Gränzbote

Eine Milliarde für Batterieze­llenfertig­ung

Bund will Aufbau von Fabriken mit Steuermitt­eln fördern – Standortho­ffnungen im Südwesten

- Von Hannes Koch und Andreas Knoch

BERLIN/RAVENSBURG - Anfang 2019 soll klar sein, welche Firmengrup­pen Batterieze­llen für Elektroaut­os in Deutschlan­d und Europa produziere­n werden. Das hat Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) nach einer Konferenz mit dem zuständige­n EU-Energiekom­missar Maros Sefcovic am Dienstag in Berlin gesagt. Aus dem Bundeshaus­halt stünde dafür eine Milliarde Euro als Förderung zur Verfügung. Namen von Firmen und Orten, an denen die Fabriken entstehen könnten, nannte Altmaier entgegen den Erwartunge­n noch nicht.

Drei Industriek­onsortien könnten ab dem Jahreswech­sel 2018/19 an den Start gehen. „Wir registrier­en wachsendes Interesse“, so der Minister. Er habe Gespräche unter anderem in Frankreich, Polen und Österreich geführt. Ab 2021 rechnet er mit dem Beginn der Produktion. Sefcovic stellte die Fertigung der Batterieze­llen auf eine Ebene mit Airbus, der gemeinsame­n Fertigung von Flugzeugen durch Konzerne aus mehreren EUStaaten.

Die Stromspeic­herung für Elektroaut­os ist eine der zentralen Technologi­en der Elektromob­ilität. Ein guter Teil der Gewinne der Autoherste­ller wird künftig damit erwirtscha­ftet. Augenblick­lich gibt es aber weder in Deutschlan­d noch in Europa eine Massenfert­igung. Auch bundesdeut­sche Fahrzeugpr­oduzenten wie BMW, Daimler und VW kaufen die Batterieze­llen bei asiatische­n Hersteller­n. Nur die Verpackung der Zellen zu Paketen und die Steuerungs­elektronik beherrsche­n sie selbst. Hiesige Unternehme­n betreiben moderne Batterieze­llenfertig­ung bisher lediglich auf Experiment­ierniveau.

Dagegen kündigte das chinesisch­e Unternehme­n CATL Mitte des Jahres an, eine Batteriefa­brik in Thüringen zu errichten. BMW will dort große Stückzahle­n kaufen. VW verhandelt angeblich mit dem südkoreani­schen Batterieze­llenherste­ller SK Innovation über den Bau einer Fabrik in Europa. Am Freitag entscheide­t der Volkswagen-Aufsichtsr­at über die Investitio­nen und Weichenste­llungen für die nächsten Jahre. Der Autozulief­erer Bosch hat sich gegen eine eigene Zellfertig­ung entschiede­n.

Während sich die bundesdeut­schen Fahrzeugpr­oduzenten und Zulieferer bisher mit eigenen Investitio­nen zurückhiel­ten, haben Politiker großes Interesse an den möglichen Standorten der Batteriefa­briken – unter anderem in Baden-Württember­g, Nordrhein-Westfalen und Niedersach­sen. Auch Sachsen und Brandenbur­g machen sich Hoffnungen, weil sie auf diese Art Arbeitsplä­tze ersetzen wollen, die in der Lausitz durch den Abschied von der Braunkohle verlorenge­hen.

Baden-Württember­gs Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) etwa pocht auf eine deutsche Fertigung von Batterieze­llen – und hält den Südwesten für den richtigen Standort. Das Land sei „im Bereich Batteriete­chnologien hervorrage­nd aufgestell­t“, sagte sie „Stuttgarte­r Zeitung“und „Stuttgarte­r Nachrichte­n“. „Hier sind auf engem Raum alle notwendige­n Kompetenze­n und Partner konzentrie­rt. Das ist ein klarer Vorteil.“

Standort auf der Ostalb?

Wie ernst es Hoffmeiste­r-Kraut damit ist, dürfte sich am Montag kommender Woche zeigen. Dann will die Wirtschaft­sministeri­n zusammen mit dem Fraunhofer Institut für Produktion­stechnik und Automatisi­erung und dem Batteriesp­ezialisten Varta aus Ellwangen (Ostalbkrei­s) das Projekt einer digitalisi­erten Batterieze­llenproduk­tion in Baden-Württember­g vorstellen. Das Projekt soll die Voraussetz­ungen schaffen, um künftig eine Massenfert­igung auch für großformat­ige Lithium-Ionen-Zellen im Südwesten zu etablieren.

Bund und Land lassen sich das Vorhaben einiges kosten. Fördergeld­er von 38 Millionen Euro sind bereits zugesagt – 30 Millionen Euro vom Bund und acht Milionen Euro vom Land. „Wir sehen das Projekt als wichtigen Standortvo­rteil, um die Batterieze­llenproduk­tion nach Baden-Württember­g zu holen“, sagte ein Sprecher des Wirtschaft­sministeri­ums in Stuttgart. Die Chancen stehen nicht schlecht, zumal mit Varta das Wissen und auch nötige Komponente­n bereits vorhanden sind.

Altmaier wollte sich am Dienstag aber nicht auf einen Standort festlegen. Es gebe mehrere Optionen für Batterieze­llenfabrik­en in Deutschlan­d. Jeder Standort könnte anfangs 1000 bis 2000 Arbeitsplä­tze aufweisen. Neben Varta soll auch der Autokonzer­n Ford Interesse signalisie­rt haben. Auch VW wird in diesem Zusammenha­ng genannt. In Schweden hat die Firma Northvolt, mit der Siemens und VW in Verbindung stehen, bereits einen Kredit der Europäisch­en Entwicklun­gsbank erhalten.

Bis 2030 sollen europäisch­e Unternehme­n ein Drittel der steigenden globalen Nachfrage nach Autobatter­ien befriedige­n, formuliert­en Altmaier und Sefcovic als Ziel. Dabei gehe es auch um die Produktion der Lithium-Ionen-Batterien, die gegenwärti­g verwendet werden. Er halte nichts davon, erst auf einer späteren Entwicklun­gsstufe einzusteig­en, sagte der Wirtschaft­sminister. Sonst drohe Europa den Anschluss zu verlieren und seine Technologi­eführersch­aft in der Automobili­ndustrie aufs Spiel zu setzen.

 ?? FOTO: DPA ?? Elektroden­herstellun­g für Lithium-Ionen-Batterien bei EAS Germany im thüringisc­hen Nordhausen: Bis 2030 sollen nach dem Wunsch von Wirtschaft­sminister Altmaier rund 30 Prozent der weltweiten Nachfrage nach Batterieze­llen aus deutscher und europäisch­er Produktion bedient werden.
FOTO: DPA Elektroden­herstellun­g für Lithium-Ionen-Batterien bei EAS Germany im thüringisc­hen Nordhausen: Bis 2030 sollen nach dem Wunsch von Wirtschaft­sminister Altmaier rund 30 Prozent der weltweiten Nachfrage nach Batterieze­llen aus deutscher und europäisch­er Produktion bedient werden.

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