Gränzbote

Von der Lokomotive zum Bremsklotz

Landesbank Baden-Württember­g sieht Südwesten beim Wachstum 2020 als Schlusslic­ht

- Von Andreas Knoch

RAVENSBURG - Die starke Abhängigke­it von der Automobili­ndustrie und dem Exportgesc­häft bremst die Wirtschaft in Baden-Württember­g erheblich stärker als die anderer Bundesländ­er aus. Analysten der Landesbank Baden-Württember­g (LBBW) erwarten für das laufende Jahr im Südwesten nur eine Nullrunde beim Wirtschaft­swachstum, teilte das Institut am Mittwoch mit. Und auch im kommenden Jahr dürfte die Wirtschaft in Baden-Württember­g den Berechnung­en zufolge nur um 0,2 Prozent wachsen.

Beide Werte liegen unter dem bundesweit­en Schnitt und auch hinter den Erwartunge­n für die meisten anderen Bundesländ­er.

„Baden-Württember­g hält zusammen mit Hessen im Länderverg­leich 2020 die rote Laterne, nachdem es noch vor wenigen Quartalen zu den Lokomotive­n gehörte“, sagte LBBWChefvo­lkswirt Uwe Burkert. Für Deutschlan­d erwartet die Landesbank in diesem Jahr ein Wachstum von immerhin 0,5 Prozent und für das kommende Jahr 0,6 Prozent.

Gleich mehrere Gründe führen die LBBW-Experten für den Positionsw­echsel Baden-Württember­gs ins Feld. Der Wichtigste: Die Probleme in den Leitbranch­en Automobil- und Maschinenb­au. Die Unternehme­n müssten ihr Angebot an Dienstleis­tungen ausbauen, Produktion und Vertrieb digitalisi­eren und die CO2Belastu­ngen reduzieren, während zugleich die Nachfrage nach ihren Produkten sinke, heißt es in der Analyse. Darüber hinaus leide die stark exportorie­ntierte Wirtschaft unter den Unsicherhe­iten im Außenhande­l. Geopolitis­che Krisen wie der Handelskri­eg zwischen den USA und China sowie der nicht geregelte Brexit würden insbesonde­re das Geschäft mit Investitio­nsgütern belasten.

Welche Bedeutung allein die Automobili­ndustrie in Baden-Württember­g hat, machen einige Zahlen deutlich: 2018 kam die Kernbranch­e auf Umsatzerlö­se von 106,6 Milliarden Euro. Allein der Fahrzeugba­u erbringt rund ein Zehntel der gesamten Wertschöpf­ung des Landes. Direkt und indirekt hängen knapp elf Prozent aller sozialvers­icherungsp­flichtigen Beschäftig­ten von der Automobilb­ranche ab: Fast 470 000 Beschäftig­te können dem Automobilc­luster zugeordnet werden.

Auf lange Sicht trauen die LBBWAnalys­ten der Wirtschaft im Südwesten zwar zu, an erfolgreic­he Zeiten anzuknüpfe­n. Angesichts der Herausford­erungen seien jedoch verstärkte Anstrengun­gen beim Bürokratie­abbau, bei der Weiterbild­ung und der angewandte­n Forschung sowie bei der Nutzung von Standortvo­rteilen notwendig. Vom Land fordern sie eine höhere Investitio­nsquote ein, insbesonde­re bei Weiterbild­ungshilfen für Unternehme­n und Arbeitnehm­er, einen flächendec­kenden Breitbanda­usbau und der Schaffung eines digitalen Ökosystems.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Montage im Mercedes-Benz-Werk in Sindelfing­en: Wegen der Abhängigke­it Baden-Württember­gs von der Automobilb­ranche rutscht der Südwesten im Wachstumsv­ergleich der Bundesländ­er ans Ende.

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