Stadträte fordern Lösung für Taubenproblem
Vorbild könnte Stadt Rottweil sein – Dort ist aber viel ehrenamtliches Engagement nötig
TUTTLINGEN - Das Tuttlinger Taubenproblem soll gelöst werden. Das fordern die LBU-Fraktion und der Stadtrat Florentin Stemmer. Einen entsprechenden Antrag haben sie in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats am Montag eingebracht. Der Vorschlag: Die Stadt soll Taubenschläge bauen. Als Vorbild gilt die Stadt Rottweil.
Sie flattern oft haarscharf am Kopf von Passanten vorbei und ihr Kot beschädigt Hausfassaden. In Tuttlingen gibt es zu viele Tauben. Doch darüber, wie man mit dem Problem umgeht, gibt es unterschiedliche Ansichten.
Mitte Oktober gab die Stadtverwaltung bekannt: Wer in Zukunft Tauben füttert, muss tief in die Tasche greifen. Zwischen einhundert und fünfhundert Euro werden fällig, wenn jemand Brotkrumen, Haferflocken oder Vogelfutter in der Stadt verstreut. Immer wieder finden sich solche „Futterstellen“beispielsweise im Bereich des Busbahnhofs. Damit soll jetzt Schluss sein. Denn laut der Stadtverwaltung führt die Taubenfütterung dazu, dass die Tiere noch mehr Eier legen und das Problem somit weiter anwächst.
Stadtrat Florentin Stemmer und die Fraktion der LBU fordern, dass die Stadtverwaltung das Problem in Zukunft anders angeht. Ihr Vorschlag:
Die Stadt soll Taubenschläge einrichten, in denen die Tiere Futter und sichere Nistplätze vorfinden. Dort können die Eier der Tiere dann regelmäßig durch Gipseier ausgetauscht werden . So könnte die Population der Tauben in den Griff gebracht werden. Als Vorbild nennt Stemmer unter anderem in einem Online-Video die Stadt Rottweil.
Die hat schon vor mehreren Jahren drei Dachböden zu Taubenschlägen ausgebaut und zwei Taubentürme aufgestellt. Um die Tauben dort kümmert sich der „Taubenschutzverein in Rottweil“. Vorsitzende Arzu Paj engagiert sich ehrenamtlich für die Tiere, investiert pro Tag sechs Stunden in deren Pflege. Sie
putzt Taubenschläge, sorgt für Futter und Wasser und bringt kranke Tauben in eine eigens eingerichtete Krankenstation. Sogar eine „Behinderten-Voliere“hat sie geschaffen – dort leben Tiere, die nicht mehr eigenständig in einem Schlag durchkommen würden, weil ihnen Bein oder Flügel fehlen. All das leistet die 46-Jährige neben dem Betrieb ihrer zwei Friseurstudios.
Neben ihrer Zeit investiert die Friseurmeisterin auch noch ihr eigenes Geld. „Ich habe mich für die Arbeit mit den Tieren entschieden, weil es kein anderer macht“, sagt sie. Tierschutzvereine würden sich meist nur um Haustiere, wie Hunde und Katzen kümmern. Tauben hätte es da schwer. Paj studierte die Situation in anderen Städten, erarbeitete ein Konzept und ging damit auf die Stadt zu. Dort stieß sie auf offene Ohren. 24 000
Euro investiert Rottweil pro Jahr in das Taubenmanagement. Für das Haushaltsjahr 2020 hat die Verwaltung sogar den Etat auf 35 000 Euro angehoben. Geld, dass sich auszahlt. Eine Politik, die Erfolgreich ist, meint Bernd Pfaff,
Fachbereichsleiter Bürgeramt, Ordnungsund Schulverwaltung in Rottweil. Bis zu 350 Eier tauscht der Taubenschutzverein gegen Plastik- oder Toneier aus – pro Monat.
„Wir sind froh, dass wir so eine engagierte Vereinsvorsitzende haben“, sagt Pfaff. „Das ist entscheidend für den Erfolg des Konzepts.“Denn ein solches Engagement sei nicht zu bezahlen. „Da steckt viel Herzblut drin.“
Ob sich das Rottweiler Modell eins zu eins auch in Tuttlingen umsetzen lässt, ist unklar. Denn einerseits müssten sich ähnlich engagierte Ehrenamtliche finden. Und andererseits macht der Tuttlinger Stadtverwaltung vor allem eine Eigenart der Taube Sorgen. Die Tiere kommen meist dahin zurück, wo sie geboren wurden. In den unzähligen Feuergässchen zwischen den Tuttlinger Häusern herrschen ideale Brutmöglichkeiten für die Tauben. Daran, dass sich die Tiere so einfach überzeugen lassen, in einen Taubenturm umzuziehen, gibt es Zweifel im Tuttlinger Rathaus.
Denn die Idee einen Taubenturm zu bauen, gibt es schon seit Jahren. Auch mit einem Taubenexperten der Uni Basel gab es bereits Beratungsgespräche. „Wenn das so einfach wäre, hätten wir das schon gemacht“, sagt Stadtsprecher Arno Specht. Doch man sei offen für neue Vorschläge und werde den vorgelegten Antrag prüfen.