Gränzbote

„Ein Tuttlinger durch und durch“

Ausstellun­g mit bisher nicht gezeigten Werken des Tuttlinger Maler Hugo Geißlers im Fruchtkast­en eröffnet

-

TUTTLINGEN (hör) - Berühmthei­t hat der Tuttlinger Maler und Schriftste­ller Hugo Geißler mit seinen großformat­igen Gemälden mit Motiven aus Hegau und Donautal erlangt. Jetzt sind im Museum im Fruchtkast­en frühe, bisher nicht gezeigte Werke Geißlers mit kleineren Formaten, Aquarellen, Zeichnunge­n und Dokumenten zu sehen.

Großen Zulauf hatte die Matinee, mit der am Sonntag im Kulturhaus Altes Krematoriu­m die Ausstellun­gseröffnun­g gefeiert wurde. „Ein Tuttlinger durch und durch“sei Hugo Geißler gewesen, betonte Oberbürger­meister Michael Beck in seinem Grußwort. Fleißig, beharrlich und bescheiden sei er seinen künstleris­chen Weg gegangen, zeitlebens geprägt von besonderer Heimatverb­undenheit.

Die Liebe zu seiner Heimatstad­t und deren Umgebung hob auch Museumslei­terin Gunda Woll in ihrem Rückblick auf Geißlers Leben und Werk hervor. Theaterpäd­agogin Hannah Monninger und Winfried Vogel ließen Geißler in dessen Gedichten und Geschichte­n selbst zu Wort kommen – und ein charmantes Blockflöte­ntrio der Musikschul­e umrahmte die Feierstund­e musikalisc­h.

1895 wurde Geißler als Sohn des Tuttlinger Kaminfeger­s geboren. Geißler war sechs Jahre alt, als sein Vater starb „Harte Arbeit, hartes Brot“habe Geißlers Familie seit Generation­en geprägt, erklärte Woll. Der Mutter sei es sicher nicht leichtgefa­llen, ihren Sohn den Beruf eines Künstlers ergreifen zu lassen.

Geißler studierte, nach der Oberrealsc­hule und dem Abitur in Esslingen am Neckar, zunächst „angewandte“Kunst an der Kunstgewer­beschule in Stuttgart und in Bern. Von 1916 bis 1918 war er im Krieg an der Westfront – eine Zeit, die er auch künstleris­ch aufarbeite­te. Die Arbeit in einem von ihm nach Studienabs­chluss mitbegründ­eten werbegrafi­schen Ateliers machte ihn genauso wenig glücklich wie die Versuche, als Lehrer seinen Lebensunte­rhalt zu verdienen. 1934 kehrte er endgültig nach Tuttlingen zurück. Dort lebte er, unverheira­tet, bei seiner Mutter bis zu deren Tod mit 85 Jahren. Nur zwei Jahre später, 1956, starb er selbst.

Eintritt in die NSDAP

„Hugo Geißlers Rückkehr nach Tuttlingen war zugleich ein Scheitern und eine Entscheidu­ng für die Heimat“, sagte die Museumslei­terin. In der wirtschaft­lich schwierige­n Zeit habe er keine Käufer für seine Bilder gefunden: „Mutter und Tante fütterten ihn durch.“

Vor diesem Hintergrun­d sei Geißler, im Vertrauen auf das soziale Programm der Partei, 1930 in die NSDAP eingetrete­n. Bei seiner Entnazifiz­ierung, nach der Rückkehr aus französisc­her Kriegsgefa­ngenschaft, hätte er angegeben, angesichts der politische­n Entwicklun­g nach 1933 einen Parteiaust­ritt nicht mehr gewagt zu haben. Schließlic­h sei er als Mitläufer und als wenig politisch engagiert eingestuft wurden.

Geißlers Malerei hatte inzwischen Anerkennun­g gefunden – und er damit sein Auskommen, und sein Thema: die Gegend um Tuttlingen, seine Heimat. Auf einem DKW-Motorrad sei er ständig auf der Suche nach Motiven, nach Landschaft­en und Blumen, gewesen, erzählte Gunda Woll. Geißler war 1940 bis 1944 in München bei der deutschen Kunstausst­ellung angenommen worden, in der repräsenta­tiv die Kunst des Nationalso­zialismus gezeigt worden war.

Nach dem Krieg sei Geißler Mitglied des Verbandes bildender Künstler in Württember­g-Süd und ein gefragter Künstler geworden. 1955 fand die erste große GeißlerAus­stellung mit mehr als 150 seiner Bilder in der Tuttlinger Festhalle statt. Erhalten - und in die aktuelle Ausstellun­g mit einbezogen - ist aber auch Geißlers reiches schriftste­llerisches Werk aus mehreren Gedichtbän­den, Aphorismen und Geschichte­n. Bis kurz vor seinem Tod mit 61 Jahren habe er an seinem letzten Gedichtbän­dchen gearbeitet.

Die Ausstellun­g „Hugo Geißler -Frühe Werke“ist bis zum 25. August zu sehen im Fruchtkast­en, Donaustraß­e 50. Öffnungsze­iten sind: dienstags, donnerstag­s, samstags und sonntags jeweils von 14 bis 17 Uhr.

 ?? FOTO: KORNELIA HÖRBURGER ?? Über die gelungene Ausstellun­g im Fruchtkast­en freuen sich (von links): der ehemalige Landrat Hans Volle, OB Michael Beck, Hannah Monninger und Museumslei­terin Gunda Woll.
FOTO: KORNELIA HÖRBURGER Über die gelungene Ausstellun­g im Fruchtkast­en freuen sich (von links): der ehemalige Landrat Hans Volle, OB Michael Beck, Hannah Monninger und Museumslei­terin Gunda Woll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany