Unbekannter Hund reißt Reh
Verantwortliche sehen in Angriff Einzelfall – trotzdem fordern sie Hundehalter zur Vorsicht auf
GOSHEIM - Die Spuren haben aus dem Wald auf die freie Fläche in der Nähe des Bildungszentrums Gosheim geführt. Kürzlich hat Jagdpächter Alexander Weiß ein gerissenes Reh am Fuße des Lemberg gefunden – er ist sich sicher, dass es ein Hund gewesen sein muss. „Der Hergang der Hatz und die Uhrzeit schließen einen Wolf oder einen Luchs aus“, sagt Weiß.
Der Jäger weiß nicht, ob es einen Hundehalter gibt. Er tippt auf Nein: Zwei Wochen vor dem Zwischenfall habe er nämlich bereits einen großen Hund an gleicher Stelle gesehen. Vermutlich derselbe, der das Reh gerissen hat. „Der Hund war damals allein auf mich zugekommen, verzog sich dann aber“, berichtet Weiß. Er und die Pächter in den angrenzenden Gebieten haben seither keine weiteren getöteten Tiere gefunden. „Es könnte sein, dass dieser Hund noch mehr gerissen hat“, sagt Weiß. Kadaver könnten unter der Schneedecke liegen oder von Füchsen entfernt worden sein.
Nachdem das Reh gerissen wurde, hat Weiß Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Nicht, um jemand an
den Pranger zu stellen – „aber um den Fall öffentlich zu machen“. Ein großes Problem für das Wild sieht er in Hunden jedoch nicht. „Das sind nur Einzelfälle“, sagt Weiß. „Ich will trotzdem, dass sich Hundehalter der Gefahr bewusst sind.“Vor allem im Frühjahr sollten Hunde an die Leine, so Weiß. Wenn das Wild trächtig ist,
sei jede Störung purer Stress für das Tier. „Neun von zehn Hunden sind ja harmlos. Die Besitzer sollten ihre Hunde aber kennen und dann auch die Konsequenzen ziehen.“
Das Landesministerium für Umwelt hat innerhalb von drei Jahren 29 Nutztiere gezählt, die von Hunden gerissen wurden. Ein Gefahrenvergleich mit dem Wolf findet Leo Sprich, stellvertretender Leiter des Kreisforstamts Tuttlingen, jedoch unsinnig: „Natürlich passieren mehr Zwischenfälle mit Hunden, auch durch die Angriffe auf Menschen.“Das sei aber der weitaus größeren Anzahl an Hunden geschuldet. „Das ist, als ob man in Baden-Württemberg Unfälle von Kamelen mit denen von Autos vergleichen würde“, sagt Sprich. Auch er kennt keinen weiteren Fall eines reißenden Hundes in den vergangenen Jahren im Landkreis Tuttlingen. Das komme immer mal wieder vor, sagt Sprich. Im Kreis Tuttlingen sei es aber eher selten – genaue Zahlen hat er keine.
„Große Hunde haben einen Jagdinstinkt. Das soll aber keine Entschuldigung sein, solche Vorfälle dürfen nicht passieren“, sagt Sprich. Die Konsequenzen für Halter, deren Hunde Wild oder Nutztiere angreifen, sind normalerweise Bußgelder. Diese können bis zu 120 Euro betragen. Ob Jäger ihr Wild verteidigen und Haustiere erschießen dürfen, sieht Sprich als heikle Angelegenheit: „Früher haben Jäger deutlich mehr Katzen und Hunde erschossen. Mittlerweile ist das strenger – und ein Jäger sollte sich das gut überlegen.“Es müsse einen triftigen Grund für einen Abschuss geben, ansonsten könnte es auch Strafen für den Jäger geben.