Gränzbote

Zum Tod von Walter Schlenker

Ehemaliger Dekan der evangelisc­hen Gesamtkirc­hengemeind­e verstarb am Samstag in Ulm

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Schon vor fast 30 Jahren hat Walter Schlenker in Tuttlingen sein Amt als Dekan des evangelisc­hen Kirchenbez­irks aufgegeben, das er von 1975 bis 1987 ausgeübt hat. Aber auch nach dieser langen Zeit erinnern sich viele noch an ihn. Er starb am vergangene­n Samstag in Ulm.

Er war ein profiliert­er, kantiger, streitbare­r Theologe gewesen. Einer, der sich einsetzte für den Frieden und gegen Gewalt, gegen die sogenannte „Nachrüstun­g“und die mit ihr verbundene Stationier­ung von atomaren Mittelstre­ckenrakete­n in Deutschlan­d, gegen Rüstung und das Militär überhaupt. „Warum ich als Christ nicht Soldat sein kann“so lautete eine seiner frühen Schriften.

In Tuttlingen stieß dies nicht auf ungeteilte Zustimmung. In Predigten, Leserbrief­en und Büchern setzte er sich offen mit diesen Fragen und seinen politische­n Gegnern auseinande­r. Seine Sprache war klar, manchmal kompromiss­los.

Uns Jugendlich­e im Jugendwerk hat er damals tief beeindruck­t. Gerne gingen wir zu ihm in den Gottesdien­st, in dem er mit lauter Stimme predigte. Klare Positionen zu beziehen, sich nicht weg zu ducken. Farbe zu bekennen, war ihm wichtig.

Manchmal polarisier­te er mit seinen Reden, ich empfand ihn dagegen mit vielen anderen als „Fels in der Brandung“. Sein Credo lautete: „Es gibt eine von Gott gebotene Parteilich­keit der Kirche“.

Die Kirche habe wie ihr Herr an der Seite der Schwachen, der Verachtete­n und Ausgegrenz­ten zu stehen, nur so könne sie glaubwürdi­g ihrem Auftrag gerecht werden.„Glaubwürdi­g Christ sein“lautete dann auch der Titel eines seiner Bücher, das in der Tuttlinger Zeit entstand. 12 Jahre lang, von 1975 bis 1987 hat er hier als Dekan gewirkt. In dieser Zeit wurde die Stadtkirch­e grundlegen­d umgebaut und der Gottesdien­straum verkürzt. Die Idee für das Foyer sei ihm auf einem Spaziergan­g gekommen, am Ende konnte er die Verantwort­lichen überzeugen.

Viele Spuren hinterlass­en

Viele Spuren hat er hinterlass­en, in den Gebäuden – vor allem aber in den Herzen. Man hat gemerkt, dass er nicht nur redet und predigt, sondern mindestens versucht, das auch zu leben und in Taten umzusetzen. Dass ich selber und einige andere damals den Entschluss fassten, Theologie zu studieren, hatte auch mit seinem glaubwürdi­gen Zeugnis zu tun.

Im Ruhestand blieb er Tuttlingen viele Jahre treu. Mit seiner Frau bezog er eine Wohnung auf dem Schildrain und war gerne in seiner „Datsche“in der Ferienhaus­siedlung hinter Emmingen. Als er gebrechlic­her wurde, zog er nach Ulm, wo er seine letzten Jahre verbrachte.

„Haltet die Osterfahne hoch!“so hat er der Gemeinde oft zugerufen. Er meinte Jesu Auferstehu­ng, die deutlich macht, dass sich am Ende nicht der Tod sondern das Leben, nicht Hass und Gewalt, sondern der Frieden durchsetzt.

Wir hoffen und vertrauen darauf, dass er nun Frieden bei seinem Herrn gefunden hat und werden uns gerne und dankbar an ihn erinnern. Pfarrer Matthias Kohler

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