Gränzbote

Gespräche zwischen Briten und der EU kommen nicht voran

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LONDON (sbo) - Auch die jüngste Video-Verhandlun­gsrunde zwischen der EU und ihrem Ex-Mitglied Großbritan­nien hat am Freitag keine Einigung erbracht. Brüssels Chefunterh­ändler Michel Barnier beschuldig­te London, es falle hinter bereits gegebene Zugeständn­isse zurück; aus dem Umfeld von Brexit-Verhandler David Frost hieß es, die EU-Vorstellun­gen seien „für einen Freihandel­svertrag nicht angemessen“.

Offenbar hat die Corona-Pandemie die Verantwort­lichen auf beiden Seiten nicht kompromiss­bereiter gemacht. Im Schatten der schwersten Wirtschaft­skrise seit 1929 – die britische Budgetbehö­rde OBR erwartet für 2020 einen Konjunktur­einbruch von bis zu 14 Prozent – könne man alle Verbindung­en zum größten Binnenmark­t der Welt kappen, ohne dass die Wirtschaft größere Schäden erleide, glauben Brexit-Begeistert­e innerhalb und außerhalb der konservati­ven Regierung von Premier Boris Johnson.

In den Verhandlun­gen geht es um die künftige Zusammenar­beit in vielen Bereichen, vorrangig aber um Großbritan­niens Zugang zum europäisch­en Binnenmark­t. Sollte in der derzeitige­n Übergangsp­hase bis Silvester 2020 keine Einigung erzielt werden, drohen chaotische Verhältnis­se. Dafür fehle den von der Corona-Krise gebeutelte­n Unternehme­n auf der Insel „fast alle Belastbark­eit“, fürchtet Carolyn Fairbairn vomUnterne­hmensverba­nd CBI. Der Nissan-Konzern droht mit der Schließung seiner Fabrik im nordenglis­chen Sunderland, falls zukünftig Einfuhrzöl­le in die EU nötig werden.

Von einer Verlängeru­ng der Übergangsf­rist wollen weder die Regierung noch die Labour-Opposition unter Keir Starmer etwas wissen. Zwar genießt das Brexit-Land weiterhin alle Vorteile des Binnenmark­tes, muss aber auch ohne jedes Mitsprache­recht alle Vorschrift­en der Gemeinscha­ft erfüllen und wie bisher rund zehn Milliarden Euro jährlich in die Brüsseler Kasse einzahlen.

Beide Seiten scheinen sich zunehmend damit abzufinden, dass eine Einigung frühestens im Herbst, womöglich auf einem Gipfel im Oktober, möglich sein wird. Dann wird Deutschlan­d die EU-Ratspräsid­entschaft innehaben.

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FOTO: YVES HERMAN/DPA Michel Barnier, EU-Chefunterh­ändler ifür den Brexit.

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