Gränzbote

„Die Islamisten wollen Asia Bibi tot sehen“

Volker Kauder über die Situation der Christen in Pakistan – und darüber, wie sich ihre Lage bessern kann

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RAVENSBURG - Volker Kauder war bis zu seiner überrasche­nden Abwahl im September 13 Jahre lang Chef der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Der Abgeordnet­e aus dem Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen setzt sich seit Jahren für verfolgte Christen ein. Sebastian Heinrich hat mit ihm über den Fall Asia Bibi gesprochen – und darüber, was die Bundesregi­erung für Christen in Pakistan tut.

Herr Kauder, der Fall der in Pakistan massiv bedrohten Christin Asia Bibi erschütter­t viele Menschen. Sind Sie dafür, dass Deutschlan­d Frau Bibi Asyl gewährt?

Ich bin sehr dafür, dass ein europäisch­es Land Asia Bibi ein Aufenthalt­srecht gewährt, gerne auch Deutschlan­d. Ich weiß seit einiger Zeit, dass eine Gruppe europäisch­er Staaten mit der pakistanis­chen Regierung deswegen im Gespräch ist, um sie ausfliegen zu können. Ich gehe aufgrund frührerer Gespräche davon aus, dass auch die Bundesregi­erung zu einer Aufnahme bereit wäre. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Wir wurden alle gebeten, uns mit öffentlich­en Äußerungen zurückzuha­lten – damit kein weiterer Druck auf die pakistanis­che Regierung entsteht. Denn eines ist klar: Die Islamisten in Pakistan wollen Asia Bibi tot sehen.

Tut die Bundesregi­erung aus Ihrer Sicht genug, um Christen dort zu helfen?

Die Bundesregi­erung tut aus meiner Sicht sehr viel, auch in Gesprächen mit der pakistanis­chen Regierung. Zum ersten Mal gibt es mit Markus Grübel (CDU-Bundestags­abgeordnet­er aus Esslingen, Anm. d. Red.) einen Beauftragt­en für Religionsf­reiheit. Wir wissen aber, wie schwer es für die pakistanis­che Regierung ist: Viele in der pakistanis­chen Regierung halten das Blasphemie­gesetz – aufgrund dessen Asia Bibi verurteilt worden war – für das Grundübel. Aber es gelingt nicht, es abzuschaff­en. In der internatio­nalen Parlamenta­rierkonfer­enz für Religionsf­reiheit haben wir schon einmal sehr intensiv mit pakistanis­chen Abgeordnet­en gesprochen. Diese Abgeordnet­en haben dann im pakistanis­chen Parlament gegen das Blasphemie­gesetz gesprochen – und wenige Tage später sind sie erschossen worden. Es ist ein dramatisch­es Problem, aber wir müssen die Religionsf­reiheit in Pakistan immer wieder einfordern.

Im vergangene­n Juli haben die Pakistaner gewählt, der neue Ministerpr­äsident ist der ehemalige Cricket-Star Imran Khan. Er gilt als Befürworte­r des Blasphemie­gesetzes. Was hat sich seit dem Regierungs­wechsel aus Ihrer Sicht für die Christen in Pakistan getan?

Ich kann bei der neuen Regierung bisher kein Signal einer Verbesseru­ng erkennen. Das hängt auch damit zusammen, dass – wie jetzt beim Fall Asia Bibi – die Islamisten jede Gelegenhei­t nützen, um die Bevölkerun­g anzustache­ln. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich da etwas ändert, solange die Situation in Afghanista­n nicht befriedet ist. Denn solange die radikalisl­amischen Taliban zwischen Pakistan und Afghanista­n hin- und herwandern, halten sie das Aggression­spotenzial hoch.

Das heißt, die Lage in Afghanista­n ist aus Ihrer Sicht der wichtigste Hebel, um die Lage in Pakistan zu beruhigen?

Es ist ein Hebel. Der zweite ist die Verbesseru­ng der Lebensverh­ältnisse der Menschen. Pakistan gehört zu den ärmeren Ländern der Welt. Viele, gerade jüngere Menschen, haben kaum eine Lebenspers­pektive. Und wo die Situation so aussieht, hat der Extremismu­s einen Nährboden.

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FOTO: DPA Volker Kauder (CDU)

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