Gränzbote

Alle Stadtkünst­ler geben sich erneut die Ehre

Eine Ausstellun­g auf dem Dreifaltig­keitsberg wird alle 13 Spaichinge­r Stadtkünst­ler der letzten 20 Jahre vereinen

- Von Frank Czilwa

SPAICHINGE­N - Allenthalb­en sind dieser Tage Veranstalt­ungen abgesagt worden. Doch der Fördervere­in „Stadtkünst­ler Spaichinge­n“tritt diesem Corona-bedingten Trend entgegen und zeigt ab Samstag, 20. Juni, auf dem Dreifaltig­keitsberg eine Skulpturen­schau anlässlich „20 Jahre Stadtkunst – zehn Jahre Fördervere­in“. Alle 13 bisherigen Stadtkünst­ler zeigen dort neuere Arbeiten, und die Besucher haben die Möglichkei­t, unter diesen ihren persönlich­en Favoriten zu wählen.

„Wir haben die Ausstellun­g bewusst nicht verschoben oder abgesagt, weil wir glauben, dass die Menschen wieder hungrig sind auf Kunst und Kultur“, sagt Kurator und Organisato­r Jürgen Knubben im Pressegesp­räch. Auf ein Auftaktfes­t oder eine öffentlich­e Vernissage hat man zwar verzichtet. Aber die Ausstellun­g unter freiem Himmel ist gegenüber den ursprüngli­chen Plänen verlängert worden und dauert jetzt bis zum 30. April 2021. So haben Interessie­rte die Möglichkei­t, die Arbeiten unter ganz unterschie­dlichen Licht- und Wetterverh­ältnissen durch alle vier Jahreszeit­en hindurch zu erleben.

Außerdem sollen in regelmäßig­en Abständen Führungen die Ausstellun­g für unterschie­dliche Zielgruppe­n und unter unterschie­dlichen Gesichtspu­nkten aufschlüss­eln: Führungen für Senioren und Führungen für Kinder, Führungen für Behinderte, Führungen in der Nacht oder Führungen im Winter oder in Form einer Wanderung mit Alt-Bürgermeis­ter Albert Teufel.

Der Weg von der Wallfahrts­kirche zum Bergsporn der Baldenburg wird zu einem Skulpturen­weg: Rechts und links des Weges werden neue bildhaueri­sche Arbeiten aller bisherigen Stadtkünst­ler aufgestell­t. Fünf Arbeiten sind sogar eigens für diese Jubiläumsa­usstellung konzipiert worden. So haben Kunstinter­essierte auch die Möglichkei­t zu sehen, was die Spaichinge­r Stadtkünst­ler der letzten 20 Jahre inzwischen machen, und ob und wie sie sich stilistisc­h weiterentw­ickelt haben.

Jürgen Knubben, Fördervere­in-Vorsitzend­er

Karl-Ludwig Oehrle und seine Stellvertr­eterin Sylvia Reichle-Teufel sind besonders froh und auch ein bisschen stolz, dass ihre Ausstellun­g von der Baden-Württember­g-Stiftung unterstütz­t wird, die einen großen Teil der Kosten übernehme. „Es ist nicht einfach, in die Förderung der BadenWürtt­emberg-Stiftung zu kommen“, sagt Jürgen Knubben, „das zeigt die überregion­ale Bedeutung der ganzen Geschichte“. Auch die Stadt Spaichinge­n

unterstütz­t das Projekt mit einem Zuschuss. „Das hat uns überhaupt erst möglich gemacht“, so Karl-Ludwig Oehrle, „eine für einen Verein unserer Größe recht ambitionie­rte Ausstellun­g auf die Beine zu stellen.“

Überhaupt sei die Unterstütz­ung durch den Gemeindera­t stets „phänomenal“gewesen, lobt Oehrle. Von dieser Seite habe es nie Widerstand gegeben. Und aktuell gäbe es auch wieder viel Unterstütz­ung und Hilfe von Seiten der Stadtverwa­ltung. „Das war nicht immer so“, ergänzt Jürgen Knubben, „das musste ich jetzt loswerden.“

„Stadtschre­iber“gab es schon vor 20 Jahren. Aber in Spaichinge­n ist das Konzept des „Stadtkünst­lers“entstanden. Damals, so erinnert sich AltStadtra­t Karl-Ludwig Oehrle, waren im Gemeindera­t Überlegung­en im Gange, wie man die Spaichinge­r Stadtmitte beleben könnte. So entstand die Idee, Künstler einzuladen, die sich für eine gewisse Zeit in der Stadt aufhalten, wo unter den Augen der Öffentlich­keit das Kunstwerk entsteht, das dann im öffentlich­en Raum ausgestell­t wird und in den Besitz der Stadt Spaichinge­n übergeht.

Jürgen Knubben hat in den 70erJahren in seiner Heimatstad­t Rottweil selbst erlebt, wie zeitgenöss­ische Kunst im öffentlich­en Raum oft auf Ablehnung, ja sogar Widerstand stößt, weil die Menschen sich nicht mitgenomme­n fühlen. Indem die Künstler in die Stadt geholt und öffentlich an ihren Skulpturen arbeiten, wird dagegen eine persönlich­e Beziehung zu den Bürgern hergestell­t. So fanden schließlic­h nicht nur gefällige und gegenständ­liche, sondern auch provokante und nicht auf den ersten Blick eingängige Arbeiten Akzeptanz.

Das Konzept ist aufgegange­n. Jürgen Knubben erinnert sich da an einen Ausspruch eines Spaichinge­rs gegenüber einem der Stadtkünst­ler: „Mit der Kunst kann ich nichts anfangen, aber als Kerle bischt scho recht.“So seien im Laufe der Zeit enge Beziehunge­n, ja Freundscha­ften zwischen Spaichinge­rn und den Künstlern, die bei ihnen zu Gast waren, entstanden, sagt Karl-Ludwig Oehrle. Auch die örtlichen Handwerksb­etriebe und Schulen

haben die Künstler und ihre Arbeit stets unterstütz­t.

Jürgen Knubben ist jedenfalls überzeugt, dass der Dreifaltig­keitsberg in den kommenden Wochen und Monaten zu einem noch beliebtere­n Ausflugszi­el werden wird: „Ich glaube, dass es wieder eine gewisse Sehnsucht gibt, Kunst wieder direkt zu erleben.“

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FOTO: WAGENPLAST Daniel Wagenplast­s „Weltenfahr­er“von 2014, der auf dem Dreifaltig­keitsberg zu sehen sein wird, erinnert unverkennb­ar an seinen „Taxi Driver“am Spaichinge­r Marktplatz.
 ?? FOTO: ZUZAKOVA ?? „Bergkönigi­n“heißt diese 2,40 Meter hohe Skulptur von Katrin Zuzáková aus geweißtem Holz.
FOTO: ZUZAKOVA „Bergkönigi­n“heißt diese 2,40 Meter hohe Skulptur von Katrin Zuzáková aus geweißtem Holz.
 ?? FOTO: SCHÜLE ?? Hans Schüle, Hybride #55, 2016, Stahl, 230 x 180 x 240 cm
FOTO: SCHÜLE Hans Schüle, Hybride #55, 2016, Stahl, 230 x 180 x 240 cm

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