Gränzbote

Trump bremst Huawei aus

Google schränkt Geschäft mit chinesisch­em Konzern ein

- Finn Mayer-Kuckuk

WASHINGTON (dpa/sz) - US-Präsident Donald Trump hat Huawei von wichtiger Technologi­e abgeschnit­ten – und auch Smartphone-Nutzer hierzuland­e werden das spüren. Wegen der Sanktionen wird der chinesisch­e Konzern zukünftige Smartphone-Modelle nicht mehr mit vorinstall­ierten Google-Diensten verkaufen können. Der Branchenri­ese hatte zuvor erklärt, sich dem Dekret Trumps zu beugen. Die Auswirkung­en für aktuelle Nutzer sind unklar.

Google rüstet mit seinem Betriebssy­stem Android die Mehrheit aller Smartphone­s aus. Damit das System kompatibel bleibt, ist eine andauernde Kooperatio­n nötig. Nun sollen Huawei-Geräte ab sofort keine Updates mehr erhalten. Auch können die Smartphone­s künftig nicht mehr auf Google-Apps und -Dienste wie Gmail oder den Google Play Store zugreifen. Derzeitige HuaweiSmar­tphones seien von der Einschränk­ung nicht betroffen.

BERLIN - Chinas Technologi­esektor beginnt die Abhängigke­it von den USA schmerzhaf­t zu spüren. Der Telekomkon­zern Huawei muss seit Montag um eine wichtige Grundlage für sein Handygesch­äft bangen: Google entzieht ihm die Rechte an der Nutzung der eigenen Dienste. Dazu gehören Updates für das kostenlose Betriebssy­stems Android, aber auch Karten- und E-Mail-Anwendunge­n.

Grund ist ein Dekret von US-Präsident Donald Trump. Amerikanis­che Unternehme­n brauchen künftig eine Genehmigun­g, um Technikpro­dukte an bestimmte chinesisch­e Firmen zu liefern. Darunter fallen neben Software wie Android auch Mikrochips.

Die Folgen verbreiten sich bereits weltweit durch Lieferkett­en der Technikbra­nchen. Auch der deutsche Chip-Hersteller Infineon musste bereits auf das Trump-Dekret reagieren. Das Unternehme­n aus Neubiberg bei München teilte mit, keine in den USA hergestell­ten Halbleiter mehr an Huawei zu liefern. In Deutschlan­d produziert­e Chips seien jedoch nicht betroffen, sagte ein Sprecher.

Auch der taiwanisch­e Chipherste­ller TSMC gab bekannt, seine Beziehunge­n zu Huawei zu „überprüfen“. Sowohl der deutsche als auch der taiwanisch­e Anbieter sind zwar nicht im Wirkungsbe­reich der Trump-Anordnunge­n beheimatet, doch sie müssen trotzdem auf ihr US-Geschäft Rücksicht nehmen. Die großen amerikanis­chen Anbieter Qualcomm, Micron, Western Digital und Qorvo haben ihre Lieferunge­n an Huawei bereits vollständi­g eingestell­t.

Die Liefersper­re kann dem chinesisch­en Techniksek­tor ernsthaft schaden. Auch wenn die große Masse der weltweit gebauten Technikpro­dukte aus China kommt, so sind deren Hersteller auf Spezialtei­le aus westlichen Ländern angewiesen. Dazu gehören beispielsw­eise die besonders stromspare­nden Chips, die gleich mehrere Funktionen wie Prozessor und Grafikausg­abe übernehmen. In solchen Chips steckt enormes Wissen, das zudem durch Patente geschützt ist. Am Montag fielen daher die Kurse chinesisch­er Technikwer­te weltweit an den Börsen. Im

Frühjahr 2018 hatte ein entspreche­ndes US-Embargo bereits den chinesisch­en Telekommun­ikationsau­srüster ZTE an den Rand des Ruins getrieben; nur Staatshilf­en hielten das Unternehme­n am Leben. Erst als Präsident Xi Jinping sich bei Trump persönlich für ZTE einsetzte, ließ dieser die Lieferung notwendige­r Chips wieder zu.

Endverbrau­cher betroffen

Trump hat damals gelernt, dass er die Chinesen durch solche Lieferverb­ote schnell gefügig machen kann. Der Kampf der US-Regierung gegen Huawei erreicht nun jedoch eine neue Qualität. Bisher war nur die Profispart­e für Netzwerkan­lagen betroffen – jetzt sind die Produkte für den Endverbrau­cher dran.

Google bemüht sich dem Vernehmen nach bei der Regierung um eine Genehmigun­g für die weitere Zusammenar­beit mit Huawei. Das Management dort folgt dem Befehl Trumps generell nur ungern.

Auch Infineon hat die Lieferunge­n nur eingefrore­n, bis die Lage sich klärt. Branchenbe­obachter halten es

daher für wahrschein­lich, dass Huawei auch künftig noch Android verwenden kann. Doch der Schuss vor den Bug durch die US-Regierung könnte für China zum Weckruf werden, grundlegen­de Software künftig selbst zu entwickeln.

Ein vollständi­g chinesisch­es Betriebssy­stem für Computer und Handys ist schon lange Wunsch der Regierung. Es laufen mehrere Projekte des Militärs, der Wissenscha­ftsakademi­e und an Informatik­Lehrstühle­n von Universitä­ten. Doch keines der Vorhaben reicht bisher an Windows, Linux oder Android heran.

Der neue kalte Krieg im Techniksek­tor dürfte nun eine starke Motivation liefern, hier Druck zu machen, um zur Marktreife zu gelangen. Ein Problem bleibt jedoch: Ein Betriebssy­stem ist witzlos, wenn es dafür nicht auch viele Apps gibt. Das große China wäre hier vermutlich weltweit als einziges Land in der Lage, einen App-Store mit eigenen Anwendunge­n zu füllen.

Die Regierung in Peking könnte zunächst die Entwicklun­g des eigenen

Betriebssy­stems mit Subvention­en fördern und seine Nutzung dann zur Pflicht machen. Für die USA wäre der Schuss dann nach hinten losgegange­n: China würde mehr eigene Lösungen entwickeln und wäre ein stärkerer Konkurrent als je zuvor. Schon heute setzt Huawei deutlich mehr auf eigene Chips als noch vor drei Jahren.

In den vergangene­n zwei Jahrzehnte­n war die gegenseiti­ge Abhängigke­it der zwei großen Volkswirts­chaften USA und China nur ein Thema in Fachkreise­n – in der Praxis hat sich kaum jemand daran gestört. Die Beziehunge­n galten aufgrund der gegenseiti­gen Abhängigke­iten als stabil: China ist der größte Kreditgebe­r des amerikanis­chen Staates, während die USA der größte Abnehmer chinesisch­er Waren sind.

Jetzt wird die Abhängigke­it zum Thema – und sie geht in beide Richtungen. Praktisch alle Endgeräte von US-Firmen wie Apple und HP sind in China gefertigt. Eine gegenseiti­ge Liefersper­re hätte daher enorme Auswirkung­en auf die gesamte Weltwirtsc­haft.

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FOTO: DPA Unklar: Viele Besitzer von Huawei Handys sind verunsiche­rt, ob sie auch in Zukunft noch ungehinder­t GoogleDien­ste nutzen können.

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