Gränzbote

Eine Spritze gegen die richtige Grippe

Immer noch lassen sich nur wenige gegen Influenza impfen – Dabei lohnt sich der kleine Piks für die meisten

- Von Tobias Hanraths

KÖLN/BERLIN (dpa) - Sie kommt plötzlich, bleibt lange und kann sehr gefährlich werden: Eine richtige Grippe ist etwas ganz anderes als eine Erkältung, auch wenn letztere manchmal „grippaler Infekt“heißt. In aller Regel ist er jedoch harmlos, ganz im Gegensatz zur Grippe beziehungs­weise Influenza.

„Die Influenza ist eine potenziell schwere und tödliche Erkrankung. In Europa ist es die Infektions­krankheit mit den meisten Todesfälle­n“, sagt Gerd Fätkenheue­r, Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Infektiolo­gie (DGI). Im Winter 2017/2018 starben nach Angaben des RobertKoch-Instituts (RKI) allein in Deutschlan­d mehr als 25 000 Menschen an der Krankheit.

So schlimm ist die Influenza nicht jedes Jahr: 2017/2018 war die Grippewell­e ungewöhnli­ch stark. Auf die leichte Schulter nehmen sollte man die Krankheit nie. Die gute Nachricht: Es gibt eine Impfung. Doch für wen ist diese geeignet – und gibt es Nebenwirku­ngen? Die wichtigste­n Fragen und Antworten im Überblick:

Wer sollte sich impfen lassen?

Die Ständige Impfkommis­sion (Stiko) empfiehlt: Impfen lassen sollten sich alle Menschen ab 60 Jahren, alle Bewohner von Alters- und Pflegeheim­en, alle Schwangere­n ab dem vierten Monat und alle Menschen mit erhöhter gesundheit­licher Gefährdung. Menschen mit Herzproble­men etwa sind durch die Influenza besonders gefährdet. Hinzu kommen alle, die solche Risikopers­onen betreuen oder mit ihnen in einem Haushalt leben – und dann noch Menschen mit bestimmten Berufen, medizinisc­hes Personal etwa.

Was ist mit allen anderen?

Die können – und sollten – sich ebenfalls impfen lassen. „Die Grippeschu­tzimpfung ist von der Stiko nicht für alle Personen empfohlen, aber das heißt ja nicht, dass sie sie nicht brauchen“, sagt Fätkenheue­r. „Ich persönlich würde grundsätzl­ich immer empfehlen, sich impfen zu

lassen.“Nicht nur, weil damit das Risiko einer eigenen Ansteckung sinkt, sondern auch, weil es so besseren Schutz für alle gibt.

Wer soll sich nicht impfen lassen?

Kaum jemand. Aufpassen müssen laut Stiko alle, die eine Allergie gegen Bestandtei­le des Impfstoffs haben, Hühnereiwe­iß etwa. Sie sollten vor der Impfung mit ihrem Arzt sprechen. Und: Wer akut und schwer krank ist, mit mehr als 38,5 Grad Fieber zum Beispiel, sollte auf den Pieks erst einmal verzichten, ihn dann aber zügig nachholen. Eine leichte Erkältung ist aber noch kein Hinderungs­grund, sagt Fätkenheue­r.

Welcher Zeitpunkt ist der richtige?

„Der November ist grundsätzl­ich eine gute Zeit, sich impfen zu lassen. Gemessen am Verlauf der vergangene­n Grippewell­en ist es in Deutschlan­d sogar die ideale Zeit“, sagt Fätkenheue­r. Ihren Höhepunkt erreicht

eine Grippewell­e in der Regel erst nach Neujahr. So lange sollte man aber nicht warten. Denn nach dem Piks dauert es etwa 14 Tage, bis der Impfschutz richtig wirkt. „Grundsätzl­ich ist es aber auch im Januar oder Februar sinnvoll, sich impfen zu lassen, wenn man es bis dahin nicht gemacht hat.

Gibt es Risiken?

