2020 ist für den Tourismus eine Chance
Tourismusminister Guido Wolf zu Besuch in Wehingen
WEHINGEN - Die Tourismusbranche ist durch die Corona-Krise hart getroffen. Besonders bitter ist die Situation für das Hotel „Schlossberg“in Wehingen. Eigentlich als Businesshotel konzipiert müssen die Betreiber
Nach zwei Jahren Bauzeit hätte das neue Hotel eigentlich schon im April eröffnen sollen, durch die Auflagen in der Krise war das jetzt erst zum 18. Mai möglich und das unter sehr viel schlechteren Bedingungen. Jetzt hat der baden-württembergische Tourismusminister Guido Wolf das neue Hotel in seinem Wahlkreis besichtigt.
Wolf sprach mit Investor Eduard Spreitzer und Geschäftsführer Dirk Hetzer über die Schwierigkeiten, vor denen das Hotel jetzt steht und die Wege, die aus der Krise führen. Außerdem dabei: Wehingens Bürgermeister Gerhard Reichegger und Gosheims Bürgermeister André Kielack.
„Das Schlossberghotel ist eigentlich ein klassisches Businesshotel“, sagt Eduard Spreitzer. Es richte sich vor allem an Gäste der Firmen auf dem Heuberg und in einem Umkreis von 30 Kilometern. Ein Konzept, das jetzt natürlich zunächst nicht aufgeht. „Die Geschäftsreisen sind nahezu eingestellt, das trifft das Hotel schon hart“, sagt Geschäftsführer Dirk Hetzer.
Glücklicherweise sei mit dem Team aus 24 Mitarbeitern ein flexibles Arbeiten möglich. Kurzarbeit helfe beim Geldsparen. Hetzer sagt: „Die Krisenstrategie ist unseren Gästen maximale Qualität zu liefern und gleichzeitig nur dort Geld auszugeben, wo es unbedingt nötig ist.“
Ein knappes Zehntel der fast 60 Übernachtungsplätze sei im Moment belegt, so Hetzer. Für einen wirtschaftlichen Betrieb müssten mindestens die Hälfte der Betten belegt sein. Diesen Unterschied spürt das Hotel natürlich. Laut einer Studie der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg
verzeichneten die Betriebe in der Region für den April einen Umsatzrückgang von 90 Prozent. Deshalb fragte Hetzer den Minister beim Besuch vor Ort, was die Regierung für die Branche tue.
Dazu hat Tourismusminister Wolf tatsächlich gute Nachrichten für das Hotel in seinem Heimatwahlkreis. Er sagt: „Es kommt jetzt ein neues Hilfspaket für Gastronomie und Hotels mit einem Umfang von 330 Millionen Euro.“Jeder Betrieb erhalte 3000 Euro, pro Mitarbeiter gebe es nochmal 2000 Euro. Die Branche sei schwer gebeutelt und brauche jetzt Hilfe.
Außerdem will das Land eine Kampagne starten, die den Tourismus im Land bewirbt. Minister Wolf meint: „Die Menschen sind jetzt nach der Krise urlaubsreif, viele sind aber noch vorsichtig, was das Ausland angeht.“Deshalb rücke der Freizeittourismus im Land in den Fokus.
Besonders der naturnahe Tourismus
sei derzeit gefragt. „Es sind viele mit dem Rucksack oder Fahrrad draußen, im Bärental sind an schönen Tagen 300 bis 400 Autos“, meint Wolf. Das sei natürlich eine Chance für die nicht-klassischen Touristenregionen wie den Heuberg, auf dem Touristen viel Natur finden.
Wolf glaubt: „Natürlich bleibt 2020 ein schwieriges Jahr, aber der Sommertourismus bietet gerade für Businesshotels in so einer Region das Potential 15 bis 20 Prozent hinzuzugewinnen.“
Daran arbeitet auch das Wehinger Schlossberghotel schon. Geschäftsführer Hetzer sagt: „Wir wollen Angebote für Freizeittouristen schaffen, zum Beispiel vermieten wir jetzt EMountainbikes.“Die seien ideal, um die Region zu erkunden.
Außerdem arbeite das Hotel gemeinsam mit dem Tourismusverband an einer Kampagne für den Sommertourismus (Lesen Sie dazu den Infokasten zu diesem Artikel). Investor Eduard Spreitzer und Geschäftsführer Hetzer wollen vor allem wieder mehr Vertrauen bei den Menschen aufbauen. Hetzer sagt: „Unser Restaurant läuft schon, jetzt wollen wir auch zeigen, dass übernachten im Hotel möglich ist.“
Das Vertrauen herzustellen, das sei ein wichtiger Punkt, sagt auch Wolf. Deshalb verspricht er öffentlichkeitswirksam: „Ich komme im Sommer mit dem E-Bike aus dem Donautal und übernachte hier.“
Unter der Woche setzt das Wehinger Hotel aber nach wie vor auf die Geschäftsreisenden. Im Moment habe man bereits einige wenige Gäste im Haus, aber man hoffe, dass auch dieser Geschäftszweig im Sommer wieder besser laufe.
Dauerhafte Rückgänge bei den Übernachtungszahlen durch den stark vergrößerten Anteil an Arbeitsplätzen mit Home-Office und durch digitale Konferenzen erwartet zum Beispiel der Tourismusverband Donaubergland. Geschäftsführer Walter Knittel glaubt: „Da werden schon einige Geschäftsreisen wegfallen, die jetzt durch Online-Konferenzen ersetzt werden.“
In Wehingen ist man da anderer Ansicht. Spreitzer, der auch Vorsitzender des Aufsichtsrats bei der Wehinger Gruner AG ist, findet: „Das ist eine kurzfristige Erscheinung. Maschinenvorführungen, komplexe Probleme besprechen oder Verhandlungen führen, das werden die Unternehmen auch sobald wie möglich wieder persönlich machen.“Doch auch mit mehr Geschäftsreisenden bliebe 2020 ein hartes Jahr.
Das jetzt anstehende neue Hilfspaket des Landes nehmen die Hoteliers positiv auf, von dem der Bundesregierung ist Spreitzer offenbar weniger überzeugt. „Bei 100 Euro für ein Hotelzimmer spart man da vielleicht zwei oder drei Euro, das hilft wenig“, rechnet er mit Bezug auf die Mehrwertsteuersenkung vor.
Der große Vorteil für das neue Hotel auf dem Heuberg: Der finanzielle Druck geht zunächst nicht an die Existenz. Investor Spreitzer hat Geld aus seiner unternehmerischen Tätigkeit in den Neubau gesteckt und sagt: „Auch wenn das Hotel jetzt über einen längeren Zeitraum Geld kostet, statt welches einzubringen, wir machen trotzdem weiter.“