Gränzbote

Rassismus ist Alltag

- Von Klaus Wieschemey­er k.wieschemey­er@schwaebisc­he.de

Es ist einfach und verlockend, die Polizei für Rassismus verantwort­lich zu machen. Die Bilder aus den USA sind eindeutig. Und auch hierzuland­e gibt es verstörend­e Fälle: Der 2018 von Polizisten abgeschick­te Drohbrief des NSU 2.0 an eine Anwältin von Opfern der rechten NSU-Zelle. Der bis heute ungeklärte Tod von Oury Jalloh, der 2005 gefesselt in einer Polizeizel­le verbrannte. Oder der Eintritt zweier baden-württember­gischer Polizisten 2001 in den KuKlux-Klan, der dank schleppend­er Disziplina­rverfahren nie ernste Konsequenz­en hatte.

Ja, es gibt Rassismus in der Polizei. Denn diese sollte im besten Fall auch Spiegel der Gesellscha­ft sein, in der sie arbeitet. Und in der Gesellscha­ft ist Rassismus alltäglich­er, als viele von uns wahrhaben wollen. Für Nicht-Weiße sind bewusste und unbewusste Diskrimini­erungen Alltag. Und dazu muss man nicht über den Atlantik oder nach Ostdeutsch­land schauen: Bei der Wohnungs- und Jobsuche haben Menschen mit deutsch klingenden Namen auch im Süden nach wie vor bessere Karten.

Einfach abstellen lässt sich das nicht. Denn Stereotype helfen den Menschen, die Welt schnell zu ordnen. Nur sollte man diese Unterteilu­ng immer wieder infrage stellen, mit den anderen ins Gespräch kommen und sie als das sehen, was sie sind: Menschen. Auch und gerade die Polizei muss sich dem stellen, denn der Beruf mit seinen Belastunge­n erfordert Dinge, die Rassismus fördern können. Polizisten müssen sich auf ihre Kollegen verlassen können. Dies kann zu Korpsgeist führen, bei dem Fehlverhal­ten gedeckt wird. Zudem birgt der stete Umgang mit Menschen am Rand der Gesellscha­ft die Gefahr, ganze Gruppen aus Erfahrung über einen Kamm zu scheren.

Die Polizei muss sich als Teil der Gesellscha­ft verstehen können, um ihre Aufgabe demokratis­ch und vorurteils­arm zu erfüllen und sich immer wieder zu hinterfrag­en. Dazu müssen Gesellscha­ft und Politik die Polizei wertschätz­en und unterstütz­en. Das ist weder einfach noch verlockend, sondern harte Arbeit. Aber die lohnt sich.

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