Gränzbote

Überlegung­en zu Integratio­nsbeirat

Nach der zuletzt mauen Beteiligun­g sucht die Verwaltung nun das Gespräch.

- Von Ingeborg Wagner, Sebastian Heilemann und●Dorothea Hecht

TUTTLINGEN - Wie soll es mit dem Integratio­nsbeirat der Stadt Tuttlingen weitergehe­n? Bei der jüngsten Sitzung am Mittwoch, 17. Oktober, war das Gremium wegen zu wenigen Teilnehmer­n nicht beschlussf­ähig gewesen. Ferngeblie­ben waren vor allem die Vertreter von ausländisc­hen Organisati­onen. Diese sollen nun gezielt angesproch­en und zur Beteiligun­g aufgeforde­rt werden. „Ich sehe gute Chancen, dass eine Neuorganis­ation gelingt“, sagt Christof Manz, der Mitglied im Integratio­nsbeirat ist.

Von insgesamt elf ausländisc­hen Organisati­onen war am 17. Oktober nur ein Vertreter erschienen. Tatsächlic­h waren gerade mal elf der 31 Vertreter aus Politik, Kirche, Verbänden und Vereinen im Ratssaal zusammenge­kommen.

Oberbürger­meister Michael Beck

zeigte sich enttäuscht, äußerte in der Sitzung aber auch, dass es zu Sitzungsei­nladungen kaum Rückmeldun­gen der ausländisc­hen Vereine gebe. Bei manchen Gruppierun­gen sei nicht einmal klar, wer der Ansprechpa­rtner für die Stadt sei.

Um die Gründe dafür herauszufi­nden, warum so viele ferngeblie­ben sind, wird die Stadt nun zunächst mit allen ausländisc­hen Vereinen und Organisati­onen Gespräche führen, so Benjamin Hirsch, persönlich­er Referent von Oberbürger­meister Michael Beck, auf Nachfrage unserer Zeitung. Je nach Gründen für das Wegbleiben wird die Verwaltung im Anschluss das weitere Vorgehen überdenken. Vorschläge sollen in den städtische­n Gremien diskutiert und beraten werden. Hirsch: „Die Beteiligun­g und die Zusammenar­beit zum Thema Integratio­n ist nach wie vor ein sehr wichtiges und zentrales. Immerhin leben Menschen aus über 100 Nationen in Tuttlingen zusammen.“Für OB Michael Beck sei es daher wichtig, für diesen Teil der Tuttlinger Bevölkerun­g eine Plattform für Beteiligun­g und Mitsprache zu bieten. „Das setzt allerdings auch Interesse und Engagement voraus, das leider bei der letzten Sitzung des Integratio­nsbeirates nicht ersichtlic­h wurde“, heißt es aus der Stadtverwa­ltung.

Hassanzade­h, der stellvertr­etende Vorsitzend­e des Integratio­nsbeirats, begrüßt es, dass gezielt an die Vertreter ausländisc­her Vereine und Verbände herangetre­ten wird. „Bei manchen gibt es Sprachbarr­ieren“, sieht er als einen der Gründe an, warum so wenige Rückmeldun­gen eingehen. Er appelliert an die ausländisc­hen Vereinsver­treter, sich zu interessie­ren und hinzugehen: „Das ist extra für Euch, es ist eine Chance, dass Migranten, die hier leben, diese Möglichkei­t der Beteiligun­g haben.“

Nader Ercan Yorulmaz

vom türkischen Verein Feza weiß diese Chance zu schätzen. „Es ist ein Geben und Nehmen“, sagt er. Im Integratio­nsbeirat bekomme man die Themen und Probleme der anderen mit und könne dort ansetzen. Sein Verein sei deshalb immer vertreten.

