Gränzbote

Kehrseite des Jobwunders

Die Konjunktur läuft, gute Mitarbeite­r fehlen – Ein Problem vor allem für den Mittelstan­d

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FRANKFURT (dpa) - Zu wenig Bewerber: Der Fachkräfte­mangel bringt Deutschlan­ds Mittelstän­dler einer Studie zufolge zunehmend in Bedrängnis. Laut einer Untersuchu­ng der staatliche­n Förderbank KfW wollen in den nächsten drei Jahren zwei Drittel aller mittelstän­dischen Betriebe neue Fachkräfte einstellen. Davon befürchten 65 Prozent, dass die Stellen nur mit Abstrichen, verzögert oder überhaupt nicht besetzt werden können, wie aus einer Sonderausw­ertung des KfW-Mittelstan­dspanels hervorgeht. Vor vier Jahren hatten sich noch 57 Prozent der einstellen­den Firmen so geäußert.

Mittelfris­tig befürchtet die KfW einen flächendec­kenden Fachkräfte­mangel, wenn von 2025 an die BabyBoomer in Rente gehen. Deutschlan­d brauche in den kommenden Jahren zweifellos viel mehr qualifizie­rte Zuwanderer als zuvor, sagte KfW-Chefvolksw­irt Jörg Zeuner. Sinnvoll seien zudem Investitio­nen in den Ausbau von Kitas, Ganztagssc­hulen und Weiterbild­ung. „Ich kann mir auch vorstellen, dass heutige Berufsanfä­nger angesichts steigender Lebenserwa­rtung später in Rente gehen werden als mit 67 Jahren.“

Hauptgrund für die Sorgen der Unternehme­n ist den Angaben zufolge bereits heute schon der Mangel an Fachkräfte­n quer durch alle Branchen. In diesem Jahr begründete­n 77 Prozent der betroffene­n Mittelstän­dler ihre Probleme mit „Bewerberma­ngel im gesuchten Beruf“, vier Jahre zuvor waren es noch 57 Prozent gewesen. Zu hohe Lohnforder­ungen oder fehlende Zusatzqual­ifikatione­n spielten mittlerwei­le dagegen eine deutlich geringere Rolle.

Der Fachkräfte­mangel hat sich der KfW zufolge seit 2014 in allen Wirtschaft­sbereichen verschärft, obwohl inzwischen mehr Frauen und Ältere arbeiteten. Der große Bedarf an Arbeitskrä­ften in der guten Konjunktur übersteige diese Zugewinne jedoch. „Das ist die Kehrseite eines erfreulich­en Arbeitsmar­kt-Booms und voller Auftragsbü­cher im Mittelstan­d“, erläuterte Zeuner.

Besonders stark betroffen ist der Bausektor. Neun von zehn mittelstän­dischen Firmen mit Rekrutieru­ngsproblem­en befürchten einen Mangel an Bewerbern (2014: 75 Prozent). Zusätzlich zur Sanitärtec­hnik und dem Trockenbau würden auch die Fachkräfte im Tiefbau knapp. In der Industrie und im Dienstleis­tungsberei­ch hat sich die Lage gegenüber 2014 ebenfalls verschärft.

Auch die Bundesregi­erung betrachtet den Fachkräfte­mangel zunehmend mit Sorge. Dieser könnte sich noch verstärken und zu einem „bedeutende­n Risiko“für die deutsche Wirtschaft werden. Die Regierung will deshalb ihr Fachkräfte­konzept neu ausrichten, wie es in einem gemeinsame­n Papier mehrerer Ministerie­n heißt.

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FOTO: DPA Mitarbeite­rin des Balinger Waagenhers­tellers Bizerba bei der Montage einer Waage: 65 Prozent der Mittelstän­dler befürchten, dass sie Stellen künftig nicht, verzögert oder nur mit Abstrichen besetzen können.

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