400 Plätze für Kindergartenkinder fehlen
An der Kapazitätsgrenze: Tuttlingen will Angebot für Kleinkinder langfristig ausbauen
TUTTLINGEN - Die Stadt Tuttlingen wächst. Nicht nur die Einwohnerzahl ist in den vergangenen Jahren gestiegen, auch die Anzahl der Geburten nimmt immer weiter zu. Das wird vor allem an den fehlenden Kita-Plätzen deutlich. „Es wird eng“, sagte auch Mandy Hamma, Abteilungsleiterin für Familien und Kindergärten.
Laut der Prognose, die Mandy Hamma und Klaus Jansen, Fachsbereichleiter für Familie, Integration und Soziales, in der Sitzung des Gemeinderates vorgestellt haben, werden rund 400 zusätzliche Kindergartenplätze in den kommenden Jahren benötigt. „Wir dachten noch vor einigen Jahren, wir brauchen weniger Plätze, weil die Geburtenrate sinkt. Heute sehen wir das ganz anders“, sagte Oberbürgermeister Michael Beck. Dass Tuttlingen weiter wächst und die Plätze gebraucht werden, zeigen die geplanten oder bereits im Bau befindlichen Wohnprojekten sowie die angestrebten Erschließungen. Gemeint ist zum Beispiel das Projekt Unter dem Hägle in Nendingen oder auch Thiergarten West. „In Bezug auf die
Durchschnittsbelegung der Wohnungstypen ergibt sich der Bedarf der Kindergartenplätze“, erklärte Mandy Hamma. Allerdings sei das bislang nur eine grobe Rechnung. Die genauen Details könnten noch etwas variieren. Aber: „Wir erkennen schon einen eindeutigen Trend“, fügte sie hinzu.
Einen weiteren Grund für die zusätzlich gebrauchten Plätze, liefert die Landespolitik: Der Einschulungsstichtag in Baden-Württemberg
wird sich ab dem Schuljahr 2020/2021 verschieben – nämlich vom 30. September auf den 30. Juni. Eltern können sich entscheiden, ob sie ihre Kinder, die nach dem Stichtag sechs Jahre alt werden, erst im Folgejahr zur Schule schicken. Deshalb haben künftig mehr Kinder die Möglichkeit, länger im Kindergarten zu bleiben. „Allein wegen der Verschiebung brauchen wir langfristig 90 Kindergartenplätze mehr“, sagte Jansen.
Um mehr Platz zu schaffen, ist ein Ausbau der bestehenden Einrichtungen geplant. Auch Ersatz- und Neubauten für ältere Kindergärten, wie der in der Brunnenstraße, wären denkbar. Der Fokus liegt auch auf der Prüfung weiterer potenzieller Gebäude. Es ist nicht das erste Mal, dass Tuttlingen die Kinderbetreuung weiter ausbaut. In der Zeit zwischen 2007 und heute hat die Stadt 26 neue Krippengruppen und fünf Gruppen für Kinder über drei Jahre aufgebaut. Außerdem wurden die Arbeits- und Betreuungszeiten flexibler gestaltet.
„Viel schwieriger ist die Frage nach den Fachkräften“, sagte Klaus Jansen. Ziel sei es, die vorhandenen Kräfte zu halten, zum Beispiel durch zusätzliche Hauswirtschaftskräfte zur Entlastung. „So bleibt mehr Zeit für die eigentlichen Aufgaben der Erzieherinnen“, erklärt Hamma. „Natürlich möchten wir auch neue Fachkräfte dazugewinnen“, sagte sie. Dazu will die Stadt noch mehr Erzieherinnen, als bisher ausbilden. Auch Quereinsteiger kämen in Frage. Schon jetzt nehmen die Kosten für das Personal in der Kinderbetreuung mit den größten Posten im Haushalt 2020 ein.
Besonders in den vergangenen fünf Jahren hätten sich die Betreuungssituationen in vielen Einrichtungen stark verändert. „Es gibt immer mehr Familien und Kinder, die kein deutsch sprechen“, sagte Mandy Hamma und fügte hinzu: „Auch die Anzahl der Kinder aus bildungsschwachen Familien nimmt zu“. Hier sei es wichtig, die Eltern mit ins Boot zu nehmen. „Es ist wichtig, die Kräfte zu bündeln – auch mit den passenden Beratungsstellen“, so Felicitas Guggenberger von der LBU.
Aktuell gibt es insgesamt 1599 vorhandene Betreuungsplätze in Tuttlingen. Davon sind 1476 Plätze belegt. Somit beträgt die Auslastungsquote 92,3 Prozent.