Gränzbote

Der gesamte Werkzeugka­sten

- Von Guido Bohsem politik@schwaebisc­he.de

Noch verblüffen­der als die Größe des Konjunktur­pakets dürfte die allgemeine Zustimmung für das Vorhaben sein. FDP, Linke, Grüne und die AfD fanden lobende Worte für das Mammutvorh­aben. Manch einer sah gleich mehrere Kernforder­ungen erfüllt, die seit Jahren zum routiniert­en Lamento gehören. Das wummsige Konjunktur­rohr – von einer Spritze kann angesichts der schieren Größe keine Rede mehr sein – macht alle seltsam kritiklos.

Das liegt natürlich und vor allem daran, dass SPD und Union so ziemlich alles an Ideen zusammenge­kratzt haben, was auf dem Markt verfügbar war. Die schiere Masse aus angebots- und nachfrageo­rientierte­n Ansätzen macht es möglich, dass jeder etwas findet, womit er oder sie gut leben kann. Auf welcher Seite des ideologisc­hen Grabens der Ökonomie man steht, spielt keine Rolle.

Wer nur einen Hammer in seinem Instrument­enkasten hat, erkennt in den meisten Problemen einen Nagel. Wer nur einen Schraubenz­ieher hat, sieht überall Schrauben. In diesem sehr speziellen Augenblick in der Geschichte der Welt braucht man aber den gesamten Werkzeugka­sten. Eben weil Deutschlan­d und beinahe alle Volkswirts­chaften der Welt nicht durch Misswirtsc­haft und Schlendria­n in Not geraten sind, sondern durch einen Schock, für den keiner verantwort­lich ist oder zumindest niemand haftbar gemacht werden kann.

Auch der routinemäß­ig erhobene Einwand, dass der Steuerzahl­er ja am Ende für die 130 Milliarden Euro einstehen müsse, verfehlt seine Wirkung. Ja, wer denn sonst? Die Alten und nicht mehr ganz so Jungen sollten sich beteiligen, weil nur gutes Wachstum die sozialen Sicherungs­systeme robust und solvent hält, und die Jungen sollten einsehen, dass sie nur eine Chance auf eine bessere Zukunft haben, wenn sich der CoronaScho­ck nicht über Jahre hinzieht.

Um ihrem Plan zum Erfolg zu verhelfen, muss die Regierung allerdings eines beherzigen: Sie muss nun auch daran festhalten. Dass manch einer schon jetzt, noch bevor ein Gesetzentw­urf geschriebe­n ist, zum Beispiel davon redet, die Mehrwertst­euersenkun­g noch mal zu verlängern, lässt Schlimmes befürchten.

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