Die Hängepartie geht weiter
Ein kleines Wunder ist der SPD schon gelungen. Beim Parteitag kam es nicht zum Bruch, sondern die Kritiker stimmten dem neuen Kurs zu: In der Regierung bleiben, aber das Profil schärfen. Die Zusammenarbeit in der Großen Koalition wird dadurch aber keinesfalls leichter. Auch wenn die nach links gerückte SPD sich für ihre Regierungsarbeit einige Hintertüren offengehalten hat. Der Mindestlohn von zwölf Euro ist ein „perspektivischer“Lohn, das heißt, er muss nicht in den nächsten Wochen oder Monaten kommen. Beim Klimaschutz will die SPD über den soeben ausgehandelten Kompromiss hinausgehen. Doch hier könnte hilfreich sein, dass das Klimapaket ohnehin mit vielen Ländern noch verhandelt wird, in denen die Grünen mitregieren.
Schwierig aber wird es, wenn die neue Parteiführung die Schuldenbremse abschaffen will. Das wird nicht nur die Union ablehnen, sondern sie brüskiert damit auch den eigenen Finanzminister Olaf Scholz, der die schwarze Null ebenfalls zu seinem Ziel erklärt hat.
Deshalb wurden hinter den Kulissen des Parteitags schon jede Menge Wetten abgeschlossen, wie lange es wohl bis zum nächsten Krach dauern wird. Schließlich wartet die Basis darauf, dass ihre neue Führung etwas von ihren Plänen umsetzt. Da aber kaum eine Forderung der SPD mit der Koalition verwirklicht werden kann, könnte die alte Unzufriedenheit schnell wieder da sein.
Erschwerend kommt hinzu: Nicht nur die SPD steht nicht gut da. Denn so wie bei den Sozialdemokraten einige ihre Spitze beschuldigen, neoliberale Politik zu machen, so gibt es in der CDU etliche, die ihrer Führung eine Sozialdemokratisierung vorwerfen. Auch die Christdemokraten arbeiten an ihrem Profil. Das zeigt sich schon an der brüsken Antwort von Annegret KrampKarrenbauer, die der SPD beim Klimaschutz nicht entgegenkommen will.
Keine Frage: Die Gräben werden eher tiefer, die Regierungszusammenarbeit wird noch schwieriger. Die Hängepartie geht weiter, der nächste drohende Bruch der GroKo ist nur eine Frage der Zeit.