Theo Zwanziger: „Der Schlüssel zum WM-Skandal liegt bei Infantino“
Der frühere DFB-Präsident wird 75 und ist dankbar für alles Erlebte, die Sommermärchen-Affäre aber interessiert ihn weiter
FRANKFURT (SID) - Wenn Theo Zwanziger aus Altendiez auf sein Leben zurückblickt, sieht er einen „jungen Mann vom Dorf, der nicht so gut Fußball spielen konnte wie Beckenbauer und Netzer“. Und dann ist er manchmal immer noch erstaunt, was dieser junge Mann in der großen Fußballwelt alles erleben durfte. „Es gibt nur wenige Menschen, denen das vergönnt war“, erzählt der ehemalige DFB-Präsident: „Deswegen bin ich sehr glücklich und zufrieden.“
Am Samstag feiert Zwanziger seinen 75. Geburtstag. Auf eine große Sause hat der Jurist, der von 2004 bis 2012 an der Spitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) stand, aber keine Lust. Wie so oft verbringt er die Zeit rund um seinen Ehrentag mit Ehefrau Inge im Urlaub im bayerischen Bad Füssing, Radtouren und Wellness stehen auf dem Programm.
„Wir genießen die Tage ohne großen Trubel in aller Ruhe – altersgerecht, sage ich mal“, berichtet der Jubilar und lacht. Am Geburtstag selbst gehe er mit seiner Frau und ein paar Freunden essen, „damit war's das“.
Trubel hatte Zwanziger zuletzt genug. Aufgrund dubioser Millionenzahlungen im Vorfeld der Heim-WM 2006 war er mit drei weiteren ExFunktionären in der Schweiz wegen Betrugs angeklagt, die Vorwürfe verjährten am 27. April. Groß belastet habe ihn der „Sommermärchen-Prozess“nicht. „Ich wusste von Anfang an, dass ich keine strafrechtlich relevante Handlung begangen habe. Ich bin kein Betrüger, und ich bin kein Steuerhinterzieher“, sagt Zwanziger.
Aufklärung wünscht er sich weiter. Zwanziger will wissen, was es mit den 6,7 Millionen Euro wirklich auf sich hatte, die 2002 vom inzwischen verstorbenen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus über WM-OK-Chef Franz Beckenbauer zum damaligen FIFA-Finanzchef Mohamed bin Hammam
nach Katar flossen. Drei Jahre später überwies der DFB die gleiche Summe für eine später nie stattgefundene Gala an die FIFA, von dort ging das Geld an Louis-Dreyfus zurück. „Der Schlüssel“zur Aufklärung, sagt Zwanziger, liege bei FIFA-Präsident Gianni Infantino: „Aber der tut nichts, um diesen Vorgang aufzuklären, ganz im Gegenteil.“Vom DFB wünscht er sich, dass dieser „in diese Richtung mehr Druck machen würde“. Der neue DFB-Chef Fritz Keller hatte jüngst eine erneute eingehende Untersuchung der Vorgänge mithilfe einer Berliner Detektei angekündigt.
An das Sommermärchen 2006, eines der großen Highlights seiner Funktionärskarriere, hat Zwanziger trotzdem nur gute Erinnerungen. „Das war so eine tolle Zeit“, erzählt er. Vor allem „die Zusammenarbeit mit Franz Beckenbauer und Günter Netzer,
meinen großen Fußballidolen“, sei unvergesslich gewesen. Auch sonst ist Zwanziger mit sich und der Welt im Reinen. Von 2004 bis 2006 bildete er beim DFB eine Doppelspitze mit Gerhard Mayer-Vorfelder, danach stand er dem größten Einzelsportverband der Welt acht Jahre alleine vor. Neben der Nachwuchsförderung und dem Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung habe ihm vor allem der Frauenfußball am Herzen gelegen: „Damit bin ich mehr als zufrieden.“
Vom Fußball kann er auch im Ruhestand nicht lassen. „Ich bin immer noch Anhänger von Gladbach und der Nationalmannschaft und werde es auch bleiben“, sagt er. Große Freude findet der Vater zweier Söhne auch in der Arbeit für seine Stiftungen, die Entwicklungshilfe in Ruanda leisten. „Das füllt mich voll und ganz aus, mehr brauche ich nicht.“