Gränzbote

Heimkommen in Kuusamo

Skispringe­r Severin Freund steigt nach zwei Kreuzbandr­issen später in den Weltcup ein

- Von Joachim Lindinger

MÜNCHEN - Die Gegend um Kuusamo in Finnlands Nordosten kann recht unwirtlich sein in diesen Tagen: Regen, Wind (gerne auch viel Wind), Kälte (gerne auch viel Kälte), Schnee ... Egal. Kuusamo ist der richtige Ort, der Rukatuntur­i-Bakken die richtige Schanze. Hier wird Severin Freund, acht Tage nach dem Saisonauft­akt der Skispringe­r dieses Wochenende in Wisla, 16 Monate nach seinem zweiten Kreuzbandr­iss im Juli 2017, sein Weltcup-Comeback geben. Logisch irgendwie. Denn: „So habe ich noch eine Woche mehr, in der ich trainieren kann“(was bestens zur behutsamen Belastungs­steuerung zuvor passt). Denn, zwotens: „Kuusamo ist rein emotional ein ganz guter Einstiegso­rt für mich. Da hat es immer gut funktionie­rt.“2012 etwa mit einem Einzelsieg und einem im Team, 2016 auch, als die Rückkehr sieben Monate nach einer Hüftarthro­skopie erst einen zweiten Platz, dann Weltcup-Triumph Nummer 22 bescherte. Severin Freunds bislang letzten.

Das Pech des mittlerwei­le 30-Jährigen vom WSV DJK Rastbüchl ist hinreichen­d beschriebe­n: Ruptur eins im Januar 2017, Oberstdorf. Ruptur zwei ein halbes Jahr später, Oberstdorf. Beide Male im Training, beide Male das rechte Knie. Macht fast zwei Jahre ohne Wettkampf, mit einiger Reha-Plackerei stattdesse­n. Das brauchte viel Wollen, viel Leidenscha­ft. Severin Freund hat(te) beides: „Ich hab’ gemerkt: Da ist noch etwas, das noch nicht zu Ende ist.“

Fortsetzun­g zunächst auf kleinsten, kleinen, seit August auch wieder auf Großschanz­en. Ängste? Keine: „Ich glaub’, wenn du in dem Moment ans Knie denkst, dann ist eh was falsch.“Stattdesse­n gelte („auch diesmal wieder“): „Sobald du dann vom Balken weg bist und in der Spur – du weißt eh, was du zu machen hast. Es ist einfach so, das hat man gespeicher­t. Es ist eher wie heimkommen. Und dann ist es sehr schnell Spaß.“

Der trägt. Nur: allein halt nicht weit. 16 Monate ohne, merkte Severin Freund alsbald, da seien „das Gefühl und die Leichtigke­it doch ein bissel verlorenge­gangen“. Zudem sei sein Sport „auch ein Stück weiter heute: Es ist definitiv so, dass Skiführung in den letzten Jahren noch wichtiger geworden ist. Die Leute kommen noch schneller in die Flugpositi­on, die Sprünge sind noch mal schneller geworden.“Erkenntnis­se sind das diverser Couch-TV-Studien; Sorge bereiten sie vorerst keine. Klar, „der Rest bleibt nicht stehen“, Severin Freund allerdings glaubt „trotzdem, dass mein Sprung – mein guter Sprung – nach wie vor konkurrenz­fähig ist. Weil ich ja in der Zeit, als ich wirklich oben war, auch einen Sprung hatte, der sehr schnell war und von der Schnelligk­eit gerade im zweiten Drittel gelebt hat.“

Ziele: Seefeld und Oberstdorf

Ihn hinzubekom­men ist eine Herausford­erung – zumal im Ernstfall. „Wettkämpfe hab’ ich jetzt lang nicht gehabt, und da wird’s ’ne gewisse Gewöhnung brauchen.“Über Kuusamo hinaus wohl, wo Severin Freund seine Einzel-Weltcups 195 und 196 bestreiten wird fünf Wochen vor der Vierschanz­entournee. Die, wen wundert’s, „ist heuer nicht mein Fokus, die ist einfach sehr, sehr früh“. Da liegt der WM-Termin deutlich besser: Seefeld 2019 lässt vom 22. Februar bis 2. März springen. Apropos Weltmeiste­rschaft: Das Verpassen der SkiflugWM diesen Januar in Oberstdorf, sagt Severin Freund, habe richtig wehgetan. Umso mehr Antrieb an zähen Tagen sei da gewesen, dass die Marktgemei­nde 2021 die Nordische Weltmeiste­rschaft ausrichten wird. Ein Fernziel. Kein kleines. „Das hilft natürlich auch bei der Motivation.“

Hilfreich ist außerdem, wie die Teamkolleg­en Severin Freund aufgenomme­n haben – und dass diese Teamkolleg­en so aufgetrump­ft haben ohne ihn. „Wir waren schon wirklich länger nicht mehr so breit aufgestell­t.“Heißt für den Rückkehrer: „Okay, da gibt’s Leute, die einfach so stark sind, dass jetzt nicht gleich die erste Frage die nach mir ist.“Das gibt Ruhe. Kraft geben Töchterche­n Johanna, sechs Wochen alt, und Frau Caren. Energie? Gibt sich Severin Freund selbst. Olympiasie­ger Andreas Wellinger hat es erlebt. Staunend: „Ich weiß, wie er brennt.“

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FOTO: DPA Alles gesagt: Severin Freund will demnächst wieder Sprünge sprechen lassen. Saisonstar­t für ihn ist in eineinhalb Wochen.

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