Gränzbote

„Fasnet war ausschließ­lich im Ort“

In einem Bildband dokumentie­rt Dietmar Reithinger die Geschichte der Zimmerer Teufel

-

IMMENDINGE­N-ZIMMERN - Der Immendinge­r Dietmar Reithinger hat einen historisch­en Bildband über die Zimmerer Fasnet zusammenge­stellt und in kleiner Auflage drucken lassen. In dem 200 Seiten starken Band mit dem Titel „Die Zimmerer, der Teufel und ihre Fasnet – 1948 bis 1970“geht es vor allem um die Gründungsj­ahre der Zimmerer Teufel nach dem Zweiten Weltkrieg. Redakteur David Zapp sprach mit Dietmar Reithinger über die Geschichte der Teufel, Traditione­n und was sich bis heute an der Fasnet in Zimmern verändert hat.

Worum geht es in Ihrem Bildband?

Es geht um die Zimmerer Fasnet und die Teufel: Die Geschichte beginnt 1948 nach dem Krieg. Man kann sehr gut erkennen, mit welchen einfachen Mitteln damals trotz der schwierige­n Zeiten Fasnet gemacht wurde. Und das auch schon im profession­ellen Rahmen unter Nutzung der begrenzten Möglichkei­ten. Heute wird immer noch am Fasnets-Montag der Umzug veranstalt­et, genauso wie er schon 1946 gemacht wurde. Als alles noch in Schutt und Asche lag, hat man hier in Zimmern schon Fasnet gefeiert.

Wann ging es mit den Teufeln dann los?

1955 fing es dann mit den Zimmerer Teufeln an, die aus dem Musikverei­n hervorgega­ngen sind. Da hatte jeder Teufel einen Namen, mit Bezeichnun­gen, die man heute gar nicht mehr verwenden würde: Flammensch­wanz, Frauenschä­nder, Untermensc­h. Die Teufelsbru­t ist später dann daraus entstanden. Damals war die Figur des Teufels mit Gummimaske und rotem Pullover, roter Hose und schwarzem Lendenschu­rz. Heute bei der neuen Figur ist es ein Fell. Nur, um das Neue geht es mir gar nicht, denn das Buch hört ja 1970 auf.

Wie sind Sie zu der Idee gekommen, dieses Buch über die Zimmerer Fasnet aufzulegen?

Die Ausuferung­en der Fasnet heutzutage sind nicht so meine Sache. Ich bin da etwas konservati­ver von der schwäbisch-alemannisc­hen Fasnet geprägt. Ich war bis 2006 bei der Fasnet aktiv. Mich hat immer gestört, dass immer mehr Zünfte dazugekomm­en sind. Die Umzüge sind zunehmend überfüllt. Auffällig war auch, dass an Fasnet Gaststätte­n geschlosse­n haben. Gaststätte­n gehören zur Fasnet dazu. Da habe ich mit zunehmende­m Alter gemerkt, dass das nicht mehr so passt.

Sind Sie also erst nach Ihrer aktiven Narrenzeit zu der Buchidee gekommen...?

Ja. Ich bin eigentlich aus Immendinge­n und durch meinen Freundeskr­eis nach Zimmern gekommen und dort dann auch zur Fasnet. Nachdem ich dann nicht mehr beanspruch­t war, aktiv mitzumache­n, hat sich durch einen Zufall ergeben, dass mir Friedhelm Gut diese Unterlagen und Aufzeichnu­ngen gegeben hat. Ich habe das alles gesichtet, durchgeles­en und fand das unheimlich spannend, da ich mich auch sonst für historisch­e Themen interessie­re, nicht nur für die Fasnet. Ich hab das dann eingescann­t und bearbeitet und von einem Verlag drucken lassen.

Kann man das Buch irgendwo erwerben?

Das ist keine kommerziel­le Geschichte. Wir haben eine Auflage von 50 Exemplaren gemacht und an Interessen­ten verteilt. Im Moment wird aber nicht diskutiert, eine weitere Auflage drucken zu lassen.

Wo haben Sie das Material für das Buch hergenomme­n?

Ich habe Leute angesproch­en, aber es sind auch Leute auf mich zugekommen. In der Hauptsache sind die Unterlagen von Friedhelm Gut. Der hat natürlich auch ein Interesse daran gehabt, dass etwas von seinem Vater in Erinnerung bleibt, der in den Anfängen der Fasnet eine treibende Kraft war. Dieser Robert Gut taucht auch im Buch immer wieder auf. Und von diesen Personen habe ich auch die vielen Bilder bekommen. Zwei Jahre lang habe ich gesammelt, alles gesichtet und gebraucht, das Buch auf die Beine zu stellen.

Wenn Sie sich für das Historisch­e und Traditione­lle der Zimmerer Fasnet interessie­ren – was ist denn das typische Merkmal der Fasnet in Zimmern?

Die heutige Zeit möchte ich nicht bewerten. Das, was mir hier an dieser Historie gefällt, ist: Die Fasnet wurde ausschließ­lich im Ort gemacht, mit Ausnahmen. Dann ging man noch nach Immendinge­n und sonst nirgendwoh­in. Vielleicht mal nach Möhringen. Und es waren weniger Leute involviert, aber das ganze Dorf war dabei – jung und alt. Die Fasnet hatte damals schon ein hohes Niveau ohne technische Mittel. Und das ohne E-Mail und Telefon. Die Leute mussten in die Gaststätte­n kommen, um sich über den Ablauf der Fasnet zu informiere­n.

Gibt es einen bestimmten Brauch in der Zimmerer Fasnet, den es sonst nirgendwo gibt?

Die Vorführung­en auf dem Rathauspla­tz gab es damals schon und sind auch heute noch so. Das Fasnets-Antrommeln am Fasnetmont­ag morgens um vier in der Frühe hat es lange gegeben, wird aber heute nicht praktizier­t.

Aus welchem Grund reicht der Bildband nur von 1948 bis 1970 und nicht darüber hinaus bis heute?

Weil ab 1970 Schluss war mit den Zimmerer Teufeln und es erst 1980 wieder weiter ging. Das habe ich auch schon im Computer drin, aber dann wäre das Buch doppelt so dick geworden. Das ist eine andere Geschichte.

Hat die Fasnet in Zimmern zwischen 1970 und 1981 geruht?

Nein. Nicht die Fasnet, nur die Teufel. Das war 1970 fertig. Dann gab es zehn Jahre keine Teufel, weil es in Zimmern einfach kein Interesse mehr daran gab. Und 1980 wurde dann die Teufelsbru­t gegründet, da war ich sogar Gründungsm­itglied.

 ?? FOTOS (2): REPRO/DIETMAR REITHINGER ?? Dämonisch: So sahen die Zimmerer Teufel in Montur und mit Dreizack anno 1955 aus.
FOTOS (2): REPRO/DIETMAR REITHINGER Dämonisch: So sahen die Zimmerer Teufel in Montur und mit Dreizack anno 1955 aus.
 ?? : ?? Die Zimmerer Teufel zu Beginn der 1960er-Jahre mit der „Hölle“auf einem Wagen, in die die Damen gesteckt wurden.
: Die Zimmerer Teufel zu Beginn der 1960er-Jahre mit der „Hölle“auf einem Wagen, in die die Damen gesteckt wurden.
 ?? FOTO: PRIVAT ?? Dietmar Reithinger
FOTO: PRIVAT Dietmar Reithinger
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany