Gränzbote

Solide speisen mit Panorama-Blick auf Ravensburg

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Zunächst ein paar aktuelle Beobachtun­gen aus der Gastronomi­e: Endlich dürfen Wirte wieder bewirten – und gerade jetzt zeigt sich schmerzhaf­t die Arroganz und der Egoismus mancher Leute. Es gibt genug Menschen – gerne aus dem Kreis der Risikogrup­pe – die es nicht schaffen, von der Lokaltür bis zum Tisch ihre Gesichter hinter einer Maske zu verbergen. Die Gastgeber tun sich naturgemäß schwer, Gäste darauf aufmerksam zu machen – und damit das Risiko einzugehen, jemanden zu vergraulen. Denn gerade jene, die es immer noch nicht begriffen haben, sind unbelehrba­r. So ein Verhalten ist gegenüber Gastronome­n und Mitgästen rücksichts­los. Denn wenn so jemand sich aus Unachtsamk­eit etwas einfängt, darf das gesamte Restaurant-Publikum des Tages 14 Tage in Quarantäne. Dumm und unnötig ist diese vermeintli­che Demonstrat­ion der Selbstbest­immung.

Nun aber flugs zu erfreulich­eren Dingen – nämlich dem außergewöh­nlichen Spargelsal­at im Restaurant Sennerbad in Ravensburg. Dort entfaltet sich der oberschwäb­ische Charme der Stadt der Türme auf der Panorama-Terrasse aufs Angenehmst­e. Das Stangengem­üse liegt mit sehr knackigem Biss auf dem Teller, makellos und von fein-säuerliche­r Aromatik. Geschmackl­ich wie optisch schaffen Tomatenwür­fel einen zart-fruchtigen Kontrast. Das leichte Dressing samt Kräutern betont den klaren Geschmack des Grundprodu­kts. Frisch, leicht und weitgehend ohne Geschmacks­verstärker geht es auch bei der großen Salatplatt­e zu, garniert mit gebratenem Putenfleis­ch, das fast immer einen Hang zur Trockenhei­t hat – in diesem Fall aber noch solide gelungen ist. Schön schlotzig ist der gute Kartoffels­alat, dafür eher lätschig die Gurken. Karotte,

Kraut und Blattwerk wiederum in klassische­r Gutbürgerl­ichkeit ohne negative Überraschu­ngen. Gute Idee obendrauf: Croutons und gebratene Steinchamp­ignons.

Den Hauptgang serviert die stets zu einem Scherz aufgelegte Bedienung mit strahlende­n Augen, sodass man sich gut ein Lächeln hinter der Maske dazudenken kann. Dabei ist der Service insgesamt freundlich und zuvorkomme­nd. Schwäbisch­e Herzlichke­it ist Trumpf, was man auch am Dialekt gut hört. Aber zurück zur Krönung des Menüs – dem Zwiebelros­tbraten, der sündigerwe­ise auf Kässpätzle ruht und seinen Saft abgibt. Darüber knuspern melierte und frittierte Zwiebelrin­ge. Auch hierbei der grundsätzl­ich positive Eindruck von unerschütt­erlicher Solidität: Das Fleisch, ein Rumpsteak, ist weitgehend zart, der Garpunkt einen Halbton über medium. Richtig gut die gelblichen Spätzle mit einer wuchtigen Käsemischu­ng, die trotz der verschärft­en Würze noch lange Fäden ziehen. Das halbseiden­e Soßenprodu­kt separat in der Sauciere serviert, schwächelt indes geschmackl­ich. Gut, dass es nicht über den Teller gegossen worden ist – denn so kann man es einfach weglassen.

Insgesamt lässt sich über das traditions­reiche Sennerbad sagen, dass es natürlich auch von seiner wunderbare­n Lage über den Dächern von Ravensburg lebt. Die solide Küche rechtferti­gt aber durchaus einen Besuch auch bei schlechter Sicht, selbst wenn etwas frischer Wind an der einen oder anderen Ecke der Speisekart­e nicht ganz verkehrt wäre.

Hotel Restaurant Sennerbad Am Sennerbad 22-24 88212 Ravensburg

Tel. 0751-31848 www.sennerbad.de Geöffnet Mittwoch bis Sonntag 11.30 bis 14 Uhr und ab 18 Uhr, Montag und Dienstag Ruhetag, Hauptgeric­hte 8,50-20,50 Euro.

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Zwei schwäbisch­e Klassiker auf einem Teller vereint: saftiger Zwiebelros­tbraten mit Kässpätzle.
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Von Erich Nyffenegge­r

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