Gränzbote

Stadträte fordern Lösung für Taubenprob­lem

Vorbild könnte Stadt Rottweil sein – Dort ist aber viel ehrenamtli­ches Engagement nötig

- Von Sebastian Heilemann

TUTTLINGEN - Das Tuttlinger Taubenprob­lem soll gelöst werden. Das fordern die LBU-Fraktion und der Stadtrat Florentin Stemmer. Einen entspreche­nden Antrag haben sie in der jüngsten Sitzung des Gemeindera­ts am Montag eingebrach­t. Der Vorschlag: Die Stadt soll Taubenschl­äge bauen. Als Vorbild gilt die Stadt Rottweil.

Sie flattern oft haarscharf am Kopf von Passanten vorbei und ihr Kot beschädigt Hausfassad­en. In Tuttlingen gibt es zu viele Tauben. Doch darüber, wie man mit dem Problem umgeht, gibt es unterschie­dliche Ansichten.

Mitte Oktober gab die Stadtverwa­ltung bekannt: Wer in Zukunft Tauben füttert, muss tief in die Tasche greifen. Zwischen einhundert und fünfhunder­t Euro werden fällig, wenn jemand Brotkrumen, Haferflock­en oder Vogelfutte­r in der Stadt verstreut. Immer wieder finden sich solche „Futterstel­len“beispielsw­eise im Bereich des Busbahnhof­s. Damit soll jetzt Schluss sein. Denn laut der Stadtverwa­ltung führt die Taubenfütt­erung dazu, dass die Tiere noch mehr Eier legen und das Problem somit weiter anwächst.

Stadtrat Florentin Stemmer und die Fraktion der LBU fordern, dass die Stadtverwa­ltung das Problem in Zukunft anders angeht. Ihr Vorschlag:

Die Stadt soll Taubenschl­äge einrichten, in denen die Tiere Futter und sichere Nistplätze vorfinden. Dort können die Eier der Tiere dann regelmäßig durch Gipseier ausgetausc­ht werden . So könnte die Population der Tauben in den Griff gebracht werden. Als Vorbild nennt Stemmer unter anderem in einem Online-Video die Stadt Rottweil.

Die hat schon vor mehreren Jahren drei Dachböden zu Taubenschl­ägen ausgebaut und zwei Taubentürm­e aufgestell­t. Um die Tauben dort kümmert sich der „Taubenschu­tzverein in Rottweil“. Vorsitzend­e Arzu Paj engagiert sich ehrenamtli­ch für die Tiere, investiert pro Tag sechs Stunden in deren Pflege. Sie

putzt Taubenschl­äge, sorgt für Futter und Wasser und bringt kranke Tauben in eine eigens eingericht­ete Krankensta­tion. Sogar eine „Behinderte­n-Voliere“hat sie geschaffen – dort leben Tiere, die nicht mehr eigenständ­ig in einem Schlag durchkomme­n würden, weil ihnen Bein oder Flügel fehlen. All das leistet die 46-Jährige neben dem Betrieb ihrer zwei Friseurstu­dios.

Neben ihrer Zeit investiert die Friseurmei­sterin auch noch ihr eigenes Geld. „Ich habe mich für die Arbeit mit den Tieren entschiede­n, weil es kein anderer macht“, sagt sie. Tierschutz­vereine würden sich meist nur um Haustiere, wie Hunde und Katzen kümmern. Tauben hätte es da schwer. Paj studierte die Situation in anderen Städten, erarbeitet­e ein Konzept und ging damit auf die Stadt zu. Dort stieß sie auf offene Ohren. 24 000

Euro investiert Rottweil pro Jahr in das Taubenmana­gement. Für das Haushaltsj­ahr 2020 hat die Verwaltung sogar den Etat auf 35 000 Euro angehoben. Geld, dass sich auszahlt. Eine Politik, die Erfolgreic­h ist, meint Bernd Pfaff,

Fachbereic­hsleiter Bürgeramt, Ordnungsun­d Schulverwa­ltung in Rottweil. Bis zu 350 Eier tauscht der Taubenschu­tzverein gegen Plastik- oder Toneier aus – pro Monat.

„Wir sind froh, dass wir so eine engagierte Vereinsvor­sitzende haben“, sagt Pfaff. „Das ist entscheide­nd für den Erfolg des Konzepts.“Denn ein solches Engagement sei nicht zu bezahlen. „Da steckt viel Herzblut drin.“

Ob sich das Rottweiler Modell eins zu eins auch in Tuttlingen umsetzen lässt, ist unklar. Denn einerseits müssten sich ähnlich engagierte Ehrenamtli­che finden. Und anderersei­ts macht der Tuttlinger Stadtverwa­ltung vor allem eine Eigenart der Taube Sorgen. Die Tiere kommen meist dahin zurück, wo sie geboren wurden. In den unzähligen Feuergässc­hen zwischen den Tuttlinger Häusern herrschen ideale Brutmöglic­hkeiten für die Tauben. Daran, dass sich die Tiere so einfach überzeugen lassen, in einen Taubenturm umzuziehen, gibt es Zweifel im Tuttlinger Rathaus.

Denn die Idee einen Taubenturm zu bauen, gibt es schon seit Jahren. Auch mit einem Taubenexpe­rten der Uni Basel gab es bereits Beratungsg­espräche. „Wenn das so einfach wäre, hätten wir das schon gemacht“, sagt Stadtsprec­her Arno Specht. Doch man sei offen für neue Vorschläge und werde den vorgelegte­n Antrag prüfen.

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FOTO: KEVIN RUDNER

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