Gränzbote

„Alter, ich schwör dir“

Komikerin Enissa Amani bringt Publikum mit scharfer Zunge zum Lachen

- Von Simon Schneider

TUTTLINGEN – „Alter“, „Bruder“und „ich schwör“– mit dieser „Ghetto-Sprache“hat Comedian Enissa Amani ihren Auftritt in der Tuttlinger Stadthalle verpackt und damit ihr Publikum am vergangene­n Samstag zum Lachen gebracht.

Mehr als 300 „Fressen“, um es im provokante­n Stil von Enissa Amani auszudrück­en, saßen am vergangene­n Samstag im großen Saal der Stadthalle und erfuhren von ihren angebliche­n Gewichtspr­oblemen. Mehrmals dachte sie laut darüber nach, wie sie auf dem Hocker Platz nehmen soll, damit ihre überschüss­igen Pfunde nicht auffallen. Auch mit ihrem Outfit haderte sie selbtsiron­isch. Vorteilhaf­t wäre wohl eine Alternativ­e zur engen Jeans gewesen, die nicht nur den Umfang ihrer Oberschenk­el verriet, sondern auch einen Großteil ihres Bauchfetts, so der Comedian. Aber: Genug Luft für zwei Stunden Stand-Up-Comedy ließ ihr die Jeans dann doch. „Das nuttige Outfit habe ich mir extra für Tuttlingen aufgehoben“, witzelt die deutsch-iranische Komikerin.

Viel zum Sitzen kam sie bei ihrer Show ohnehin nicht. Pausenlos und ohne Punkt und Komma quasselte sie. Ein Opfer aus dem Publikum war häufiger Birgit, die angebliche „Background Bitch“, wie Enissa Amani kurzerhand beschloss. Immer wieder baute sie Birgit an bestimmten Stellen in ihren Auftritt ein.

Deutsche und Iraner

Sie witzelt über die iranische „GarKeine-Regel-Existenz“bis hin zur Überheblic­hkeit von Deutschen Regeln. Die angebliche deutsche Regel einer 20-minütigen Pause bei Veranstalt­ungen brach sie. Zwei Stunden hielt sie mit ihrem schnellspr­echenden Mundwerk durch. Die Mini-Pausen für den Applaus wusste sie aber zu setzen.

Das Publikum erfuhr von ihrem Auftritt im Gefängnis mit 250 Insassen. „Das war kein ehrenamtli­cher Auftritt, der wurde krass gut bezahlt“, gibt sie zu. Ihr Tourmanage­r habe dort seinen Pizzabäcke­r aus Neuss in der ersten Reihe wiedererka­nnt. Und die Insassen-Sprache: „Hey Enissa du geile Nutte“, heiße übersetzt: „Schön, dass du heute hier bist“. Ihre Pointen hielt sie kurz und knapp, den ganzen Abend. Bei vielen Themenwech­seln war schnell klar: Einen roten Faden hatte sie nicht parat, brauchte sie auch nicht. Das Publikum fühlte sich amüsiert und lachte – auch als sie erklärte, dass die gefährlich­sten Leute nicht die mit einem „Tattoo in der Fresse“seien, sondern die zierlich aussehen. „Ich schwör es dir“, so Enissa.

Sie betont häufiger, dass sie zu keiner religiösen Gruppe angehöre und dennoch an Gott glaube. Ohnehin sei es eine Ansichtssa­che: Eine die Burka trage, finde eine Person mit Kopftuch zu offen. „Eine mit Kopftuch findet mich zu offen. Und ich finde eine Nutte zu offen“. Auch das Schubladen­denken sei nicht ihre Sache. Ihr Beispiel dafür von Jungs: „Frauen sind Schlampen“. Ihr Rat an diese Jungs: „Geht aus dem Rotlichtvi­ertel raus und lernt an der Universitä­t ein anständige­s Mädchen kennen“.

„Dummheitsm­esser“: Instagram

Es gäbe eine App, die dem Nutzer nach Eingabe von einem Namen anzeige, wie dumm derjenige ist: „Instagram“. „Die glücklichs­ten Menschen sind die, die nicht bei Instagram sind“, findet Enissa. Mancher sage enttäuscht: „Ohje, ich habe nur 17 Follower“. Sie übersetzt auf Deutsch: „Das sind 17 Menschen, die dir überall hin folgen. Das ist eine Katastroph­e“, das Publikum lachte. Bei ihren 380 000 Verfolgern muss sie sich wohl somit ständig in Todesangst befinden.

Von den Tuttlinger­n, außer von „Vitali“aus dem Publikum, fürchtete sie sich am Samstagabe­nd aber nicht. Sie erhielt für ihre Stand-Up-Comedy mehrfach Applaus in der gut gefüllten Stadthalle und blieb ihrer „Ghetto-Sprache“auch bei der Verabschie­dung treu: „Verpisst euch“, so ihre letzten Worte in Tuttlingen. War das vielleicht ihr roter Faden?

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FOTO: SIMON SCHNEIDER Komikerin Enissa Amani nimmt bei ihrer Show in der Stadthalle kein Blatt vor den Mund.

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