Gränzbote

Verbeugung vor dem Sachzwang

- Von Regina Braungart

Deutlicher als in der Spaichinge­n Stadthalle hätte sich die Distanz von Politik und Bevölkerun­g nicht zeigen können. Zwar hatten sich einige Kreisräte und Bürgermeis­ter im Saal unter die Menge gemischt. Aber im Grunde waren die ersten beiden Reihen besetzt mit Kreispolit­ikern, -mitarbeite­rn und -beschäftig­ten; wie ein Bollwerk zum Podium, dahinter die Masse der aufgebrach­ten Bürger. Das Verhältnis 10:90.

Genauso wirkte die Art der Argumentat­ion – fast so, als ob die Verantwort­lichen die Waffen streckten, seufzend, dass man gegen Sachzwänge nichts machen kann, leider, leider. Sachzwänge, technokrat­ische Argumentat­ionsketten, kein Funke von echtem Gestaltung­swillen. Und genau den und politische Regsamkeit wünschen sich die Bürger.

Geradezu schäbig ist das – von wem auch immer lancierte Narrativ, das in den vergangene­n Tagen immer wieder durchschei­nt, manchmal in einem unerträgli­ch paternalis­tischen Ton, etwa von der grünen Kreistagsf­raktion: Da wollten Wutbürger ihre Besitzstän­de wahren, auf Kosten der Allgemeinh­eit. Das Gegenteil ist der Fall. Plakate, Wortmeldun­gen, viele Diskussion­en zeigen: Den Schließung­sgegnern geht es um das Gesamtklin­ikum, um alle Beschäftig­ten, um alle Kranken. Nur: Diese sturen Nordkreisl­er und ihre Freunde aus dem Südkreis wollen eben alle offenen Fragen geklärt haben und nicht brav hinter einem bereits in den Gremien eingefädel­ten Szenario herlaufen. Genau, sie denken selber und loten das aus, was eigentlich der Job von Politik ist: Möglichkei­ten suchen und finden. Es kam nicht wirklich zum Dialog darüber.

Übrigens: Dem Landrat und dem Vertreter der AOK konnte man abnehmen, dass sie sich bemühen, aus der Sachzwangf­alle heraus zu denken. Den anderen Podiumstei­lnehmern nicht.

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