Gränzbote

Wenn die Liebe zum Fußball leidet

- Von Jürgen Schattmann

Und Liebe wagt, was irgend Liebe kann“, dichtete bei Romeo und Julia, also fasste sich am Samstag um 17 Uhr, als ihr lieber gegen Freiburg endlich ran durfte, von der Tribüne aus ein Herz und ließ auf Instagram ihrem Frust via Fotocollag­e freien Lauf. „Mehr als 70 Minuten, bis der mal nen Geistesbli­tz hat“, postete sie eher lieblos in Richtung BayernTrai­ner Nationalsp­ieler Thomas Müller fand die Aktion seiner Gattin wenig überrasche­nd auch nicht unbedingt Geistesbli­tz-verdächtig, respektive: „nicht unbedingt super“, wie er später „Sky“verriet. „Es war aus der Emotion heraus. Sie liebt mich halt, was soll ich machen?“, sagte er lakonisch, denn so eine Spielerfra­u lässt sich heutzutage nun mal schlecht von den sozialen Netzwerken aussperren. Wie dem auch sei: Um 18 Uhr war der Post wieder gelöscht, entschuldi­gte sich – wie der FC Bayern über seine eigenen Kanäle am Sonntag verbreitet­e – der Liebe wegen bei Kovac. Alles also wieder in Butter bei den Bayern – oder auch nicht.

Niko Kovac. Shakespear­e Lisa Müller Thomas Lisa Müller

Die Liebe zum Fußball oder den Fußballern ist ein weites Feld, das mussten sie auch bei Hertha BSC beim 0:3 gegen Leipzig erkennen. Als Antwort auf die Sanktionen des Vereins, der nach den wüsten Prügeleien Berliner Ultras mit Polizisten in Dortmund alle Banner, Spruchbänd­er und Blockfahne­n im Stadion verboten hatte, verzichtet­e fast der komplette HerthaAnha­ng auf Gesänge und Sprechchör­e. In der Ostkurve war nur ein Spruchband zu sehen: „Gegen Kollektivs­trafen“. Liebe, vor allem verletzte, kann eben auch Rache auslösen. „Wenn man böse wäre, würde man sagen, das war eine Friedhofst­immung“, meinte Trainer „Ich habe so etwas noch nie erlebt bei einem Heimspiel.“Ein Spiel übrigens, das Dardai „schnell komplett vergessen“wollte. Leipzigs dagegen dürfte die Woche gerne in Erinnerung behalten. Wie beim 2:0 im Pokal gegen Hoffenheim traf er doppelt.

Pal Dardai. Timo Werner

Die größte Gefahr für den Fußball – wenn es um die Liebe der Fans geht – lauert allerdings woanders: im schnöden Mammon, von dem die Protagonis­ten nicht genug bekommen können. Die Einführung einer Superliga, über die der „Spiegel“berichtete, könnte die großen nationalen Ligen und den Europapoka­l ad absurdum führen. Wenn die besten 16 Teams fehlen, weil sie sich durch neue Investoren noch mehr Geld verspreche­n, wären die Verblieben­en nur noch in zweitklass­igen Wettbewerb­en. Der FC Bayern bekennt sich (noch?) zur Bundesliga. Das Thema Bundesliga­Ausstieg sei nach Prüfung „verworfen“worden und „erledigt“, sagte

„So lange ich Vorstandsc­hef bin“, bekenne sich Bayern zudem zur UEFA als Organisato­r der internatio­nalen Wettbewerb­e – Rummenigge­s Vertrag endet 2019.

Karl-Heinz Rummenigge.

Geschäftsf­ührer

bekannte sich zur Bundesliga, sie sei „deutsches Kulturgut“. Als Chef des börsennoti­erten Tabellenfü­hrers, der in der 16er-Liga Kandidat für einen der fünf Gastplätze wäre, äußerte er sich dem Geld gegenüber aber fast zwangsläuf­ig aufgeschlo­ssen. „Im Fußball halte ich alles für möglich“, sagte Watzke über die Superliga. Gerade für ausländisc­he Vereine mit Investoren sei die eine andere Welt. „Am besten noch den Aufund Abstieg abschaffen, dann hast du Planungssi­cherheit. Und ich will das auch gar nicht zu negativ sehen.“ Auch Dortmunds

Hans-Joachim Watzke

Die Bundesliga­rivalen versuchten derweil, cool zu bleiben. „Wenn die Bayern meinen, sie müssten die Liga verlassen, dann sollten sie das machen. Wenn sie feststelle­n, dass es doch nicht so toll ist, müssen sie in der 4. Liga wieder anfangen“, sagte Hannovers Manager Thomas Müller fände es schade: „Ich bin mit der Bundesliga groß geworden. Das Herz hängt daran.“Auch seiner Gattin würde einigermaß­en sicher etwas fehlen.

Klopp Horst Heldt. Jürgen

Auch Liverpools Trainer

äußerte sich zu Wort: „Superliga mit 16 Teams? Das hört sich wirklich sehr schön an, weil es nach viel weniger Spielen und viel mehr Geld klingt“, scherzte er am Samstag nach dem 1:1 seines Teams beim FC Arsenal. Die englische Liga besteht aus 20 Vereinen. Im Ernst betonte Klopp, er sei sehr zufrieden damit, „wie der Liga-Fußball momentan funktionie­rt“.

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FOTO: DPA Wehrhaft: Die Hertha-Fans stellen das Singen ein.
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