Verbeugung vor dem Sachzwang
Deutlicher als in der Spaichingen Stadthalle hätte sich die Distanz von Politik und Bevölkerung nicht zeigen können. Zwar hatten sich einige Kreisräte und Bürgermeister im Saal unter die Menge gemischt. Aber im Grunde waren die ersten beiden Reihen besetzt mit Kreispolitikern, -mitarbeitern und -beschäftigten; wie ein Bollwerk zum Podium, dahinter die Masse der aufgebrachten Bürger. Das Verhältnis 10:90.
Genauso wirkte die Art der Argumentation – fast so, als ob die Verantwortlichen die Waffen streckten, seufzend, dass man gegen Sachzwänge nichts machen kann, leider, leider. Sachzwänge, technokratische Argumentationsketten, kein Funke von echtem Gestaltungswillen. Und genau den und politische Regsamkeit wünschen sich die Bürger.
Geradezu schäbig ist das – von wem auch immer lancierte Narrativ, das in den vergangenen Tagen immer wieder durchscheint, manchmal in einem unerträglich paternalistischen Ton, etwa von der grünen Kreistagsfraktion: Da wollten Wutbürger ihre Besitzstände wahren, auf Kosten der Allgemeinheit. Das Gegenteil ist der Fall. Plakate, Wortmeldungen, viele Diskussionen zeigen: Den Schließungsgegnern geht es um das Gesamtklinikum, um alle Beschäftigten, um alle Kranken. Nur: Diese sturen Nordkreisler und ihre Freunde aus dem Südkreis wollen eben alle offenen Fragen geklärt haben und nicht brav hinter einem bereits in den Gremien eingefädelten Szenario herlaufen. Genau, sie denken selber und loten das aus, was eigentlich der Job von Politik ist: Möglichkeiten suchen und finden. Es kam nicht wirklich zum Dialog darüber.
Übrigens: Dem Landrat und dem Vertreter der AOK konnte man abnehmen, dass sie sich bemühen, aus der Sachzwangfalle heraus zu denken. Den anderen Podiumsteilnehmern nicht.