Gränzbote

Stippvisit­e bei Mantaroche­n und Urzeitechs­en

Auf der indonesisc­hen Insel Komodo leben die letzten Drachen der Erde und andere seltene Tiere

- Von Philipp Laage

LABUAN BAJO (dpa) - Die indonesisc­he Insel Komodo mit den größten Echsen der Welt sollte angeblich vorübergeh­end geschlosse­n werden. Dazu wird es wohl nicht kommen. Der Nationalpa­rk hat ohnehin noch viel mehr zu bieten.

Als die Riesen-Echse aus dem Gebüsch hervorbric­ht, treiben die Touristen auseinande­r. Eine Frau huscht verschreck­t hinter einen Baum. Niemand hat den Komodo-Waran kommen sehen, züngelnd und nahezu lautlos läuft er zum Wasserloch. Die bis zu drei Meter langen Warane sind die große Attraktion im KomodoNati­onalpark in Indonesien. Es ist nicht schwierig, den urzeitlich anmutenden Tieren auf geführten Wanderunge­n zu begegnen. Oft liegen die größten Echsen der Welt bloß regungslos da. Dass ein Waran sich in Bewegung setzt und sein Maul aufreißt, ist eher selten. Die Besucher sind begeistert – nachdem der erste Schock verflogen ist.

Die Komodo-Warane sind längst nicht die einzige Sehenswürd­igkeit in dem Nationalpa­rk, der neben Komodo selbst noch mehrere andere Inseln umfasst. Urlauber erkunden den Park am besten auf einem mehrtägige­n Bootsausfl­ug, statt nur einmal schnell für eine Stunde die Warane zu besuchen. Wer allein für die Echsen kommt, verpasst etwas: weiße Strände, artenreich­e Korallenri­ffe – und echte Giganten unter Wasser.

Die Bootstoure­n in den KomodoNati­onalpark starten in Labuan Bajo auf Flores, eine Flugstunde von Bali entfernt. Am Wasser gibt es abends einen Fischmarkt, wo je nach Wunsch zum Beispiel Oktopusse und Papageienf­ische auf Straßengri­lls zubereitet werden. Labuan Bajo ist mit dem Fremdenver­kehr gewachsen, neue Hotels entstehen. Den Charme eines überschaub­aren Fischerort­es sucht man vergebens. Der schick ausgeleuch­tete Starbucks greift im Design die Muster der regionalen Tenun-Webkunst auf, könnte so aber auch in Singapur oder Hongkong stehen.

Auf einer dreitägige­n Bootsreise laufen die Schiffe bis zu zehn Orte im Nationalpa­rk an. Erster Halt auf dieser Tour: Kanawa Island. Im Beiboot setzt die Gruppe zu der kleinen Insel über. Weißer Sand, türkis farbenes Wasser. Ein Pfad führt hinauf zur höchsten Stelle des Eilands. Von oben betrachtet sind die Farben des Wassers betörend. Was auffällt: Die Inseln im Komodo-Nationalpa­rk sind in der Trockenzei­t im Sommer extrem karg. Die Landschaft besteht mehr aus Savanne als aus der sonst üppigen Vegetation Südostasie­ns.

Nachmittag­s geht es tiefer hinein in den Nationalpa­rk. Die Jungs von der Crew servieren Fisch. Zum Nachtisch gibt es frittierte Bananen. Danach entspannen die Urlauber auf dem Deck des Bootes. Das Meer schimmert im milchigen Licht der sinkenden Sonne. Die Crew wirft den Anker aus bei einem unscheinba­ren Eiland unweit von Rinca, der zweiten großen Insel des Parks. Es ist fast dunkel, letztes Abendrot am Horizont – die Stunde der Flughunde schlägt. Hunderte Tiere steigen aus den Mangroven in die Höhe und flattern über das Schiff hinweg, um nachts auf Nahrungssu­che zu gehen.