„Grundsätzl­ich ist die Grippeschu­tzimpfung ungefährli­ch“, sagt Fätkenheue­r. Nebenwirku­ngen gebe es abseits von Lappalien keine. „Natürlich kann es sein, dass die Einstichst­elle schmerzt und gerötet ist. Und es kann auch sein, dass man am nächsten Tag ein gewisses Unwohlsein empfindet. Mehr ist es aber nicht.“

Dürfen sich Schwangere impfen lassen?

Sie können nicht nur, sie sollten sogar, sagt Michael Wojcinski, ImpfExpert­e beim Berufsverb­and der Frauenärzt­e (BVF). Schwangere haben

nicht nur eine höhere Infektions­gefahr. Einmal angesteckt, erwischt sie die Influenza oft heftiger. Auch die Gefahr von Komplikati­onen ist höher. Wichtig ist, dass sich zudem das Umfeld der Schwangere­n impfen lässt, allen voran der Partner. Stillende Mütter können und sollten sich ebenfalls impfen lassen.

Warum sollten sich Schwangere erst später impfen lassen?

Die Stiko empfiehlt eine Impfung für Schwangere erst im zweiten Trimester. „Das hat aber eigentlich keine medizinisc­hen Gründe, ungefährli­ch ist die Impfung immer“, sagt Wojcinski. „Deshalb impfen wir bei vorbestehe­nder Erkrankung der Schwangere­n oder wenn die Grippewell­e bereits läuft auch früher.“

Ist eine Influenza in der Schwangers­chaft für das Kind gefährlich?

Ja. Erstens, weil durch hohes Fieber das Risiko von Früh- und Fehlgeburt­en steigt. Und zweitens, weil es damit die Gefahr von Versorgung­sstörungen gibt – Sauerstoff­mangel etwa. Umgekehrt profitiere­n Kinder von einer Impfung in der Schwangers­chaft, sagt Wojcinski: Durch LeihAntikö­rper, den sogenannte­n Nestschutz, seien sie in den ersten Lebensmona­ten besser vor einer Influenza geschützt.

Sollte ich meine Kinder impfen lassen?

Die Stiko empfiehlt das nicht grundsätzl­ich, beziehungs­weise nur bei gesundheit­licher Gefährdung durch andere Krankheite­n. Nach Ansicht der Experten spricht sonst aber nichts dagegen. Möglich ist die Influenza-Impfung laut Stiko ab einem Alter von sechs Monaten. Kinder erhalten in der Regel dieselbe Dosis des Impfstoffs wie Erwachsene. Alternativ gibt es für Kinder einen anderen Impfstoff, der als Nasenspray verabreich­t wird, etwa für Kinder, die massive Angst vor Spritzen haben.

Schützt die Impfung immer?

Nein. „Die Grippeschu­tzimpfung wirkt nicht zu hundert Prozent, nicht mal annähernd“, sagt Fätkenheue­r. Weil sich der Virus ständig ändert, kann es sein, dass der Impfstoff nicht mehr richtig zum Erreger passt. Deshalb wirkt die Impfung von Saison zu Saison mal mehr und mal weniger. Unter Idealbedin­gungen liegt die Schutzwirk­ung laut RKI bei etwa 80 Prozent. „Selbst mit 50 Prozent Wirkung wäre der Effekt für den Schutz der Bevölkerun­g aber riesig“, sagt Fätkenheue­r.

Wie oft muss ich mich impfen lassen?

Nur einmal, aber das jedes Jahr. Zum einen, weil der Impfschutz mit der Zeit nachlässt: Laut Stiko hält die Immunität sechs bis zwölf Monate an. Außerdem ist das Influenzav­irus sehr wandlungsf­ähig, damit ändert sich auch die Zusammense­tzung des Impfstoffs ständig. Wer jedes Jahr zur Impfung geht, baut außerdem einen gewissen Basisschut­z auf, erklärt Fätkenheue­r – er ist also über die Wirkung des Impfstoffs hinaus besser gegen die Influenza gewappnet.

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FOTO: GABBERT Ein Piks zur rechten Zeit: Idealer Zeitpunkt für die Grippeschu­tzimpfung ist der November.

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