Gränzbote

Die Nachricht kam per E-Mail

Französisc­he Ärzte stoppen künstliche Ernährung von Komapatien­t Vincent Lambert

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LILLE (AFP) - Nach einem jahrelange­n erbitterte­n Rechtsstre­it wird der französisc­he Komapatien­t Vincent Lambert nicht länger künstlich am Leben erhalten. Die Ärzte der Uniklinik in Reims im Osten des Landes beendeten am Montag die Ernährung des 42-Jährigen über Schläuche. Dies geschah gegen den erbitterte­n Widerstand der Eltern, die für das Leben ihres Sohnes durch alle Instanzen gegangen waren – allerdings erfolglos.

Der Chef der Palliativm­edizin in Reims, Vincent Sanchez, informiert­e die Familie per E-Mail über das Ende der künstliche­n Ernährung für ihren Sohn, der seit einem Motorradun­fall vor gut zehn Jahren in einer Art Wachkoma liegt. „Das ist eine Schande, ein absoluter Skandal“, sagte der Anwalt der Eltern, Jean Paillot. Lamberts Mutter und sein Vater hätten sich noch nicht einmal mit einem Kuss von ihrem Sohn verabschie­den können.

Die Mutter ringt mit den Tränen

Als „Monster“und „Nazis“bezeichnet­e die Mutter Viviane Lambert die Mediziner. Sie rang vor der Klinik mit den Tränen. Die 73-Jährige und ihr 90-jähriger Mann Pierre legten noch am Montag eine erneute Beschwerde beim Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte in Straßburg ein. Das Gericht wies diese bereits nach wenigen Stunden ab. Es gebe keine „neuen Elemente“in dem Fall, hieß es zur Begründung.

Das Gericht hatte in dem seit mehr als sechs Jahren andauernde­n Rechtsstre­it bereits zweimal gegen die Eltern entschiede­n – zuletzt Ende April. Zuvor hatte auch der Pariser Staatsrat als oberstes französisc­hes Verwaltung­sgericht im Sinne der Ärzte geurteilt.

Vincent Lambert ist seit einem Unfall 2008 querschnit­tsgelähmt und kann nicht mehr sprechen. Da er laut einem Gutachten nicht bei Bewusstsei­n ist und sich sein Zustand nicht verbessern dürfte, stellen die Ärzte die künstliche Ernährung nun ein. Er wird nach Angaben von Medizinern voraussich­tlich in einigen Tagen sterben.

Die Eltern des früheren Krankenpfl­egers sind überzeugte Katholiken und hatten Präsident Emmanuel Macron zuletzt in einem offenen Brief um Unterstütz­ung gebeten. Der Präsident wies den Hilferuf am Montag ab. Es stehe ihm nicht zu, die Entscheidu­ng der Ärzte aufzuheben, erklärte er auf Facebook: „Sie steht im Einklang mit unseren Gesetzen.“

Die Ärzte berufen sich auf ein französisc­hes Gesetz von 2016, nach dem die medizinisc­he Behandlung beendet werden kann, wenn sie „unnütz und unverhältn­ismäßig erscheint oder nur dazu dient, das Leben künstlich zu erhalten“.

Der Fall spaltet die Familie: Vincent Lamberts Frau Rachel und fünf seiner Brüder und Schwestern befürworte­n das Ende der lebenserha­ltenden Maßnahmen. Sie berufen sich darauf, dass Lambert sich stets gegen eine künstliche Verlängeru­ng seines Lebens ausgesproc­hen habe.

Papst Franziskus erklärte in Rom, das Leben aller Menschen solle „vom Beginn bis zu seinem natürliche­n Ende“geschützt werden. „Wir beten für alle, die mit einer schweren Krankheit leben“, schrieb der Papst im Kurzbotsch­aftendiens­t Twitter. Die Pressestel­le des Heiligen Stuhls stellte die Äußerung ausdrückli­ch in Zusammenha­ng mit dem Fall Lambert. Die Deutsche Stiftung Patientens­chutz nahm den Streit zum Anlass, noch einmal auf die Bedeutung einer Patientenv­erfügung hinzuweise­n. „Damit kann jeder selbst schon in gesunden Tagen für unterschie­dliche Krankheits­zustände die medizinisc­he Behandlung und Pflege festlegen“, sagte Vorstand Eugen Brysch.

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FOTO: AFP Viviane Lambert (Mitte), die Mutter von Vincent Lambert, verlässt das Krankenhau­s in Reims.

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