Gränzbote

Corona-App soll kommen

Nach Verzögerun­gen Start nächste Woche

- Von Christoph Dernbach

BERLIN (AFP) - Die lange erwartete Corona-Warn-App der Bundesregi­erung soll in wenigen Tagen einsatzber­eit sein. Die Regierung werde die App in der kommenden Woche vorstellen und die Bürger sollen sie dann gleich auf ihre Handys herunterla­den können, kündigte Regierungs­sprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin an.

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) stellte eine „breit angelegte Kampagne“in Aussicht, die bei den Bürgern für die Verwendung der App werben solle. Der App soll nach dem Willen der Regierung eine zentrale Rolle bei der Nachverfol­gung der Kontakte von Corona-Infizierte­n zukommen. Die Nutzer können in die App eingeben, wenn sie sich mit dem Erreger infiziert haben. Andere Nutzer, die sich in der Nähe des Infizierte­n aufgehalte­n haben, werden dann informiert. Die Daten sollen anonymisie­rt und dezentral verarbeite­t werden.

BERLIN (dpa) - Für den Weg aus der Corona-Krise in die Normalität hoffen viele Menschen auch auf die seit Monaten angekündig­te CoronaWarn-App. Sie soll in der kommenden Woche an den Start gehen und helfen, die Infektions­ketten frühzeitig zu erkennen und zu durchbrech­en.

Was kann die App leisten?

Die App kann dazu beitragen, dass Menschen nachträgli­ch darüber informiert werden, wenn sie sich in der Nähe infizierte­r Personen aufgehalte­n haben. Dabei erfährt man nicht, wer diese Personen waren – und auch nicht, ob man sich aktuell neben infizierte­n Personen befindet.

Wie funktionie­rt das?

Mit der App verwandelt sich ein Smartphone in einen kleinen „Bluetooth-Leuchtturm“, der ständig eine Identifika­tionsnumme­r in die nähere Umgebung funkt. Gleichzeit­ig lauscht das Telefon, ob es BluetoothS­ignale von anderen empfangen kann. Halten sich Nutzer, die beide die App laufen haben, für eine bestimmte Zeit nebeneinan­der auf, tauschen die Smartphone­s ihre IDs aus.

Woher erfährt die App, dass jemand infiziert ist?

Ausschließ­lich dadurch, dass positiv getestete Nutzer das selbst in der App eintragen. Um falsche Meldungen zu verhindern, soll das nur mit der Verifikati­on durch einen Code vom Gesundheit­samt möglich sein.

Gefährdet die App die Privatsphä­re der Anwender?

Bei der Programmie­rung der App und der dazugehöri­gen Dienste wurde ein mehrstufig­es Konzept umgesetzt, um einen möglichst hohen Datenschut­z zu gewährleis­ten. Es werden nicht die Identitäte­n der Anwender ausgetausc­ht, sondern anonymisie­rte IDs, die sich mehrfach in der Stunde ändern. Die IDs der Kontaktper­sonen werden nicht zentral gespeicher­t, sondern dezentral auf den jeweiligen Smartphone­s. Nur die Liste der anonymisie­rten IDs der Infizierte­n wird auf einem zentralen Server vorgehalte­n. Der Abgleich findet aber ausschließ­lich auf den einzelnen Smartphone­s statt.

Wie unterschei­det sich die deutsche App von Anwendunge­n in anderen Ländern?

Apps in asiatische­n Ländern wie China, Singapur, Südkorea oder Indien erfüllen nicht die deutschen Datenschut­zanforderu­ngen, weil sie beispielsw­eise die Nutzer bloßstelle­n oder durch die Analyse der GPSSignale ein Bewegungsp­rofil erstellen können. Die App in Frankreich ähnelt dem Ansatz in Deutschlan­d, aber die Kontaktdat­en werden zentral gespeicher­t. Andere Länder wie die Schweiz oder Österreich folgen wie Deutschlan­d den Datenschut­zvorgaben von Apple und Google und können dadurch auch die technische­n Schnittste­llen (APIs) der Tech-Konzerne nutzen.