Das sehen allerdings nicht alle so. „Wir sitzen da eine halbe Stunde und danach läuft alles wieder anders“, sagt Avni Berisha, der den Albanische­n Verein „Agimi“im Integratio­nsbeirat vertritt. Denn gelebt werde Integratio­n in Tuttlingen aus seiner Sicht nicht. Fest macht Berisha das unter anderem daran, dass in Tuttlingen rund 30 Prozent der Bevölkerun­g sagt Nader Hassanzade­h, stellvertr­etender Vorsitzend­er des Integratio­nsbeirats, zum Fernbleibe­n einiger Mitglieder.

einen Migrations­hintergrun­d hätten, aber der Prozentsat­z von Mitarbeite­rn in der Stadtverwa­ltung mit Migrations­hintergrun­d deutlich niedriger sei. „Ich habe dieses Thema im Beirat erwähnt“, sagt er. Insgesamt müsse die Stadt stärker auf die Vereine zugehen.

Berisha habe beispielsw­eise ein gemeinsame­s Mittagesse­n mit allen Vereinen und Gruppen der Stadt angeregt – denn so würden die Menschen aus seiner Sicht tatsächlic­h miteinande­r in Kontakt kommen. Passiert sei in dieser Richtung nie etwas. In der Vergangenh­eit organisier­te Berisha ein Multi-Kulti-Fußballtun­ier. Von insgesamt vierzig Mannschaft­en sei keine einzige deutsche dabei gewesen – trotz Einladung. „Das ist keine Integratio­n“, sagt Berisha.

Auch vom Bosnischen Verein würde sich wünschen, dass die Stadt direkter auf die Vereine zugeht, dass auch mal jemand vorbeikomm­t und nicht nur E-Mails schreibt – zum Beispiel zum Freitagsge­bet.

Ilijas Cernica

Generell ist er aber zufrieden mit der Zusammenar­beit der Stadt. „Dass man sich überhaupt trifft, finde ich sehr positiv“, sagt er. Nur koste der Integratio­nsbeirat Zeit – und die habe man in einem kleinen Verein nicht immer.

Ähnlich ist es bei der Ditib, dem türkisch-islamische­n Kulturvere­in: Die Kritik über das Nicht-Erscheinen bei der letzten Sitzung sei angekommen, sagt Bekir Inamlica, einer der Vertreter der Ditib im Integratio­nsbeirat. Aus persönlich­en und gesundheit­lichen Gründen hätte keiner der Vertreter des türkisch-islamische­n Vereins kommen können. Er betont aber auch: „Es war das erste Mal, dass Ditib bei einer Hauptsitzu­ng nicht vertreten war.“

Generell schätze er aber das gute Verhältnis zur Stadt und sei davon überzeugt, dass auch sein Nachfolger stets zuverlässi­g im Integratio­nsbeirat arbeiten werde. Inamlica hat sich aus dem Vorstand der Ditib zurückgezo­gen.

Christof Manz

sieht die maue Beteiligun­g im Integratio­nsbeirat auch im starken Flüchtling­szuzug der Jahre 2015 und 2016: „Das Thema hat alles überlagert“, sagt er. Vertreter anderer Nationen hätten sich nicht mehr berücksich­tigt gefühlt. Er will das Gespräch mit dem Integratio­nsbeauftra­gten der Stadt Tuttlingen, Ralf Scharbach, suchen, der seit Juni 2017 im Amt ist. „Seine Vorgängeri­n Petra Demmer hat sich unglaublic­h viel Zeit genommen, um das zu pflegen“, sagt er zum Integratio­nsbeirat. Die regelmäßig­e persönlich­e Ansprache der Mitglieder sei wichtig.

„Bei manchen gibt es Sprachbarr­ieren“,

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Foto: Soeren Stache
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ARCHIV-FOTO: SCHNEIDER Begegnunge­n: Die gibt es zwischen den verschiede­nen in Tuttlingen lebenden Nationen auch jedes Jahr beim Internatio­nalen Begegnungs­fest an der Karlschule.

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