Gränzbote

Großartige Einfachhei­t im Oberschwäb­ischen Hof

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Die Welt – so scheint es an einem regnerisch­en Herbsttag – ist bisweilen ein trister Ort. Wenn der Wind die goldenen Blätter fast alle von den Bäumen gepustet hat und das Laub nur noch eine faulige Masse ist, die sich auf Gehsteigen und Treppen glitschig ausbreitet. Wie ein verunglück­ter Salat, den ein unachtsame­r Koch irgendwo in den Untiefen seiner Küche vergessen hat.

Eine solches Malheur würde Elmar Reisch, dem Küchenchef des Oberschwäb­ischen Hofs in Schwendi, natürlich nie passieren. Denn den Mann zeichnet etwas aus, das viele Gastronome­n verlernt oder gar nicht erst gelernt haben: Verantwort­ung für das zu übernehmen, was aus der Küche kommt. Und auch dafür, wie es den Weg zum Gast an den Tisch findet. Sprich: Als inhabergef­ührtes Haus atmet das Restaurant diesen besonderen Geist, der sich aus dem hohen

Grad der Identifika­tion mit dem speist, was Reisch und seine Frau Ursula über Jahrzehnte in dem ländlichen Ort nahe Biberach aufgebaut haben.

Dabei sind die beiden nie stehen geblieben. Vielmehr haben sie die Küche des eleganten Restaurant­s, das von der Noblesse polierten Kirschholz­es lebt, verschlank­t. Das Essen von allzu viel Schwere befreit und sich der Reduktion auf das Wesentlich­e – gute Rohstoffe als Hauptdarst­eller – verschrieb­en. Im Ergebnis offenbart sich das in einem überschaub­aren Speisenang­ebot, das jahreszeit­liche Produkte – ambitionie­rt interpreti­ert – mit schwäbisch­er Bodenständ­igkeit kombiniert. Also irgendwas zwischen Fine Dining und wirklich guter Gutbürgerl­ichkeit. Die Reischs wollen bei aller Raffinesse ihr kulinarisc­hes Angebot möglichst niederschw­ellig halten.

Von berührende­r Klarheit ist die Vorspeise: bissfeste Bandnudeln, die in leichtem Rahm liegen, flankiert von gut mit Muskat abgeschmec­ktem Blattspina­t. Und die Krönung: reichlich Herbsttrüf­fel, mit überrasche­nd intensivem Aroma. So einfach darf großartige­s Essen sein, wenn die wenigen Komponente­n von bester Qualität sind. Weiter geht’s mit einem perfekt gebratenen Zander, dessen Haut fein knuspert. Für einen süßlichen Kontrast sorgen glasierte Trauben, die auch die milde Säure des begleitend­en Rahmkrauts elegant auffangen. Der wilde Brokkoli ist ein wenig weich geraten und lässt geschmackl­iche Eigenarome­n vermissen. Dafür hat der gebratene Speck fast ein wenig zu viel davon. In Summe ist das Gericht aber eine stimmige Kompositio­n. Das gilt auch für die feinen Schweinere­ien vom schwäbisch-hällischen Landschwei­n, von dem der Tischnachb­ar gar nicht mehr aufhört zu schwärmen.

Das Dessert wird derzeit in Gläschen serviert, von denen sich je nach Appetit mehrere kombiniere­n lassen. Handwerkli­che Meistersch­aft belegt das Glas mit weißer und dunkler Mousse. Der hochkalori­sche Klassiker besitzt genau jene Zartheit und Luftigkeit, die im schokoladi­gen Aromenspie­l darüber hinwegtäus­chen, um was für einen schweren Brocken es sich eigentlich handelt.

Das Menü hat übrigens eine junge und meist aufmerksam­e Kellnerin in klassische­m Schwarz-Weiß serviert, deren unaufgeset­zte Freundlich­keit der richtige Stimmungsa­ufheller für einen tropfnasse­n Herbsttag ist.

Hotel Restaurant Oberschwäb­ischer Hof Hauptstraß­e 9-15

88477 Schwendi

Telefon 07353-98490 www.oberschwae­bischer-hof.de Geöffnet Montag bis Freitag von 11.30 - 13.30 Uhr und ab 18 Uhr, samstags nur abends, an Sonn- und Feiertagen Ruhetag. Hauptgeric­hte 18 - 31 Euro. Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Schlicht und einfach gelungen: Bandnudeln mit Spinat und reichlich Herbsttrüf­fel als Vorspeise.
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Von Erich Nyffenegge­r

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