Wo das Auerhuhn bevorzugt Nahrung sucht
Offene Grindenflächen auf den Höhen des Nordschwarzwaldes sind wichtig für das Ökosystem
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SEEBACH (lsw) - Im Herbst kehrt Ruhe ein auf den Grinden des Nordschwarzwaldes. Schafe, Hinterwälderund Heckrind weiden jetzt in tiefer gelegenen Gebieten des Mittelgebirges. An sonnigen Tagen leuchten Heide, Moor und Grasflächen in mildem Licht.
Nationalparkdirektor Wolfgang Schlund sieht nach dem Zustand von Pfeifengras, Rasenbinse und verschiedenen Beerensträuchern auf dem rund 1000 Meter hohen Schliffkopf. Eine Schafherde hat den Sommer über als Helfer in der Landschaftspflege gute Arbeit geleistet. Auch kleine Herden der Heck- und Hinterwälder Rinder müssen jetzt zurück in die Täler. „Wir wollen die Grinden offen halten“, sagt Schlund. Sie gehören zu den wertvollsten Ökosystemen im Schwarzwald.
Aus dem Mittelalter
Dabei sind die verbliebenen rund 200 Hektar Grinden (bedeutet so viel wie kahler Kopf) nur der Rest einer im Mittelalter entstandenen zehnmal so großen Fläche. Als die Täler des Schwarzwaldes nicht mehr ausreichten, die wachsende Zahl der Menschen zu ernähren, trieben Bauern ihre Rinder und Ziegen auf die relativ ebenen Hochflächen. Holzeinschlag, Brandrodung und Verbiss schufen offene Flächen, auf denen sich Gräser, Heide und verschiedene Beerensträucher ausbreiten konnten. Wegen der großen Niederschlagsmengen begannen auf dem nährstoffarmen Buntsandsteinboden auch Hochmoore zu wachsen.
Mit dem Ende der Beweidung zu Beginn des 20. Jahrhunderts und dem Ende der Mahd in den 1960er-Jahren drohten die Grinden erst zu verbuschen und dann wieder zu Wald zu werden. „Die ersten Jahre geht es langsam, nach zehn Jahren wird es ein junger Wald“, sagt Schlund. Die Erkenntnis, dass es nicht reicht, die Flächen unter Schutz zu stellen, was bereits 1939 geschehen war, kam spät. Der promovierte Biologe Schlund rupft ein Büschel Pfeifengras aus und zeigt, wie es mit einem Filzgeflecht den Boden verdichtet. „Es ist sehr konkurrenzstark und verdrängt andere Arten.“
Die Lebensbedingungen hier oben sind hart. Schnee kann von November bis April liegen. Für Wachstum ist zwei Monate weniger Zeit als im milden Rheintal wenige Kilometer westlich. Wasser gibt es dagegen im Überfluss, an Regentagen herrscht kein Mangel. Normalerweise jedenfalls. Dieser Sommer war anders. „Wir hatten hier auch 30 Grad, das ist ein Unding“, sagt der Nationalparkchef. Sollten sich wegen des Klimawandels trockene Sommer häufen, könnte es sein, dass sich andere Arten ausbreiten. „Wir lassen sich das hier entwickeln.“Es entspricht dem Ziel des Nationalparks, auf weiten Flächen die Natur sich selbst zu überlassen.
Scheue Vögel, robuste Nutztiere
Heute leben die geschützten und bedrohten Tiere auf mehreren voneinander getrennten Grinden. Um Auerhühnern, Symbolart des Schwarzwaldes, Kreuzottern, Wiesen- und Baumpiepern sowie der alpinen Gebirgsschrecke den Austausch zu ermöglichen, sollen offene Flächen miteinander verbunden werden. „Für die Auerhühner sind das zentrale Lebensräume“, betont Schlund. Die scheuen Vögel brauchen die offenen Flächen zur Nahrungssuche. Ohne die Hilfe der robusten Nutztiere geht es nicht: „Wir brauchen die Partner in der Landwirtschaft“, sagt Schlund. Daher zahlt das Land auch für die Landschaftspflege. „Ich halte das für richtig. Die Gesellschaft will es, dann muss man sich es auch etwas kosten lassen.“