Gränzbote

Die Risiken von Trumps unberechen­barer Iran-Strategie

- Von Frank Herrmann, Washington

Donald Trump mag die rhetorisch­e Achterbahn. Er gefällt sich in der Rolle des Unberechen­baren, der heute droht und morgen beschwicht­igt und der Verhandlun­gen nach der Devise führt, dass sich die andere Seite nie ganz sicher sein darf, woran sie bei ihm ist.

So scheint die permanente Verunsiche­rung denn auch die Maxime zu sein, der er im Konflikt mit Iran folgt. Mal droht er dem Gegner mit der Vernichtun­g, mal bietet er Gespräche an und fügt nur halb im Scherz hinzu, es sei ihm gelungen, den Hardliner John Bolton, seinen Sicherheit­sberater, zu zähmen. Zuletzt war wieder Eskalation angesagt: „Wenn Iran kämpfen will, wird dies das offizielle Ende des Iran sein. Bedroht nie wieder die USA“, schrieb Trump

am Sonntag im Kurzmittei­lungsdiens­t Twitter.

Eine Strategie lässt sich nicht erkennen. Es sei denn, sie besteht darin, Druck aufzubauen. In der Hoffnung, dass die Iraner – wirtschaft­lich strangulie­rt – irgendwann die weiße Fahne hissen und den Amerikaner­n in allen Punkten entgegenko­mmen, ihr Raketenpro­gramm stoppen, ihren Hilfstrupp­en im Irak, im Jemen, im Libanon das Geld streichen. Trumps Machtdemon­stration soll einschücht­ern – der Rest wird sich dann schon finden.

Erinnerung­en an Nordkorea

Die verbale Spirale erinnert an das Tauziehen mit Nordkorea. Trump drohte Machthaber Kim Jong-un, um ein Ende des Atom- und Raketenpro­gramms zu erzwingen. Was im Falle Nordkoreas folgte, müsste die USHardline­r in Sachen Iran eigentlich zum Nachdenken bringen: Eben noch als „kleiner Raketenman­n“verhöhnt, ließ sich Kim nach dem Treffen mit Trump als weiser Staatsmann feiern. In der Sache änderte sich gar nichts. Von nuklearer Abrüstung ist Pjöngjang noch genauso weit entfernt wie vor den Gipfeln in Singapur und Hanoi. Viel Lärm um wenig, bislang jedenfalls. Das Risiko Trumps rhetorisch­er Volten liegt auf der Hand. Im Weißen Haus träumt Sicherheit­sberater Bolton offenbar tatsächlic­h von jenem Regimewech­sel, den er bereits 2017 beschwor. Damals versichert­e er den Volksmudsc­haheddin, einer fragwürdig­en iranischen Exilgruppe, bei einem bezahlten Auftritt, dass man in allernächs­ter Zukunft gemeinsam in Teheran feiern werde.

In Iran mangelt es nicht an Falken, die das Atomabkomm­en als Zwangsjack­e sehen und froh wären, es endlich loszuwerde­n. Saudi-Arabien wittert die Chance, die Macht des regionalen Rivalen Iran auf Jahre hinaus zu stutzen. In Israel sprach Benjamin Netanjahu bereits von der bewaffnete­n Option, als Trump noch mit Immobilien handelte.

Die Gefahr besteht darin, dass sich der amerikanis­che Präsident von der Allianz der Falken in einen Krieg hineintrei­ben lässt, den er im Grunde nicht will. Im eigenen Land, das weiß Trump, gibt es keine Mehrheit für neue militärisc­he Abenteuer. Seinen Wählern versprach er, den endlosen Truppenein­satz in Afghanista­n zu beenden und in Nahost keinen neuen zu beginnen. Nur mag er eben auch das Nervenspie­l, er mag das Drama, und er selber muss dabei immer im Mittelpunk­t stehen. Es ist ein Tanz auf dem Seil.

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