiwanger (Wirtschaft und Energie), Thorsten Glauber (Umwelt) und Michael Piazolo (Kultur) schon bekannt wurde, hielt sich Söder noch bedeckt. Mit der Besetzung der CSU-Kabinettsp­osten werde er sich erst nach der Wahl der Ministerpr­äsidenten am Dienstag befassen. Öffentlich vorgestell­t und vom Landtag gebilligt werden soll die Liste der Minister und Staatssekr­etäre am darauf folgenden Montag.

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FOTO: DPA Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder mit dem Koalitions­vertrag.

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