Kanzlerin Merkel empfindet „tiefe Scham“
Bei ihrem ersten Besuch in Auschwitz mahnt sie, die Erinnerung wachzuhalten
OSWIECIM (dpa/KNA/AFP) - Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich angesichts der von den Nationalsozialisten im deutschen Konzentrationslager Auschwitz begangenen Gräuel tief betroffen geäußert. Sie „empfinde tiefe Scham“, sagte Merkel am Freitag bei ihrem ersten Besuch im ehemaligen deutschen Konzentrationslager Auschwitz in Anwesenheit des polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki. „Was hier geschah, lässt sich mit Menschenverstand nicht erfassen.“
Angesichts der Verbrechen müsse man vor Entsetzen eigentlich verstummen, sagte Merkel. Dennoch dürfe das Schweigen nicht die einzige Antwort sein. Deutschland sei verpflichtet, die Erinnerung an die damaligen Verbrechen wachzuhalten. Die Auschwitz-Gedenkstätten sollten, so Merkel, als „immerwährende Mahnung“erhalten werden. Auschwitz stehe für den „millionenfachen Mord, den Deutsche an Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma sowie unzähligen Menschen aus ganz Europa begangen haben“, schrieb Merkel am Freitag ins Goldene Buch des Museums. Zuvor hatte Merkel gesagt: „Wir dürfen niemals vergessen, einen Schlussstrich kann es nicht geben und auch keine Relativierung.“Die Verantwortung für die damaligen Taten gehörten untrennbar zu Deutschland, sie seien fester Teil der nationalen Identität. Zugleich bezeichnete es Merkel als Geschenk, dass es nach den Nazi-Gräueln heute in Deutschland wieder ein blühendes jüdisches Leben gebe. Das gleiche fast einem Wunder.
Es war der erste Besuch eines deutschen Regierungschefs in Auschwitz seit 24 Jahren. Damals kam Helmut Kohl (CDU) in die Gedenkstätte. Als erster Bundeskanzler hatte 1977 Helmut Schmidt (SPD) die Gedenkstätte besucht. In Auschwitz wurden von 1940 bis 1945 mindestens 1,1 Millionen Menschen ermordet. Etwa eine Million der Todesopfer waren Juden.