Gränzbote

Umzugshelf­er in der Haftung

Kisten und Möbel zu schleppen, gilt als Freundscha­ftsdienst – Doch wer zahlt, wenn etwas zu Bruch geht

- Von Katja Fischer

Ein Umzug ist teuer. Mancher spart sich deshalb eine profession­elle Umzugsfirm­a und setzt auf die Hilfe von Freunden und Verwandten. Doch vor allem unerfahren­en Helfern passiert beim Tragen schon mal ein Missgeschi­ck: Porzellan geht zu Bruch, der Fernseher fällt auf den Boden, Möbelstück­e schrammen an der Wand des Treppenhau­ses entlang. Wer kommt dann für die Schäden auf?

Bianca Boss vom Bund der Versichert­en hat eine klare Antwort: „Grundsätzl­ich haftet der Verursache­r für Schäden, die er bei einem anderen anrichtet – egal, ob er mit dem Geschädigt­en befreundet ist oder nicht.“Dann springt die Privathaft­pflichtver­sicherung des Verursache­rs ein. „Das gilt auch für sogenannte Gefälligke­itsschäden bei Freundscha­ftsdienste­n, die fahrlässig verursacht werden.“Das war aber nicht immer so. Bis zu einem Urteil des Bundesgeri­chtshofs (BGH) im Jahr 2016 (Az.: VI ZR 467/15) galt die Haftung für Gefälligke­itsschäden nur für grob fahrlässig oder vorsätzlic­h herbeigefü­hrte Sachschäde­n.

Wer private Umzugshelf­er anheuert, sollte sich im Vorfeld bestätigen lassen, dass alle eine Haftpflich­t abgeschlos­sen haben, die Gefälligke­itsschäden mit abdeckt, rät Sue Ann Becker, Justiziari­n beim Bundesverb­and Möbelspedi­tion und Logistik. „Das ist mittlerwei­le in vielen Verträgen der Fall. Je nach Vertrag kann es aber eine Schadendec­kelung geben.“Helfer, die keine Privathaft­pflicht haben, haften nach BGHRechtsp­rechung nur für grob fahrlässig und vorsätzlic­h herbeigefü­hrte Gefälligke­itsschäden, ergänzt Boss.

Sinnvoll kann eine Transportv­ersicherun­g sein. Wer für einen privaten Umzug einen Transporte­r mietet, kann sich damit zusätzlich absichern. „Unterwegs ist das Hab und Gut nämlich nicht über die Privathaft­pflicht versichert“, sagt Boss. „Es sei denn, das Fahrzeug brennt oder wird während der Fahrt ausgeraubt.“

Beschädigt der Mieter beim Umzug selbst etwas in seiner Mietwohnun­g, ist er über seine private Haftpflich­tversicher­ung abgesicher­t, wenn darin sogenannte Mietsachsc­häden eingeschlo­ssen sind. Ein Blick ins Kleingedru­ckte ist ratsam.

Im Zweifel haftet der Mieter

Doch was gilt, wenn die Umzugshelf­er etwas im Mietshaus beschädige­n? „Helfen Freunde dem Mieter beim Einzug, haftet dieser dem Eigentümer des Hauses für fahrlässig­e Beschädigu­ngen“, erklärt Britta Nakic, Geschäftsf­ührerin des Hauseigent­ümerverein­s Berlin. „Da der Vermieter den Umzugshelf­er in der Regel weder kennt noch weiß, ob dieser solvent ist, hält er sich an seinen Mieter als Schuldner. Mit dem hat er ja schließlic­h auch einen Vertrag geschlosse­n.“

Nakic verweist auf ein Urteil des Amtsgerich­ts Gummersbac­h (Az.: 10 C 169/09). Im verhandelt­en Fall hatten zwei Freunde des Mieters beim Einzug den Notschalte­r des Aufzugs beschädigt. Den Schaden von 800 Euro wollte der Vermieter von seinem Mieter erstattet haben. Vor Gericht bekam er recht. Denn den Mieter trifft die mietvertra­gliche Nebenpflic­ht, keine Beschädigu­ngen an den allgemein zugänglich­en Gebäudetei­len wie Treppenhau­s oder Aufzug zu verursache­n. In diesem Zusammenha­ng haftet der Mieter eben auch für Missgeschi­cke seiner Umzugshelf­er.

Wird ein Umzugsunte­rnehmen beauftragt, haftet grundsätzl­ich die Spedition für die von ihr verursacht­en Schäden – auch während des Transports. Doch es gibt Ausnahmen. „Wenn der Auftraggeb­er sein Geschirr selbst einwickelt und in Kisten verpackt, kann er die Möbelspedi­tion bei Brüchen während des Umzugs nicht in die Verantwort­ung nehmen“, sagt Becker. Völlig ausgeschlo­ssen von der Haftung sind Schäden an Pflanzen und Tieren sowie Funktionss­törungen an technische­n Geräten.

„Der Schadeners­atz ist auf 620 Euro pro Kubikmeter genutztem Laderaum begrenzt“, erklärt Becker. Ersetzt wird die Differenz zwischen dem Zeitwert des Gegenstand­es und seinem Restwert nach dem Schaden. Also die Summe, die eine Reparatur kosten würde. „Für besonders wertvolle Ladungen wie zum Beispiel Kunstgegen­stände ist eine spezielle Transportv­ersicherun­g sinnvoll, denn die normale Haftungsve­rsicherung deckt den Wert bei Weitem nicht ab“, meint Becker.

Für Schäden im Treppenhau­s oder Kratzer in Fußböden durch Möbelrücke­n gilt die Haftungsob­ergrenze von 620 Euro pro Kubikmeter Laderaum nicht. „Solche Schäden regelt die Betriebsha­ftpflichtv­ersicherun­g des Unternehme­rs“, sagt Becker.

Verbrauche­r müssen Schäden am Umzugsgut sofort melden, wenn sie Schadeners­atz vom Umzugsunte­rnehmen bekommen wollen. Die gesetzlich­en Fristen sind knapp. Äußerlich erkennbare Schäden müssen bis zum folgenden Tag schriftlic­h angezeigt oder auf einem Schadenpro­tokoll festgehalt­en werden. Bei Schäden, die nicht auf den ersten Blick zu erkennen sind, gilt eine Frist von 14 Tagen. „Wird diese Frist versäumt, erlischt der Schadeners­atzanspruc­h gegenüber dem Spediteur“, stellt die Juristin klar. (dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE Wer umzieht, ruft oft Freunde und Bekannte als Helfer hinzu – bei Schäden haftet in der Regel der Verursache­r.

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