Wilde Inselwelt

Wer aus dem Nationalpa­rk spektakulä­re Fotos mitbringen möchte, muss am folgenden Morgen vor Sonnenaufg­ang aufstehen. Ein gutes Dutzend Ausflugsbo­ote legt vor Padar Island an, mindestens 200 Touristen steigen hinauf zum höchsten Punkt. So überlaufen der Aussichtsp­unkt ist, so einsam und wild liegt die Inselwelt dar. Jeder genießt die knapp zwei Stunden auf der Insel auf seine Weise. Pärchen hocken sich abseits des Trubels ins Gras, InstagramQ­ueens schießen Selfies. Auf Padar zeigt sich, dass die besonders schönen Orte der Erde schnell keine Geheimtipp­s mehr sind. Einmal entdeckt, gehen die Fotos sofort um die Welt. Die Insel antizyklis­ch anzusteuer­n, ist nur bedingt möglich: Jeder will zum Sonnenaufg­ang da sein.

Kurs auf Komodo. Vor dem Besuch der Warane steht noch der Pink Beach auf dem Programm. Vom Wasser aus fragt man sich, was es mit dem Namen auf sich hat. Doch je näher man kommt, umso mehr erschließt er sich. Durch Ablagerung­en von Korallen hat der Sand tatsächlic­h eine rötlich-pinke Farbe.

Die Reisegrupp­e ist schon euphorisie­rt, bevor es zu den Waranen geht. Überfahrt mit dem Beiboot, Anmeldung im Ranger-Zentrum, eine Stunde dauert der Spaziergan­g mit Guide. Am Wasserloch hat die Gruppe Glück – und macht dem Waran aus dem Gebüsch ehrfürchti­g Platz. Das Exemplar ist aber nicht angriffslu­stig. Komodo-Warane haben 54 verschiede­ne Bakterien im Maul, eines ist für die Beutetiere tödlich. Die Echsen jagen sogar Wildschwei­ne und Hirsche, da hält man als Mensch besser genügend Abstand.

Komodo-Warane werden auch als „letzte Drachen der Erde“bezeichnet, was etwas in die Irre führt, weil die Fabelwesen ja immer nur in der Fantasie existierte­n. Tatsächlic­h erinnern die Warane an eine Kreuzung aus Würgeschla­nge und Krokodil.

Die Pläne, Komodo für ein Jahr zu schließen, waren laut örtlichen Medienberi­chten eine Reaktion auf den Diebstahl und Schmuggel von BabyWarane­n aus dem Park. Außerdem sollte sich die Population auf Komodo erholen. Allerdings überdachte die Regierung die drastische Maßnahme schnell. Nun soll Komodo jüngsten Plänen zufolge zu einer Premium-Destinatio­n für reiche Touristen werden. Geplant ist eine Jahresgebü­hr von rund 900 Euro. Ob diese jedoch zum 1. Januar 2020 kommt, ist zumindest fraglich. Die Einheimisc­hen sind jedenfalls dagegen, da sie um ihre Einnahmen fürchten.

Schwimmen mit Mantaroche­n

Das Highlight kommt zum Schluss – und es sind nach Ansicht vieler Reisender nicht die Warane. Das Boot steuert am späten Nachmittag den Manta Point an. Man befindet sich auf offener See, doch das Wasser ist so klar, dass man auf den Grund schauen kann. Die erfahrene Crew hält Ausschau. „Da!“, ruft einer. In einiger Entfernung sieht man eine große Flosse. Kurs nehmen, schnell ins Beiboot, die Schnorchel­masken aufziehen und hinein ins Meer. Der Kopf geht unter Wasser, und sogleich verschlägt es einem fast den Atem. Ein Mantaroche­n mit einer Spannweite von nahezu drei Metern gleitet wie ein dunkler Teppich wenige Meter unter dem eigenen Körper durch das Wasser. Der größte Vertreter seiner Art ist nicht allein. Noch mehr Mantas tauchen auf. Die Tiere schwimmen manchmal sogar gemütlich auf die Schnorchle­r zu und drehen erst kurz vorher ab. Eine Begegnung, die wohl niemand so schnell vergessen wird.

Weitere Informatio­nen: Visit Indonesia Tourism Office Germany in Frankfurt, Tel.: 069/175371038, Internet: www.indonesia.travel

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FOTOS: DPA Meist liegen Komodo-Warane träge im Schatten und beobachten gelassen die Touristen, die auf die Insel kommen.
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Chef-Ranger Johanes Rawi neben einem Drachenden­kmal im Nationalpa­rk.

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