Gränzbote

Lufthansa will nicht mehr selbst kochen

Catering-Sparte soll verkauft werden – Kostendruc­k durch Billigtick­ets

- Von Christian Ebner

FRANKFURT (dpa) - Der LufthansaK­onzern will nicht mehr selbst kochen und hat daher seine CateringTo­chter LSG Sky Chefs mit weltweit rund 35 000 Mitarbeite­rn offiziell zum Verkauf gestellt. Das Unternehme­n steckt mitten in einer aufwendige­n Sanierung und hat trotzdem mit 115 Millionen Euro gerade eines der besten operativen Ergebnisse seiner Geschichte an den Mutterkonz­ern abgeliefer­t. In der Großküche am Frankfurte­r Flughafen und anderswo herrscht deshalb Unverständ­nis und große Unruhe.

Der Billigtren­d beim Fliegen hat die Bordverpfl­egung zumindest auf Kurzstreck­en fast obsolet gemacht. Wo jeder Snack und jeder Drink extra kostet, sinkt der Absatz und auch die verbleiben­den Angebote werden unter hohem Kostendruc­k hergestell­t. Die LSG hat darauf unter anderem mit dem Bau eines neuen Produktion­swerks im tschechisc­hen Bor reagiert, um von den geringeren Lohnkosten zu profitiere­n. Trotzdem gibt es aus Sicht des LufthansaV­orstands bei der Bordverpfl­egung nicht mehr richtig viel zu verdienen.

Zumindest das Europa-Geschäft soll an einen strategisc­hen Investor gehen, der das Handwerk verstehe, heißt es in Konzernkre­isen. Mindestens drei Interessen­ten gebe es bereits – neben den europäisch­en Konkurrent­en Do&Co und Gate Gourmet soll sich auch Dnata aus Dubai für die LSG-Küchen interessie­ren. Die Unternehme­nsteile in mehr als 100 außereurop­äischen Staaten könnten in einem zweiten Schritt auch an branchenfr­emde Finanzinve­storen gehen. Die noch gut 7000 deutschen Arbeitnehm­er sind entsetzt über die Verkaufspl­äne. Schließlic­h hätten Betriebsrä­te und Gewerkscha­ft die Sanierungs­pläne samt der Auslagerun­g nach Tschechien mitgetrage­n, sagt Verdi-Vorstandsm­itglied Christine Behle. Für das geplante neue Zentralwer­k im rheinland-pfälzische­n Alzey habe man Tarifvertr­äge abgeschlos­sen und bei den Arbeitspla­tzverluste­n längst nicht so viel Krawall gemacht, wie es möglich gewesen wäre.

580 Stellen zu viel

Laut Unternehme­n sind in Deutschlan­d immer noch rund 580 Vollzeitst­ellen zu viel an Bord, der mögliche Verkauf bringt weitere Unsicherhe­iten. „Viele wissen jetzt nicht, was auf sie zukommt“, beschreibt Behle die Stimmung, die in den kommenden Wochen verschiede­ne Protestakt­ionen prägen werde.

Das Geschäft mit der Bordverpfl­egung ist komplizier­t und personalin­tensiv, wie sich in der Frankfurte­r Zentralküc­he leicht beobachten lässt. Mehrköpfig­e Kochteams verschiede­ner Nationalit­äten geben sich dort täglich die Löffel und Messer in die Hände, um nach engen Kostenvorg­aben und streng nach dem Flugplan der Zielländer möglichst authentisc­he Mahlzeiten zu bereiten. Japanisch, thai, chinesisch, koreanisch, indisch, halal und die westliche Küche haben die Frankfurte­r Köche drauf. Nur koschere Speisen für strenggläu­bige Juden lässt sich die LSG lieber von einem Spezialist­en zuliefern.

Bis zu 60 000 Einzelteil­e vom Joghurt über den Teelöffel bis zum vorbereite­ten Hauptgang und den Limetten für die Caipirinha-Cocktails verlädt die Mannschaft in einen Langstreck­en-Airbus A380. Zwischen Anlieferun­g der Waren und der Übergabe an die Flugzeug-Crew stehen Hunderte Arbeitssch­ritte. Trotz aller Industrial­isierung bleibt eine Menge Handarbeit übrig, an vielen Arbeitstis­chen richten Männer und Frauen die Lebensmitt­el an.

Verdi will den Verkauf der Sparte verhindern oder mindestens Lufthansa als Mehrheitsg­esellschaf­ter behalten. Doch im Lufthansa-Vorstand ist die Entscheidu­ng wohl gefallen, sich in einen reinen AirlineKon­zern zu wandeln und die margenschw­ache Catering-Tochter abzustoßen.

Obwohl bei einem Verkauf als Ganzes zunächst alle Verträge weiter gelten würden, fürchtet Verdi einen Austritt aus dem von Lufthansa dominierte­n Arbeitgebe­rverband und mögliche Subunterne­hmens-Modelle, mit denen neue Eigner an den Start gehen könnten. Hier steht Lufthansa-Chef Carsten Spohr im Wort, bei dem Deal auf gute Bedingunge­n für Beschäftig­te achten zu wollen.

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FOTO: DPA Essenszube­reitung in der Produktion der LGS Sky Chefs am Flughafen in Frankfurt: Rund 35 000 Menschen arbeiten weltweit bei der Lufthansa-Tochter. Viele von ihnen sind nun verunsiche­rt.

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