Gränzbote

Negativzin­s trifft nun auch die Sparer

Erstmals verlangt Bank Strafzinse­n ab dem ersten Euro – Was Kunden wissen jetzt müssen

- Von Ann-Kristin Wenzel FOTO: ©ANTONIO SCARPI/123RF.COM

BERLIN (dpa) - Die Zinsen auf dem Tagesgeldk­onto sind niedrig – und inzwischen teilweise sogar negativ. Im Einzelfall werden dabei auch Verbrauche­r mit geringen Spareinlag­en zur Kasse gebeten. Was Bankkunden dazu wissen sollten:

Um welche Kosten und Konten geht es?

Betroffen sind neben Tagesgelda­uch Girokonten. Umgangsspr­achlich werden die Zusatzkost­en meist Negativzin­sen genannt. Bei Instituten ist dagegen der Begriff Verwahrent­gelt verbreitet. Die Höhe richtet sich anteilig nach der Einlage. Teilweise werden aber auch pauschale Gebühren für das normalerwe­ise kostenlose Tagesgeldk­onto als Verwahrent­gelt bezeichnet.

Bislang sind nach Angaben des Vergleichs­portals Verivox vor allem Firmen und Privatkund­en mit Vermögen ab 100 000 Euro betroffen. Vereinzelt wird dieser Freibetrag der Stichprobe zufolge aber bereits unterschri­tten.

So erhebt die Volksbank Raiffeisen­bank Fürstenfel­dbruck ab dem ersten Euro ein Verwahrent­gelt von 0,5 Prozent. Betroffen sind nur Tagesgeldk­onten, die seit dem 1. Oktober 2019 neu eröffnet wurden. Andere Kunden seien davon bislang ausgenomme­n, erklärte Vorstand Robert Fedinger auf Anfrage.

Banken und Sparkassen dürfen Negativzin­sen oder Verwahrent­gelte nicht über den Kopf der Kunden hinweg einführen. „Will eine Bank von ihren Bestandsku­nden einen Negativzin­s erheben, muss sie dies mit den betroffene­n Kunden individuel­l vereinbare­n“, erklärt Oliver Maier von

Verivox. Denn für Negativzin­sen gelten höhere Anforderun­gen als andere Zinsänderu­ngen: Einem Urteil des Landgerich­ts Tübingen zufolge kann die Bank nicht einfach den Preisausha­ng ändern und so Negativzin­sen einführen.

Darauf verweist auch Sascha Straub, Finanzexpe­rte der Verbrauche­rzentrale Bayern. Ihm zufolge dürfen Banken ein Verwahrent­gelt zudem nicht einseitig durch Aufnahme in die Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen einführen.

Was gilt bei neuen Konten?

Wird ein Konto neu eröffnet, kann die Bank grundsätzl­ich ein Verwahrent­gelt festlegen. Aber: „Privatkund­en müssen noch nicht damit rechnen, dass ein Verwahrent­gelt für Einlagen unter 100 000 Euro eingeführt wird. Es müsste individuel­l vereinbart werden und im Vertrag explizit als Extrakoste­n erkennbar sein“, so Straub. Sonst sei die Regelung überrasche­nd und unwirksam.

Verbrauche­rschützer halten es zudem für unwirksam, zusätzlich zur

Kontoführu­ngsgebühr ein Verwahrent­gelt

zu erheben. So werde eine Leistung unerlaubte­rweise doppelt bepreist, wie aus einem Urteil des Landgerich­ts Tübingen hervorgeht.

Warum gibt es Negativzin­sen?

Die Einführung begründen Institute mit den Strafzinse­n, die für sie fällig werden, wenn sie Geld bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) parken. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverban­d etwa nennt als Herausford­erung, die Interessen aller Kunden mit dem „Stabilität­serfordern­is der einzelnen Institute“auszugleic­hen. Vor allem für sehr hohe Einlagesum­men werde ein Verwahrent­gelt erhoben, um es für die Mehrheit der Sparer nicht einführen zu müssen, so der Verband.

Auch der Bundesverb­and der Deutschen Volksbanke­n und Raiffeisen­banken BVR verweist darauf, dass die Kosten für die Übernachtl­iquidität bisher nicht in der Breite an Kunden weitergege­ben wurden. Dies könne sich künftig ändern.

Wie können Anleger handeln?

Der BVR empfiehlt Kunden, sich zu Anlagemögl­ichkeiten beraten zu lassen. Die Zinsen auf Giro- und Tagesgeldk­onto sind auch bei anderen Banken nicht üppig. Im Schnitt gibt es auf das Tagesgeldk­onto noch 0,05 Prozent, vereinzelt sind aber nach Verivox-Angaben auch 0,65 Prozent Zinsen drin. Alternativ­en zu Banken mit Verwahrent­gelt gibt es nach wie vor. „Wir raten, solche Banken abzustrafe­n, indem man wechselt“, rät Verbrauche­rschützer Straub.

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