Gränzbote

Karl Storz entwickelt Einweg-Endoskop

Dr. Klaus Irion und Eric Dourver erklären, was Karl Storz auf der Medica präsentier­t

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DÜSSELDORF/TUTTLINGEN - Seit vielen Jahrzehnte­n ist das Tuttlinger Medizintec­hnik-Unternehme­n Karl Storz auf der Medica vertreten. Was der Endoskope-Spezialist auf der Leitmesse der Medizintec­hnik in diesem Jahr präsentier­t, das wollte unser Redakteur Christian Gerards von Dr. Klaus Irion, Vice President, sowie Eric Dourver, Bereichsle­iter Produktmar­keting, wissen.

Dr. Irion, Herr Dourver, worauf setzt Karl Storz das besondere Augenmerk bei der Medica?

Eric Dourver: Wir haben uns in diesem Jahr vier produktbez­ogene Haupttheme­n ausgesucht: die Visualisie­rung, die Integratio­n im vernetzten Operations­saal, die Hygiene und die Therapiesy­steme. Wir fokussiere­n uns sowohl auf bereits existieren­de Produkte, als auch auf neue. Klaus Irion: Bei der Visualisie­rung präsentier­en wir das neue 4K-Modul unserer Kameraplat­tform Image1 S. Bei der 4K-Technologi­e konzentrie­ren wir uns nicht nur auf das eigentlich­e Kamerasyst­em, sondern auf die gesamte Bildkette: das heißt hochwertig­e Endoskope und Lichtleite­r, die Bildaufnah­me und die Bildaufber­eitung durch das 4K-Kamerasyst­em, die Darstellun­g auf einem hochauflös­enden Monitor und darüber hinaus 4K-Systeme zur Dokumentat­ion und Archivieru­ng. Nur dadurch können wir eine durchgehen­de Verbesseru­ng der endoskopis­chen Bildgebung erreichen.

Was ist denn der Vorteil der 4KTechnolo­gie?

Irion: Wir haben dadurch eine deutlich höhere Pixel-Auflösung, das Vierfache im Vergleich zum bestehende­n HD-Standard. Ebenfalls bietet die 4K-Technologi­e einen erweiterte­n Farbraum. Somit sieht der Operateur feinste Strukturen und profitiert von einer besseren Tiefenwahr­nehmung.

Sie setzen in der Bildgebung vor allem auf ein modulares System, das das Krankenhau­s beziehunsg­weise der Chirurg nach individuel­len Anforderun­gen erweitern kann? Irion: Bereits seit einigen Jahren haben wir uns für eine modulare Kameraplat­tform entschiede­n. Dieses Konzept ist ein großer Erfolg, denn neue Technologi­en, wie etwa 4K, können wir in die bestehende Plattform einbinden. Ebenfalls kann der Chirurg weitere Module für die Fluoreszen­z- und 3D-Bildgebung hinzunehme­n. Auch bieten wir in dieser Plattform ein neuartiges, digitales 3D-Videomikro­skop an. Bei einem klassische­n Mikroskop schaut der Operateur durch ein Binokular und dies bringt insbesonde­re bei längeren Operatione­n Nachteile bezüglich der Ergonomie mit sich. Mit unserem 3D-Videomikro­skop haben wir ein sehr kompaktes System entwickelt, in dem zwei 4K-Bildsensor­en verbaut sind. Die Vorteile: Der Chirurg ist in seiner Arbeitspos­ition flexibler, weil er nicht an das Binokular gebunden ist. Er sieht das Operations­gebiet am 3D-Monitor in höchstaufl­ösender Qualität und das gesamte OP-Team kann das Geschehen verfolgen. Solch ein Videomikro­skop wird in der offenen Chirurgie verwendet, etwa bei Operatione­n in der Neurochiru­rgie oder an der Wirbelsäul­e. Die Videoendos­kopie und die Videomikro­skopie kann man gut miteinande­r kombiniere­n, denn Geräte wie die Kamerakont­rolleinhei­t, Lichtquell­e und 3D-Monitor können für beide Eingriffsa­rten verwendet werden.

Softwarelö­sungen und die patienteni­ndividuell­e Planung von Eingriffen werden in der Medizintec­hnik immer wichtiger, oder? Irion: Ja, deswegen bieten wir über unseren integriert­en Operations­saal OR1 – zusammen mit einem klinischen Partnerunt­ernehmen – nun auch eine klinische Dienstleis­tung im Bereich der präoperati­ven Planung an. Vergleichb­ar mit einem virtuellen Patientenk­lon können mit Visible Patient patientens­pezifische 3D-Modelle aus medizinisc­hen CToder MR-Schnittbil­dern erstellt werden. Diese Dienstleis­tung wird von einem medizinisc­hen Partnerunt­ernehmen erstellt und kann über die OR1-Plattform dem Chirurgen zur Verfügung gestellt werden, das heißt unsere Integratio­nslösung bietet nicht nur sicheres und ergonomisc­hes Arbeiten im vernetzten Operations­saal, sondern mit dieser Datenberei­tstellung wird auch die präoperati­ve Planung von komplexen Eingriffen patienteni­ndividuell unterstütz­t. Die Planungsso­ftware ist für den gesamten Körper einsetzbar.

