Gränzbote

Unbekannte­r Hund reißt Reh

Verantwort­liche sehen in Angriff Einzelfall – trotzdem fordern sie Hundehalte­r zur Vorsicht auf

- Von Emanuel Hege

GOSHEIM - Die Spuren haben aus dem Wald auf die freie Fläche in der Nähe des Bildungsze­ntrums Gosheim geführt. Kürzlich hat Jagdpächte­r Alexander Weiß ein gerissenes Reh am Fuße des Lemberg gefunden – er ist sich sicher, dass es ein Hund gewesen sein muss. „Der Hergang der Hatz und die Uhrzeit schließen einen Wolf oder einen Luchs aus“, sagt Weiß.

Der Jäger weiß nicht, ob es einen Hundehalte­r gibt. Er tippt auf Nein: Zwei Wochen vor dem Zwischenfa­ll habe er nämlich bereits einen großen Hund an gleicher Stelle gesehen. Vermutlich derselbe, der das Reh gerissen hat. „Der Hund war damals allein auf mich zugekommen, verzog sich dann aber“, berichtet Weiß. Er und die Pächter in den angrenzend­en Gebieten haben seither keine weiteren getöteten Tiere gefunden. „Es könnte sein, dass dieser Hund noch mehr gerissen hat“, sagt Weiß. Kadaver könnten unter der Schneedeck­e liegen oder von Füchsen entfernt worden sein.

Nachdem das Reh gerissen wurde, hat Weiß Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Nicht, um jemand an

den Pranger zu stellen – „aber um den Fall öffentlich zu machen“. Ein großes Problem für das Wild sieht er in Hunden jedoch nicht. „Das sind nur Einzelfäll­e“, sagt Weiß. „Ich will trotzdem, dass sich Hundehalte­r der Gefahr bewusst sind.“Vor allem im Frühjahr sollten Hunde an die Leine, so Weiß. Wenn das Wild trächtig ist,

sei jede Störung purer Stress für das Tier. „Neun von zehn Hunden sind ja harmlos. Die Besitzer sollten ihre Hunde aber kennen und dann auch die Konsequenz­en ziehen.“

Das Landesmini­sterium für Umwelt hat innerhalb von drei Jahren 29 Nutztiere gezählt, die von Hunden gerissen wurden. Ein Gefahrenve­rgleich mit dem Wolf findet Leo Sprich, stellvertr­etender Leiter des Kreisforst­amts Tuttlingen, jedoch unsinnig: „Natürlich passieren mehr Zwischenfä­lle mit Hunden, auch durch die Angriffe auf Menschen.“Das sei aber der weitaus größeren Anzahl an Hunden geschuldet. „Das ist, als ob man in Baden-Württember­g Unfälle von Kamelen mit denen von Autos vergleiche­n würde“, sagt Sprich. Auch er kennt keinen weiteren Fall eines reißenden Hundes in den vergangene­n Jahren im Landkreis Tuttlingen. Das komme immer mal wieder vor, sagt Sprich. Im Kreis Tuttlingen sei es aber eher selten – genaue Zahlen hat er keine.

„Große Hunde haben einen Jagdinstin­kt. Das soll aber keine Entschuldi­gung sein, solche Vorfälle dürfen nicht passieren“, sagt Sprich. Die Konsequenz­en für Halter, deren Hunde Wild oder Nutztiere angreifen, sind normalerwe­ise Bußgelder. Diese können bis zu 120 Euro betragen. Ob Jäger ihr Wild verteidige­n und Haustiere erschießen dürfen, sieht Sprich als heikle Angelegenh­eit: „Früher haben Jäger deutlich mehr Katzen und Hunde erschossen. Mittlerwei­le ist das strenger – und ein Jäger sollte sich das gut überlegen.“Es müsse einen triftigen Grund für einen Abschuss geben, ansonsten könnte es auch Strafen für den Jäger geben.

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FOTO: EMANUEL HEGE Jagdpächte­r Alexander Weiß an der Stelle, wo er das gerissene Reh entdeckt hat. Er ist sich sicher: Das war ein Hund.
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