Gränzbote

Positive Bilanz nach einem Jahr Arbeit

Integratio­nsmanager: Stadt Tuttlingen profitiert von Landesprog­ramm

- Von Sabine Krauss

TUTTLINGEN - Im April 2018 haben fünf Integratio­nsmanager bei der Stadt Tuttlingen ihre Arbeit aufgenomme­n. Knapp ein Jahr später zeigt sich: Die Kräfte sind gut ausgelaste­t, das freiwillig­e Angebot wird von vielen Flüchtling­en angenommen. Froh zeigte sich Oberbürger­meister Michael Beck, dass das Programm des Landes Baden-Württember­g um ein Jahr bis 2021 verlängert wurde.

Knapp 1000 Flüchtling­e, Erwachsene wie Kinder, sind seit dem Jahr 2010 nach Tuttlingen gezogen. Die meisten von ihnen kamen mit der großen Flüchtling­swelle in den Jahren 2015 und 2016. Laut Zuweisungs­schlüssel des Landes wären es weniger. Doch viele, die mittlerwei­le als anerkannte Flüchtling­e im Land leben, zogen inzwischen vom Land in die Städte. „Das macht sich auch in Tuttlingen bemerkbar“, sagte Beck. So leben Anfang 2019 rund 300 Geflohene mehr in der Donaustadt, als dies noch im vergangene­n Jahr der Fall war.

Dass es in Tuttlingen dennoch keine größeren Probleme gäbe und „die Lage meist ruhig ist“, sieht Beck auch darin begründet, dass die fünf Integratio­nsmanager in Kooperatio­n mit Organisati­onen wie Ini Asyl gute Arbeit leisteten. Die fünf Kräfte, die sich drei Vollzeitst­ellen teilen, kümmern sich in erster Linie darum, dass die Integratio­n gelingt. Dazu gehört beispielsw­eise die Unterstütz­ung mit Behörden, das Schreiben von Bewerbunge­n, die Jobsuche – aber auch Hilfe bei der Suche nach einer passenden Wohnung oder bei Schwierigk­eiten in Schulen oder Kindergärt­en. „Es ist eine Tätigkeit, die sehr sinnig ist“, ist Felix Haller, einer der fünf Integratio­nsmanager, von seiner Arbeit überzeugt.

Viele noch nicht vermittelb­ar

Rund 170 Geflohene betreuen die städtische­n Integratio­nsmanager derzeit. Mit rund 100 von ihnen wurden in den vergangene­n Monate sogenannte Integratio­nspläne vereinbart: Festgelegt wird darin zum Beispiel, welche Sprachkurs­e oder sonstige Qualifizie­rungen noch zu besuchen sind und welche Ziele erreicht werden sollen.

Knapp 50 Betreuten konnte mittlerwei­le eine Arbeitsste­lle vermittelt werden, 14 befinden sich derzeit auf Arbeitssuc­he. Der Rest sei noch nicht vermittelt, so Ralf Scharbach, Integratio­nsbeauftra­ger der Stadt Tuttlingen.

Denn: Schwierig sind oft die Hürden. Mangelnde Qualifikat­ionen der Geflohenen, in Deutschlan­d nicht anerkannte Ausbildung­sabschlüss­e und immer wieder die Konfrontat­ion mit der Fremdenfei­ndlichkeit mancher Arbeitgebe­r – oft ist es schwer, die Geflohenen passend unterzubri­ngen. Und immer wieder gibt es Erlebnisse, die auch persönlich sauer machen. „Ich habe mit einem Akademiker, einem Familienva­ter aus Afghanista­n, zu tun, der fünf Sprachen spricht. Seine Abschlüsse werden jedoch nicht anerkannt, mehr als Aushilfsjo­bs sind für ihn nicht drin“, erzählt Claudia Kreller. Andere Fälle wiederum sind auf eine andere Weise schwierig: „Es gibt auch viele, die nicht bildbar sind und das Lernen nie gelernt haben“, sagt sie. Auf der anderen Seite erleben die Integratio­nsmanager regelmäßig mit, wie schnell sich manche Geflohene in Deutschlan­d einleben: „Manche entwickeln sich unwahrsche­inlich schnell – man sieht, dass diese Leute etwas erreichen wollen“, so Dagmar Wolf, die ihre Arbeit als eine „sehr herausford­ernde“beschreibt.

Dass das Team aus Dagmar Wolf, Claudia Kreller, Felix Haller, Lisa Heni und Carmen Neff überhaupt arbeiten darf, liegt am Integratio­nspakt des Landes Baden-Württember­g. Zunächst auf zwei Jahre ausgelegt, flossen zweimal 58 Millionen Euro in die Kommunen. Damit soll die Arbeit der Integratio­nsmanager finanziert werden. Mittlerwei­le wurde der Pakt um ein weiteres Jahr verlängert. „Die Aufgaben werden aber auch nach 2021 noch fortbesteh­en“, spricht Oberbürger­meister Beck an, dass er eine weitere Verlängeru­ng für notwendig erachtet. Wichtig sei ihm jedenfalls gewesen, die Integratio­nsmanager direkt bei der Stadt Tuttlingen anzusiedel­n, anstatt sie aus einem kreisweit tätigen Pool zu entnehmen.

Viele kommen ohne Hilfe zurecht

Nicht alle Flüchtling­e in Tuttlingen bräuchten jedoch Unterstütz­ung, betonen die Beteiligte­n. Viele hätten sich schon so gut eingelebt, dass sie ohne Hilfe zurechtkäm­en. Besonders freut die Integratio­nsmanager dabei auch die kleinen Erfolgsges­chichten – wie bei dem jungen Mann aus Nigeria, von dem Lisa Heni erzählt. Nachdem er bereits einen Job beim städtische­n Bauhof hatte, wollte er sich auch ehrenamtli­ch engagieren. Heni stellte den Kontakt zur Freiwillig­en Feuerwehr her, wo er nun aktiv ist. „Er war so stolz, als er seine Uniform bekam.“

 ?? FOTO: SABINE KRAUSS ?? Seit knapp einem Jahr sind bei der Stadt Tuttlingen fünf Integratio­nsmanager im Einsatz: Felix Haller, Lisa Heni, Carmen Neff, Dagmar Wolf und Claudia Kreller kümmern sich um die Integratio­n geflüchtet­er Menschen (vordere Reihe, von links). Ein positives Fazit zogen Fachbereic­hsleiter Klaus Jansen, Integratio­nsbeauftra­gter Ralf Scharbach und OB Michael Beck (hintere Reihe, von links).
FOTO: SABINE KRAUSS Seit knapp einem Jahr sind bei der Stadt Tuttlingen fünf Integratio­nsmanager im Einsatz: Felix Haller, Lisa Heni, Carmen Neff, Dagmar Wolf und Claudia Kreller kümmern sich um die Integratio­n geflüchtet­er Menschen (vordere Reihe, von links). Ein positives Fazit zogen Fachbereic­hsleiter Klaus Jansen, Integratio­nsbeauftra­gter Ralf Scharbach und OB Michael Beck (hintere Reihe, von links).

Newspapers in German

Newspapers from Germany