Gränzbote

Salsa lernen in der Filiale des Himmels

Cali hat sich vom kolumbiani­schen Drogenzent­rum zu einem einzigen riesigen Tanzpalast entwickelt

- Von Jörg Vogelsänge­r

CALI (dpa) - Salsa-Tanzen ist Lebensfreu­de, will aber auch gelernt sein. Cali in Kolumbien ist dafür ein gutes Pflaster.

Luz Aydé Moncayo klatscht in die Hände. „1-2-3, 5-6-7. Tritt, zurück und schließen“, befiehlt sie und gibt Schritte und Takt vor. Schon bald rinnt den Tanzschüle­rn der Schweiß von der Stirn. Die Motivation ist groß. Schließlic­h sind einige Kursteilne­hmer Tausende Kilometer weit gereist, nur um in Cali Salsa tanzen zu lernen. Die 2,4 Millionen Einwohner zählende Metropole im Südwesten von Kolumbien ist dafür ein zunehmend beliebtes Ziel. Rund 130 Tanzschule­n gibt es laut der Kulturverw­altung inzwischen. „La capital de la salsa“, die Hauptstadt der Salsa, nennt Cali sich selbst.

„Was die Salsa Kolumbiens auszeichne­t, sind die sehr schnellen Bewegungen“, erklärt Profitänze­r Juan Ángel Ramírez. So verzichtet der

„Cali Style“auf Pausen, stattdesse­n wird auf jeder Zählzeit ein Schritt gemacht. Ihr Können zeigen Tänzer jedes Jahr auf der Feria de Cali, einem Volksfest, das vom 25. bis 30. Dezember stattfinde­t. Höhepunkt ist das Salsódromo, eine Parade der besten Salsa-Schulen. An den sechs Tagen finden auch Umzüge mit traditione­llen Kostümen und jede Menge Konzerte statt.

Kolumbiens nach Bogotá und Medellín bevölkerun­gsreichste Stadt hat schwere Zeiten hinter sich. Vor rund 25 Jahren machte der Drogenkrie­g zwischen dem Cali-Kartell und dem Medellín-Kartell Schlagzeil­en. Seit deren Zerschlagu­ng in den 1990ern-Jahren und dem Friedensab­kommen mit der Farc-Guerilla 2016 hat die Sicherheit­slage sich auch in Cali stark verbessert. Obwohl Kriminalit­ät in den Großstädte­n weiter ein Problem ist, haben Wirtschaft­swachstum und eine gesunkene Armutsquot­e dazu beigetrage­n, Kolumbiens Image deutlich zu verbessern.

Für die stolzen Caleños ist ihre Stadt, die von einer 26 Meter hohen Christus-Statue bewacht wird, „la sucursal del cielo“, die Filiale des Himmels. Eine Liebe auf den ersten Blick ist Cali nicht. Die Stadt schafft es aber, die Besucher in ihren Bann zu ziehen. Für die einen liegt es am pulsierend­en Nachtleben, für andere an der Lebensfreu­de der Bewohner. „Die Menschen sind einfach authentisc­h“, sagt Marlene Reißing, eine Studentin aus Berlin, die zum SalsaLerne­n nach Cali gereist ist. „Sie sind aufmerksam, interessie­rt und freuen sich, dass du da bist.“

Dass die Salsa ausgerechn­et in Cali eine so große Rolle spielt, mag zunächst verwundern. In rund 1000 Metern Höhe im Tal des Cauca-Flusses gelegen, gehört die 1536 gegründete Stadt zur gebirgigen Anden-Region. Dennoch muten die Atmosphäre der Stadt und ihre feierlusti­gen Einwohner zuweilen karibisch an. Das hat historisch­e Gründe, wie der Anthropolo­ge und Salsa-Experte Alejandro Ulloa erklärt: Wie auch in Teilen der Karibik gab es im CaucaTal große Zuckerrohr-, Kakao- und Tabakplant­agen, auf denen die spanischen Kolonialhe­rren Sklaven aus Afrika schuften ließen. Das brachte die afrikanisc­he Kultur in die Region. Hinzu kam im 20. Jahrhunder­t eine starke Migrations­bewegung von der nahe gelegenen Pazifikküs­te.

Die Salsa war anfangs eher bei der ärmeren Bevölkerun­g beliebt. Doch heute wirkt sie wie ein einendes gesellscha­ftliches Element. Ob im Taxi, im Supermarkt oder im Park: Salsa wird überall gehört – und bei jeder Gelegenhei­t auch getanzt. „Du wächst mit der Salsa auf, sie ist Teil deines Lebens und gehört zum Klang der Stadt dazu“, sagt Claudia Gómez, eine aus Cali stammende Anwältin, die überaus gerne Tanzen geht.

Wie spektakulä­r der Cali Style aussehen kann, erleben Besucher auch in der Revue „Delirio“, die einmal im Monat in einem Zirkuszelt außerhalb der Stadt gezeigt wird. In der Show treten bis zu 200 profession­elle Tänzer und Artisten auf. Etwas preiswerte­r und ebenfalls farbenpräc­htig ist das „El Mulato Cabaret“in der Innenstadt. Sonntags lädt das Theater zum Tanzen ein. Gelegenhei­t dazu geben auch die zahlreiche­n Salsa-Clubs der Stadt.

Weitere Informatio­nen: Fremdenver­kehrsamt Kolumbien in Frankfurt, Tel.: 069/1302/3832, Internet: www.colombia.travel

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FOTOS: DPA Die einen beherrsche­n die Salsa bereits in Vollendung, die anderen müssen noch ein wenig üben.
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