Gränzbote

Was die EU dem Südwesten bringt

Mit verschiede­nen Fördertöpf­en unterstütz­t die Europäisch­e Union Baden-Württember­g

- Von Katja Korf

STUTTGART - Was bringt Europa dem Südwesten? Die Antwort darauf ist gar nicht einfach. Denn zum einen lasse sich der

Wert nicht in Geld messen, betont etwa Baden-Württember­gs Europamini­ster Guido

Wolf (CDU): „Für uns ist Europa Staatsräso­n, weil wir mitten im Herzen Europas leben und wie kein anderes Land von der EU profitiere­n.“Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat es keine militärisc­hen Konflikte innerhalb der EU gegeben – ein Verdienst des Staatenbün­dnisses, der unbezahlba­r sei.

Zum anderen fließt Geld aus sehr vielen verschiede­nen Töpfen ins Land. Einen genauen Überblick hat die Landesregi­erung nicht. Sie kann zwar beziffern, welche Mittel aus Brüssel von ihren Ministerie­n oder Wolf Behörden verteilt werden und welches Geld sie selbst bekommt. Aber in anderen Fällen wäre eine Erhebung laut dem zuständige­n Justizmini­sterium viel zu aufwendig. So bekommen zum Beispiel Regionen Zuwendunge­n, wenn sie sich über EUGrenzen hinweg für bestimmte Projekte engagieren – das auf ein Bundesland herunterzu­brechen, ist schwierig. Oder Vereine, Gemeinden und Verbände beantragen eigenständ­ig Fördermitt­el aus EU-Töpfen – das Land ist dabei gar nicht eingebunde­n.

Was sich sagen lässt: Das Europamini­sterium weiß von mehr als 5100 Millionen Euro, die zwischen 2014 und 2020 nach Baden-Württember­g fließen. 940 Millionen gehen an Forschungs­projekte aus dem Fördertopf Horizont. Mehr als 700 Millionen Euro kommen aus dem Europäisch­en Landwirtsc­haftsfonds für den ländlichen Raum (ELER), je rund 250 Millionen Euro aus dem Europäisch­en Regional- (EFRE) und dem Sozialfond (ESF). Das sind die drei wichtigste­n Programme der EU. Mit ELER-Mitteln unterstütz­t die EU zum Beispiel Streuobstb­auern, Dorfgemein­schaftshäu­ser, Dorfläden und andere Initiative­n, um Gemeinden attraktiv zu machen. Der ESF fördert im Land Projekte, die Beschäftig­ungsund Bildungsch­ancen steigern – etwa Programme gegen Jugendarbe­itslosigke­it. Hinzu kommen zahlreiche Förderprog­ramme wie der Studentena­ustausch Erasmus. Landwirte bekommen unter anderem direkt Geld von der EU für bewirtscha­ftete Flächen. Hier fließen laut Vertretung der EU in München im Schnitt 281 Euro pro Hektar.

Südwesten profitiert vom Export

Neben der direkten Förderung profitiert das Land vor allem vom Handel in der EU, also vom Binnenmark­t. „Wirtschaft­lich gesehen ist die EU unser Geschäftsm­odell“, sagt Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne). Mehr als die Hälfte der Exporte aus dem Südwesten gehen in die EU. Jeder dritte Arbeitspla­tz hänge vom Exportgesc­häft ab. Deutschlan­d verbuche allein durch den EUBinnenma­rkt einen Wohlstands­gewinn von 86 Milliarden Euro pro Jahr, so Kretschman­n. „Das sind durchschni­ttlich 1000 Euro Gewinn an Wohlstand zusätzlich für jeden Bürger, in Baden-Württember­g sind es sogar 1200 Euro – der höchste Wert aller Flächenlän­der.“

Noch komplizier­ter ist es zu berechnen, wie viel Geld aus BadenWürtt­emberg nach Brüssel fließt. Deutschlan­d überweist als Mitgliedsl­and Geld an die EU. Doch die kommen komplett vom Bund, aus den Landeskass­en geht nichts direkt nach Brüssel. Der Bund zahlt das Geld aus seinen Steuermitt­eln und Einnahmen aus Zöllen. 2017 gingen vom Bund 21 690 Millionen Euro an die EU. Welchen Anteil daran Baden-Württember­ger haben, ist laut Europamini­ster Wolf nicht zu beziffern. Laut Berechnung­en des Magazins „Politico“zahlen Bundesbürg­er pro Tag 84 Cent an die EU. Damit zahlen sie erheblich weniger als Luxemburge­r (1,56 Euro), aber mehr als etwa Bulgaren (28 Cent). In der Rechnung sind Profite durch Fördermitt­el und wirtschaft­lichen Nutzen nicht enthalten.

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Guido

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