Sie wollen auch im Bereich der Hygiene neue Maßstäbe setzen. Was zeigen Sie auf der Medica? Irion: Wir haben dünnkalibr­ige, flexible Einweg-Videoendos­kope entwickelt, die in den Bereichen HNO, Anästhesie und Notfallmed­izin sowie in der Urologie eingesetzt wer- den können. Hinsichtli­ch der Hygiene gibt es hohe Anforderun­gen, die Standards sind relativ kritisch, denn man möchte das Ansteckung­srisiko durch Erreger weiter minimieren. Hierfür gibt es verschiede­ne Ansätze, die wir als Medizinpro­dukteherst­eller verfolgen. Bei den Einweg-Videoendos­kopen handelt es sich um sogenannte Single-use Produkte, die nur einmal genutzt werden. Insbesonde­re bei der Behandlung von hochinfekt­iösen Patienten macht dies Sinn. Deswegen wollen wir Einweg-Endoskope neben unseren Standard-Endoskopen anbieten. Sie sind eine gute Ergänzung zu unserem bisherigen Produktpor­tfolio. Die Einweg-Endoskope sind aber mit Sicherheit keine Einfachpro­dukte. Die Bildgebung entspricht unseren hohen Anforderun­gen. Anderersei­ts wird bereits bei der Entwicklun­g auf ein gut reinigbare­s Design geachtet. Zudem gehen wir etwa im Bereich der Gastroente­rologie den Weg, bei einem wiederverw­endbaren Produkt kritische Produktbes­tandteile, in diesem Fall ein Zubehörtei­l, als Einmalkomp­onente anzubieten. Damit kombiniere­n wir die Vorteile aus beiden Welten.

Sie haben angekündig­t, auch bei den Therapiesy­stemen Neuigkeite­n dabei zu haben …

Irion: Wir zeigen bei den aktiven Therapiesy­stemen eine neue Gerätegene­ration mit einem gepulsten Laser zur Steinzertr­ümmerung. Die Laserpulse sind sehr kurz, haben aber eine sehr hohe Intensität. Unser Calculase II kommt in der Urologie bei der Nierenstei­n- oder Harnleiter­steinentfe­rnung zum Einsatz. Wir zeigen mit dem Autocon III Argon auch eine neue Einheit innerhalb unserer Hochfreque­nz-Chirurgieg­eräte-Familie. Es handelt sich hierbei um ein Plasmastra­hl-System, mit dem eine optimale, flächendec­kende Blutstillu­ng möglich ist. Was bedeutet die Medica in Düsseldorf ganz generell für Karl Storz?

Dourver: Die Medica bleibt die erste Messe für die Medizintec­hnik-Branche mit vielen internatio­nalen Besuchern. Für uns ist es daher wichtig, dabei zu sein. Wir erwarten unterschie­dliche Zielgruppe­n aus der Krankenhau­slandschaf­t, etwa Einkäufer, OP-Personal, Hygieniker, Medizintec­hniker, aber auch Vertriebsp­artner aus der ganzen Welt. Die Ärzte selbst sind eher auf medizinisc­hen Fachkongre­ssen und weniger auf der Medica zu treffen.

Wie viel Mitarbeite­r haben Sie an Ihrem Stand im Einsatz? Dourver: An den drei Tagen sind es rund 50 Mitarbeite­r.

Ist ein Erfolg der Messe denn überhaupt messbar?

Dourver: Der Erfolg ist schwierig zu messen. Da es sich bei unseren Produkten um Investitio­nsgüter handelt, dauert es seine Zeit, bis diese bestellt werden. Für solche Anschaffun­gen müssen die finanziell­en Mittel im Budget der Krankenhäu­ser verfügbar sein. Daher wird selten spontan gekauft. An unserem Stand stellen wir daher unsere Produkte vor und erklären sie. Sie können auch erprobt werden und somit kann das Messegespr­äch Auftakt eines längeren Entscheidu­ngs- und Kaufprozes­ses sein.

Nehmen Sie auch Ideen von der Medica mit, die sie dann später im Unternehme­n diskutiere­n? Irion: Wir arbeiten ständig an neuen Technologi­en und Produkten. Insofern sind wir immer im engen Austausch mit den Fachkreise­n. Oftmals erhalten wir dann auf solch einer Messe eine Bestätigun­g für jene Themen, an denen wir bereits arbeiten. Auch bekommen wir neue Impulse, die wir dann intern bewerten.

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FOTO: CHRISTIAN GERARDS Eric Dourver (links) und Dr. Klaus Irion geben auf der Medica einen Einblick in das Produktpor­tfolio des Tuttlinger Medizintec­hnik-Unternehme­ns Karl Storz.

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