Friedensgipfel mit Seitenhieben
CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer zufrieden mit Werkstattgesprächen – Lob aus der Union
BERLIN (dpa) - Es ist ein Wohlfühltermin für Angela Merkel, wie es ihn nur selten im Regierungsalltag gibt. Als „Blumenfee“Lea Ehlers Merkel im Kanzleramt den bunten Blumengruß mit Ranunkeln, Hyazinthen und Forsythienzweigen des Zentralverbands Gartenbau zum Valentinstag überreicht, wirkt Merkel gelöst. Sie scherzt und lächelt. Keine zwei Kilometer Luftlinie entfernt brüten zu dieser Zeit am Montag noch gut 100 Parteifreunde, Praktiker und Wissenschaftler im Adenauerhaus über den Resultaten eines zweitägigen Werkstattgespräches.
Bei dem Treffen geht es um das Thema, mit dem Merkel und der damalige CSU-Chef Horst Seehofer beinahe die Unionsehe und noch dazu auch die ohnehin labile schwarzrote Koalition gesprengt hätten. Und es geht darum, zu verhindern, dass das schwierige Migrations-Erbe Merkels zum Trauma der Union wird. So, wie die Hartz-IV-Reformen des damaligen SPD-Kanzlers Gerhard Schröder für die Sozialdemokraten.
Streit soll nicht mehr aufflammen
Merkel, Seehofer und der damalige Innenminister Thomas de Maizière sind bewusst nicht zu den Debatten in der CDU-Zentrale eingeladen. Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer will eine offene Debatte ermöglichen – und verhindern, dass der persönliche Streit zwischen Merkel und Seehofer wieder aufflammt.
Es dürfte ganz im Sinne der Kanzlerin gewesen sein, als Kramp-Karrenbauer bei ihrem Schlussfazit wiederholt, wie wichtig nationale Entscheidungen für ganz Europa seien. Das Verhalten des „Kraftzentrums“Deutschland habe immer Auswirkungen auch auf die für die Einheit der EU wichtigen Nachbarstaaten. Das dürfte als Seitenhieb auf Seehofer gedacht gewesen sein, der im vergangenen Sommer mit seinem Plädoyer für einen nationalen Alleingang an den deutschen Grenzen das Zerwürfnis zwischen CDU und CSU vorangetrieben hatte.
Auch eine wenig versteckte Kritik an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) bringt Kramp-Karrenbauer unter. Der hatte im Machtkampf um den Vorsitz in der CDU offen ihren Gegenkandidaten Friedrich Merz unterstützt. Die Premiere des Werkstattgespräches sei wirklich gelungen, schwärmt Kramp-Karrenbauer überschwänglich. Obwohl man im Vorfeld Zweifel gehört habe, ob solch ein Format nötig sei.
Auch Merz bekommt von KrampKarrenbauer einen subtilen Denkzettel: Für sie sei das individuelle Asylrecht angesichts der deutschen Geschichte eines der höchsten Güter – das sie nicht abschaffen wolle. Merz hatte laut über Änderungen nachgedacht. Zugleich fand sie harte Worte für jene, die das Asylrecht missbrauchen: „Wir sind kein Rechtsstaat, der sich auf der Nase herumtanzen lässt.“Das wird den besonders Konservativen in CDU und CSU gefallen haben. Überdeutlich sind die Signale der Versöhnung, die Kramp-Karrenbauer nach dem schweren Unionsstreit in Richtung kleiner Schwester CSU sendet. Gemeinsam sei man in der Lage, den verunsicherten Menschen in Deutschland eine Kombination aus Humanität und Härte im Umgang mit Migranten zu vermitteln. So könne man dazu beitragen, dass das Thema Migration „nicht zum Spaltpilz in der Gesellschaft wird“. Alles müsse daran gesetzt werden, dass sich eine Situation wie 2015 nicht wiederhole, versichert die CDU-Chefin. „Wir müssen deutlich machen: Wir haben unsere Lektion gelernt.“
Wahljahr wird zum Härtetest
Ist der Union nun wirklich ein Therapietreffen gegen das Trauma Migration gelungen? Selbst ein ausgewiesener Merkel-Kritiker wie der Chef der erzkonservativen Werteunion innerhalb von CDU und CSU, Alexander Mitsch, spricht von einem wichtigen ersten Schritt, mit dem sich die CDU die Chance eröffne, Vertrauen zurückzugewinnen. Auch der Chef des Unions-Mittelstands, Carsten Linnemann, zeigt sich vom Format des Werkstattgesprächs und den Ergebnissen begeistert. Diese Einbindung von praktischem Sachverstand könne für die CDU auch Vorbild für die Diskussion über andere Themen sein. Entscheidend sei nun aber, dass die Lehren aus dem Treffen umgesetzt würden. Wie lange der Frieden zwischen CDU und CSU bei diesem Thema hält, dürfte sich spätestens nach der Europawahl Ende Mai und den schwierigen Wahlen im Osten des Landes im Herbst zeigen.