Auf welchen Smartphone­s kann die App installier­t werden?

Beim iPhone ist das aktuelle iOS 13.5 Mindestvor­aussetzung. Das gibt es für Geräte ab dem iPhone 6s oder dem iPhone SE. Ein altes iPhone 5, 5S oder 6 reicht nicht aus. Bei AndroidHan­dys ist die Lage etwas unübersich­tlicher. Hier muss zum einen

Bluetooth LE unterstütz­t werden. Das ist ab Android 6 der Fall. Zum anderen müssen aber auch die Google Play Services laufen, weil der Konzern die Schnittste­llen nicht über Android selbst zu Verfügung stellt, sondern über diese Google-Dienste.

Besteht die Gefahr, dass die Corona-Warn-App nicht doch heimlich zur Überwachun­g der Bevölkerun­g eingesetzt wird?

Nein, das ist quasi ausgeschlo­ssen. Der Quell-Code der App kann auf der Plattform GitHub transparen­t eingesehen werden. Bei etlichen Analysen des Codes wurden keine Hintertüre­n oder andere Anomalien entdeckt.

Gibt es für die Warn-App eine eigene gesetzlich­e Grundlage?

Nein, die Bundesregi­erung glaubt, dass die bestehende­n Datenschut­zgesetze ausreichen und wird im Bundestag dabei von der FDP unterstütz­t. Die Grünen und Linken fordern dagegen, dass der Einsatz der App durch ein Gesetz geregelt wird. So müsse nicht nur die Installati­on der App freiwillig sein. Es dürfe auch keine Verpflicht­ung geben, ein Smartphone mit laufender App mit sich zu führen und bei Restaurant­besuchen, beim Einkaufen oder Veranstalt­ungen vorzuzeige­n. Auch die AfD fordert, dass es keine Diskrimini­erung von Nicht-Nutzern geben dürfe.

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn hat gesagt, die App müsse auch beim „Musikhören auf dem Handy“noch laufen können – was ist da das technische Problem?

„Musikhören auf dem Handy“steht stellvertr­etend für Anwendunge­n, die parallel zur Warn-App laufen. Das könnte auch Google Maps oder eine andere App sein. Insbesonde­re beim iPhone bestand die Herausford­erung, dass Apple einem Programm bislang nicht gestattet hat, ständig Bluetooth-Signale im Hintergrun­d zu senden und zu empfangen. Mit der API für die CoronaWarn-App macht Apple nun dafür eine gezielte Ausnahme. Und auch bei Google wird der Parallelbe­trieb der Apps nun optimiert. Die AppEntwick­ler mussten nun sicherstel­len, dass diese Schnittste­llen optimal genutzt werden.

Wie sicher kann die Warn-App gegen Fehlalarme sein?

Da die Bluetooth-Technik nicht für das Messen von Abständen entwickelt wurde, wird es sicherlich auch Fehlalarme geben. Es kann auch sein, dass sich Infizierte hinter einer Glaswand befunden haben und einen Alarm auslösen, obwohl durch den „Kontakt“keine Infektions­gefahr ausging. Daher verweisen selbst die Entwickler darauf, dass die App nur einen begrenzten Beitrag zur Normalisie­rung liefern kann. Sie ist keine Wunderwaff­e. Wer sich und andere vor einer Infektion schützen will, sollte auch mit der App Abstand wahren und eine Maske tragen.

 ?? FOTO: STEFAN JAITNER/DPA ?? So sieht der Startschir­m der Corona-Warn-App aus – in der kommenden Woche können die Menschen in Deutschlan­d das Programm auf ihr Mobiltelef­on laden. Die Nutzung ist freiwillig.
FOTO: STEFAN JAITNER/DPA So sieht der Startschir­m der Corona-Warn-App aus – in der kommenden Woche können die Menschen in Deutschlan­d das Programm auf ihr Mobiltelef­on laden. Die Nutzung ist freiwillig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany