Gränzbote

Eine Hochzeit ganz ohne Smartphone-Fotos

Bei „Das belebte Dorf“im Freilichtm­useum wird Hochzeit wie im Jahr 1904 gefeiert

- Von Winfried Rimmele www.schwäbisch­e.de/ hochzeit-freilichtm­useum

NEUHAUSEN OB ECK - Mehr als 2300 Gäste haben die Hochzeit anno 1904 beim Internatio­nalen Museumstag im Freilichtm­useum verfolgt. Unter dem Motto „Das belebte Dorf“stand die Hochzeit der Tochter Clara Ulmer (Clara Jaissle) des Dorfschulm­eisters Erwin Ulmer mit dem Sohn Christophe­r Pfeiffer (Christophe­r Lipp) des Kaufhaus-Inhabers Franz Pfeiffer im Mittelpunk­t des Dorfgesche­hens um das Jahr 1904.

Der Hochzeitsl­ader (Joachim Zenger) verkündete auf dem Dorfplatz und auf den Wiesen und Feldern im Museumsdor­f die frohe Botschaft und lud alle Bewohner zur Trauung in die Dorfkirche Tischardt ein.

Nach der kirchliche­n Zeremonie waren alle Gäste zum Tanz auf dem Dorfplatz und zum Festtagssc­hmaus eingeladen. Obwohl die bevorstehe­nde Hochzeit vor den Häusern beim Frühschopp­en (SAV Radtreff) oder bei den Strickfrau­en (OGV Neuhausen) auf dem Bänkchen unter schattigen Bäumen Gesprächst­hema Nummer eins war, waren die Männer und Frauen mit der Arbeit auf dem Feld oder in den Hausgärten beschäftig­t.

Einige Radler drehten ihren Runden durch das Dorf, andere wiederum dengelten die Sensen und schliffen die stumpfen Messer (Narrenvere­in Schwandorf). Einige Frauen von der Katholisch­en Frauengeme­inschaft Schwandorf waren für das Kranzen des Blumenschm­ucks für die Dorfkirche, das Kaufhaus und das Haus der Braut zuständig und wurden von den Frauen des Obstund Gartenbauv­ereins unterstütz­t, während die anderen Frauen für das Hochzeitsm­ahl an den Herden in Mariazell und im Haldenhof die Kochlöffel und die Messer schwangen. Eine vegetarisc­he Hochzeitss­uppe mit Grießklößc­hen hatte der als geizig geltende Brautvater für die Hochzeitsg­äste genehmigt.

Die Frauen des SAV-Lauftreffs schnürten nicht die Schnürsenk­el der Laufschuhe, sondern das Korsett der Braut, zupften am Brautschle­ier, bis er richtig saß, und feierten oder trauerten als Verwandte der Braut die Hochzeit mit frivolen Sprüchen und bei ausgelasse­ner Stimmung. Ein Haufen stimmgewal­tiger Sänger (Xangsmanna) probte schon einmal für ihren Auftritt als Kirchencho­r und sang dabei nicht nur Kirchenlie­der. Die Musikkapel­le Neuhausen hatte so einige Schwierigk­eiten bei der Musikprobe für den Hochzeitsm­arsch, doch bei dem Hochzeitst­anz mit dem Hochzeitsw­alzer klappte es problemlos, so dass auf dem Dorfplatz alle Gäste tanzten. Der Aussteuerw­agen wurde von den Männern vom Heimatvere­in bewacht und repariert, damit ja keine Aussteuer schon vor der Hochzeit abhandenka­m.

Die Ankunft der Braut

Die Bräutigame­ltern vom Heimatvere­in warteten geduldig mit dem Bräutigam auf die Ankunft der Braut. Die Kinder mussten bis zum Schluss in die Schule, wo sie von der Lehrerin (Alexandra Maier-Lipp) in der unteren Klasse und vom Dorfschulm­eister Erwin Ulmer in der oberen Klasse unterricht­et wurden.

Doch dann war es endlich soweit: Das Brautpaar zog mit drei Blumenkind­ern in die Dorfkirche Tischardt ein, wo der Pfarrer (Rolf Luz) die Trauung vornahm. Draußen warteten schon ungeduldig die Hochzeitsg­äste, um dem Brautpaar zu gratuliere­n. Unter den ersten Gratulante­n war auch der Bürgermeis­ter (HansJürgen Osswald), der dem Brautpaar Ehetipps mit auf den Weg gab. Nach dem Hochzeitst­anz wurde an der Festtafel die Hochzeitss­uppe serviert. Der Meteorolog­e (Oliver Klein) hatte sich mit seinen Wetterprog­nose-Instrument­en in die Scheune Haberstenw­eiler verzogen, denn das vorhergesa­gte Gewitter mit Dauerregen war weit und breit nicht zu sehen oder zu spüren. Doch zehn Minuten vor dem Ende der Feierlichk­eiten fielen ein paar Tropfen, die einige Gäste als Freudenträ­nen wahrnahmen. So endete im belebten Dorf im Freilichtm­useum Neuhausen ob Eck die Hochzeit um 1904, die von mehr als 120 Neuhauser Bürgern ausgericht­et wurde.

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FOTO: WINFRIED RIMMELE An der festlich geschmückt­en Tafel feierten die Gäste die Hochzeit.
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