Merkels Stimme hat Geburtstag
Regierungssprecher Steffen Seibert wird 60 Jahre alt
BERLIN (dpa) - Er spricht für die mächtigste Frau in Deutschland. Tritt sie auf, ist er meist aber im Hintergrund. An diesem Sonntag (7. Juni) wird Steffen Seibert 60 Jahre alt. Doch auch um diesen runden Geburtstag will er am liebsten gar kein großes Aufheben machen. Gut möglich, dass Seibert da entgegenkommt, dass an eine große Feier wegen der Corona-Kontaktbeschränkungen aktuell sowieso nicht zu denken ist.
Als der damals 50-Jährige den Posten vor fast zehn Jahren antrat, wechselte er beruflich die Seiten. Seibert, den wohl viele jünger schätzen würden, als er ist, wurde vom Fragenden zum Antwortenden. Mehr als 20 Jahre arbeitete er zuvor für das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) als Journalist. Vor allem in den Nachrichtenformaten „Heute“und „Heute Journal“erwarb er sich unter Kollegen Anerkennung. Und ein Millionenpublikum wusste, wer Steffen Seibert ist.
Die Stelle des Regierungssprechers wurde frei, weil Vorgänger Ulrich Wilhelm als Intendant zum Bayerischen Rundfunk (BR) wechselte. Damals wurde Seibert in der Pressemitteilung der Bundesregierung folgendermaßen zitiert: „Für einen leidenschaftlichen Journalisten ist das eine ganz unerwartete, faszinierende neue Aufgabe.“
Dass Seibert Fernsehjournalist war, merke man ihm an, sagt der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte von der Universität Duisburg-Essen, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Weil er dieses besondere Verhältnis zur Vorsicht hat. Zur Beziehung Seiberts zu Merkel sagt Korte: „Er ist ein zentraler Machtmakler für die Kanzlerin. In dem Vorraum der Macht spielt er eine wichtige Rolle.“
Wer Seibert regelmäßig in der wöchentlich dreimal tagenden Bundespressekonferenz
in Berlin erlebt, trifft auf einen routinierten Sprecher Merkels, der sich auch von ideologisch gefärbten Fragen nicht aufs Glatteis führen lässt. Geschätzt wird er für seine unaufgeregte, höflich-zuvorkommende Art im professionellen Umgang.
Beim ZDF mit Hauptsitz in Mainz machte der Ehemann und Vater von drei Kindern als Journalist Karriere. Nachdem der in München geborene Seibert Geschichte, Literatur und Öffentliches Recht studiert hatte, begann er Ende der 1980er-Jahre ein ZDF-Volontariat. In den 1990er-Jahren war er Auslandskorrespondent in Washington und anschließend Moderator beim „ZDF-Morgenmagazin“.
Zwischen 2003 und 2010 war Seibert Moderator der „Heute“-Nachrichten und in den späteren Jahren auch des „Heute Journals“. Eine Kollegin beim „Heute Journal“war die Journalistin Dunja Hayali. Was sie dachte, als bekannt wurde, dass er Regierungssprecher wird? „… jetzt verlässt er mich für eine Ältere ;-) Aber im Ernst. Ich war natürlich traurig, weil ich gerne mit ihm weitergearbeitet hätte“, schreibt sie auf dpa-Anfrage.
In der Zusammenarbeit erlebte Hayali ihn so: „Steffen ist akribisch, genau, belesen, neugierig, gut informiert, detailversessen, loyal und er hat ein gutes Gespür - auch für die besondere Frage in einem Interview. Er war von sich und seiner Arbeit auf gesunde Art und Weise überzeugt. Alles Eigenschaften, die wahrscheinlich auch die Kanzlerin an ihm schätzt.“
Einer der wichtigsten journalistischen Momente Seiberts war seine Liveberichterstattung über die Terroranschläge am 11. September 2001, die ihm auch den Fernsehpreis Goldene Kamera einbrachte.