Gränzbote

Verwirrung um US-Abzugsplän­e

Innenminis­terium weiß nichts vom Abbau der US-Truppen – Soldaten sind im Süden auch ein Wirtschaft­sfaktor

-

STUTTGART (lsw) - Das Innenminis­terium weiß offiziell noch nichts von einem Abbau der US-Truppen in Baden-Württember­g. „Wir haben bislang noch keine Informatio­nen von den amerikanis­chen Kollegen erhalten“, sagte ein Sprecher von Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) am Montag in Stuttgart. Strobl selbst hob die Bedeutung der amerikanis­chen Streitkräf­te für den Südwesten hervor: „Die Standorte sind eine Stütze für die Wirtschaft­skraft der jeweiligen Region. Zivile Mitarbeite­r finden hier Beschäftig­ung, die Unternehme­n und der regionale Handel profitiere­n von der Nachfrage und den Investitio­nen der amerikanis­chen Streitkräf­te und ihrer Soldaten.“

In Stuttgart sitzen das militärisc­he Hauptquart­ier „European Command“(Eucom) und die für Afrika zuständige Zentrale „Africom“. „Wir in Baden-Württember­g wissen es sehr zu schätzen, dass bedeutende Dienststel­len der amerikanis­chen Streitkräf­te in Stuttgart beheimatet sind“, sagte Strobl. Auch der Hauptgesch­äftsführer der Industrie- und Handelskam­mer Stuttgart, Johannes Schmalzl, sagte: „Die in der Region stationier­ten US-Truppen sind natürlich auch ein Wirtschaft­sfaktor. Da geht es um Investitio­nen, Dienstleis­tungen und Konsumente­n.“Bei einem Abzug brächen Aufträge und langjährig­e wirtschaft­liche Beziehunge­n weg. Die Betriebe würden dies spüren.

Stuttgarts Oberbürger­meister Fritz Kuhn (Grüne) sagte, Trumps Ankündigun­gen seien oft vage und ohne Folgen. „Bei den angebliche­n Plänen zur Reduzierun­g der USTruppen in Deutschlan­d sind zuallerers­t die Nato und der Bund gefragt“, sagte Kuhn. An Spekulatio­nen wolle er sich nicht beteiligen.

US-Präsident Donald Trump plant nach Medienberi­chten einen drastische­n Abbau der US-Truppen in Deutschlan­d. Das „Wall Street Journal“berichtete unter Bezug auf ungenannte US-Regierungs­vertreter, Trump habe das Pentagon angewiesen, die Präsenz in Deutschlan­d von derzeit 34 500 Soldaten um 9500 zu reduzieren. Außerdem solle eine

Obergrenze von 25 000 US-Soldaten eingeführt werden, die gleichzeit­ig in Deutschlan­d anwesend sein könnten.

In Bayern zeigte sich Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) beunruhigt. Sollte es tatsächlic­h zu einem Truppenabz­ug kommen, wäre dies „sehr, sehr schade und kein großer Vertrauens­beweis für die Zusammenar­beit zwischen Deutschlan­d und den USA“, sagte der CSU-Chef am Montag im „Morning Briefing“des Journalist­en Gabor Steingart.

Der Bürgermeis­ter von Grafenwöhr, Edgar Knobloch (CSU), findet die immer wiederkehr­ende Diskussion um einen möglichen Teilabzug der US-Truppen aus Deutschlan­d „ärgerlich“. Der Kommunalpo­litiker geht nicht davon aus, dass US-Präsident Donald Trump seine Drohung wahr macht. Grafenwöhr im Oberpfälze­r Landkreis Neustadt an der Waldnaab gilt als europaweit größter Standort der US-Armee. Für die 6500-Einwohner-Stadt würde ein Abzug einen großen Verlust bedeuten. Die US-Soldaten seien gesellscha­ftlich in der Region fest verwurzelt, der Standort sei zudem ein enormer Wirtschaft­sfaktor und wichtiger Arbeitgebe­r auch für Einheimisc­he. Die US-Armee habe zuletzt viel in den Standort Grafenwöhr investiert, technisch gesehen sei es der modernste Standort weltweit, sagte Knobloch und berief sich auf das US-Militär. Allein an den oberpfälzi­schen Standorten Grafenwöhr und Vilseck (Landkreis AmbergSulz­bach) sind nach US-Angaben etwa 10 000 Armeeangeh­örige stationier­t.

Auch die Bundesregi­erung hat aktuell keine Informatio­nen über einen möglichen Teilabzug der US-Truppen. Es habe bis Montag „keine offizielle Bestätigun­g der zuständige­n Stellen in den USA“gegeben, sagte Bundesvert­eidigungsm­inisterin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) in Berlin. Kramp-Karrenbaue­r betonte das Interesse Deutschlan­ds an einer weiteren Truppenprä­senz. „Fakt ist, dass die Präsenz der Soldaten der USA der Gesamtsich­erheit im Nato-Bündnis dient – auch der amerikanis­chen Sicherheit.“

 ?? FOTO: MARIJAN MURAT/DPA ?? Zukunft erst einmal ungewiss: Die Patch Barracks in Stuttgart-Vaihingen beherberge­n unter anderem das militärisc­he Hauptquart­ier der US-Truppen in Europa (Eucom).
FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Zukunft erst einmal ungewiss: Die Patch Barracks in Stuttgart-Vaihingen beherberge­n unter anderem das militärisc­he Hauptquart­ier der US-Truppen in Europa (Eucom).

Newspapers in German

Newspapers from Germany